US-Reise von Annalena Baerbock: Kein Wertekompass in Texas
Die Bundesaußenministerin hätte sich nicht mit Gouverneur Abbott treffen dürfen, meint Stefan Liebich, ehemaliges Mitglied der Linksfraktion.
K urz nachdem Außenministerin Annalena Baerbock aus Texas abgereist war, veröffentlichte ihr Gastgeber, Gouverneur Greg Abbott, auf dem Nachrichtendienst X (früher Twitter) ein Video vom Weiterbau der Mauer zu Mexiko. Der Republikaner ist gegen Abtreibungen, macht das Leben queerer Menschen schwerer, dafür das Tragen von Waffen leichter.
Als ich im November 2022 anlässlich der Wahlen Austin besuchte, sah ich „Mütter gegen Greg Abbott“- Schilder oder „Schützt die Trans-Jugendlichen. Wählt Greg Abbott ab“. Die Wahlen gewann er gegen den demokratischen Herausforderer Beto O’Rourke von den Demokraten mit 55 Prozent trotzdem.
In einem de facto Zwei-Parteien-System ist es grundsätzlich nicht schlecht, Kontakte in beide Lager zu haben. Aber in den USA ringen längst nicht mehr zwei Parteien, von denen die eine etwas konservativer und die andere etwas sozialdemokratischer ist, miteinander. Die Republikanische Partei hat sich in eine Gruppierung verwandelt, die Wahlergebnisse oder Gerichtsentscheidungen nur noch anerkennt, wenn ihr die Ergebnisse gefallen.
Unter den 26 republikanischen Gouverneuren zählt Greg Abbott nicht zu den Moderaten. Im Gegenteil. Ausgerechnet ihn zu besuchen, war kein Pflichtprogramm, sondern eine bewusste Entscheidung der Außenministerin. Sie wolle nicht nur in Washington sein, war zu lesen.
leitet ab März 2024 das US-Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in New York City. Von 2009 bis 2021 war er Außenpolitiker der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.
Aber sie hätte auch die Demokratin Gretchen Whitmer, die von Rechtsradikalen mit Entführung und einem Putsch bedroht wurde, in Michigan oder Gouverneur Phil Murphy, den ehemaligen US-Botschafter in Deutschland, in New Jersey besuchen können. Kontakte zu Republikanern könnte die Bundesregierung auch unterhalb der Ministerinnenebene pflegen. Aber Baerbock wollte offenbar ein Signal senden. Es lautet: „Wenn ihr die nächste US-Regierung stellt, kein Problem. Wir kommen damit klar.“ Die deutsche Wirtschaft wird das dankbar gehört haben.
Ihre Außenpolitik habe einen klaren Wertekompass, sagt die Außenministerin oft. In Texas war er offenbar nicht im Reisegepäck.
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