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US-Proteste gegen PolizeigewaltBrennende MAGA-Mützen

Im kalifornischen Sacramento erschossen zwei Polizisten einen 22-Jährigen. Gegen sie wird keine Anklage erhoben. Nun kommt es zu Protesten.

Demonstrant*innen stürmen den Stadtrat von Sacramento Foto: dpa

Fast ein Jahr, nachdem zwei Polizisten den unbewaffneten 22-jährigen Stephon Clark im Garten seiner Großmutter erschossen haben, ist die schwarze Community in Sacramento erneut in Aufruhr. „Keine Gerechtigkeit, kein Frieden!“ skandieren junge Leute bei Protesten, die seit acht Tagen anhalten. Sie haben bei einer Sitzung des Stadtrates das Mikrofon übernommen, sie haben ein Einkaufszentrum blockiert, sie haben MAGA-Mützen mit dem Slogan „Make America Great Again“ verbrannt und sie sind in einen wohlhabenden, mehrheitlich von Weißen bewohnten Stadtteil der kalifornischen Hauptstadt gezogen.

Die Polizei von Sacramento hat darauf erneut unverhältnismäßig reagiert: Bei einer Demonstration in der vergangenen Woche nahm sie 84 Personen fest – darunter Priester und mindestens drei Reporter lokaler Medien. Auslöser für die neuen Black-Lives-Matter-Proteste war der Abschlussbericht von Bezirksstaatsanwältin Anne Marie Schubert, die fast ein Jahr lang den Tod von Stephon Clark untersucht hat. Sie kam zu dem Schluss, dass die beiden Polizisten, die ihn erschossen haben, die Regeln befolgt haben und dass es keinen Anlass zu einer Anklage gegen sie gibt.

Am Abend des 18. März vergangenen Jahres hatte ein Anrufer der Polizei mitgeteilt, dass ein Mann die Fenster von geparkten Autos einschlage. Aus der Luft lenkte ein Hubschrauber die Polizisten Terrence Mercadal und Jared Robinet in den Garten der Großmutter, bei der Stephon Clark wohnte. Dort blickten die beiden kurz in die Dunkelheit und hielten das Handy von Stephon Clark für eine Pistole. Aufnahmen ihrer Bodykameras zeigen, wie der junge Mann wenige Meter vor ihnen neben einem Picknicktisch zusammen sackt.

Schmierenkampagne gegen Opfer

Die Polizisten gaben 20 Schüsse ab, sieben davon trafen ihn. Drei in den Rücken. „Die beiden fürchteten um ihr Leben“, begründet Bezirksstaatsanwältin Schubert dieses Vorgehen in ihrer Untersuchung. Als Schubert vor rund 10 Tagen ihren Bericht öffentlich vorstellte, widmete sie sich auch ausführlich den letzten Tagen im Leben von Stephon Clark, den die beiden Polizisten nicht kannten und über den sie nichts wussten. Die Bezirksstaatsanwältin beschrieb den Vorwurf von häuslicher Gewalt, den die Mutter seiner beiden Kinder zwei Tage vor seinem Tod erhoben hatte, seine Androhung von Selbstmord und seine zahlreichen SMS und Telefonate.

Sie fügte hinzu, Genspuren hätten bestätigt, dass Stephon Clark derjenige war, der Auto-Fensterscheiben eingeschlagen habe. „Wir haben ein Jahr lang geduldig gewartet, damit die Bezirksstaatsanwältin ihre Arbeit anständig erledigen konnte“, empört sich Sequette Clark, die Mutter des Toten, nach Schuberts Auftritt, „ihr Auftrag war es, sich mit den Taten der beiden Polizisten zu befassen. Stattdessen hat sie eine Schmierenkampagne gegen meinen Sohn gestartet. Als wäre irgend etwas von dem, was er getan hat, eine Rechtfertigung dafür, ihn umzubringen.“

Berry Accius, Gründer der örtlichen Gruppe „Voice of the Youth“ hatte zwar gehofft, dass die Bezirksstaatsanwältin „das Richtige tut“. Aber eine Anklage gegen die beiden Polizisten erwartete er nicht. Weil die Bezirksstaatsanwältin 33 Polizeischießereien in Sacramento seit 2015 untersucht und keinen einzigen Polizisten deswegen angeklagt hat. Und weil die beiden Polizisten selbst im Falle eines Prozesses nicht verurteilt worden wären. Denn in Kalifornien haben Polizisten, die sich in Gefahr wähnen, das Gesetz hinter sich, wenn sie tödliche Gewalt anwenden.

Drei weitere Tote durch Polizeigewalt

Am kommenden Wochenende, direkt vor dem ersten Todestag von Stephon Clark, planen Accius und andere AktivistInnen in Sacramento ein „Erinnerungswochenende“. Dabei geht es nicht mehr allein um Stephon Clark. In den Monaten seit seinem Tod sind drei weitere schwarze Männer in Sacramento in Polizeigewalt ums Leben gekommen: Darrell Richards wurde auf der Straße erschossen, Brandon Smith starb in einer Polizeiwache und Marshall Miles lag tot in einem Polizeitransporter.

Nachdem die Bezirksstaatsanwältin gesprochen hat, erwartet Accius, dass Sacramentos Polizeichef Daniel Hahn zumindest die beiden Polizisten feuert: „Das ist Mindeste, um wieder Vertrauen aufzubauen“. Zugleich hofft der Aktivist, dass die kalifornischen Abgeordneten das Recht kippen, wonach Polizisten tödliche Gewalt anwenden können, wenn sie das für „angemessen“ halten.

Im vergangenen Jahr ist ein entsprechender Gesetzentwurf gescheitert. Doch nun liegt mit „AB 392“ ein neuer Versuch vor, die Polizei zur De-Eskalierung zu drängen. Sollte AB 392 durchkommen – was keineswegs garantiert ist – wären Polizisten wie jene, die Stephon Clark erschossen haben, künftig nicht mehr vor strafrechtlicher Verfolgung sicher.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Der Umgang mit Polizeigewalt in den USA ist ein Armutszeugnis in einem Land in dem es eigentlich eine funktionierende Justiz gibt. Straflosigkeit bei Polizeigewalt das zeigt sich weltweit fördert die Gewalt. Wer bei der Polizei arbeitet und weiß, dass keinerlei Konsequenzen drohen sieht keinen Anlass Gewalt und Todesfolgen im Einsatz zu vermeiden. Wenn wie in den USA soziale Gruppen immer wieder Ziel von staatlicher Gewalt werden und keine Chance haben Gerechtigkeit für ungerechte Polizeigewalt vor Gericht zu erlangen verlieren nach vollziehbar den Glauben an die staatliche Gewaltenteilung. Die Polizei wird zum Feind und zur Hauptgefahr. Die ruft man dann nicht mehr auch nicht bei Gewalttätigen Streitigkeiten untereinander. Wenn es so weiter geht wird es bald selbstorganisierte Justiz geben inklusive Racheaktionen und diejenigen die Polizisten erschießen als Reaktion auf ungesühnte Tötungen durch Polizist:innen werden sich dann ebenso im Recht fühlen wie aktuell die Polizist:innen denen von strafrechtlicher Instanz soeben die Unschuld bescheinigt wurde. Straflose Polizeigewalt ist eklatantes Staatsversagen - es sollte auch die Privilegierten aufrütteln und zu vehementer Kritik und Protesten veranlassen. Es sei denn man will den Staat abschaffen uns sich lieber wieder in Banden organisieren die nur ihre eigenen Mitglieder schützen und mit Gewalt ihre Interessen gegenüber den anderen durchsetzen - inklusive Rache und Selbstjustiz. Willkommen im Wilden Westen.

  • Für mich ein weiterer Toter der auf das Konto der "liberalen" US Waffengesetze geht.

    Allein die Vorstellung (als Polizist), dass jeder der mir gegenübertritt eben auch eine Knarre dabei haben könnte ist beängstigend.



    Resultat: Ein Unbewaffneter stirbt.

    • @Tom Farmer:

      Das Problem ist nicht das US-Waffengesetz sondern die Bezirksanwältin und das kalifornische Gesetz. Für beide Dinge sind Politiker verantwortlich, die die Gesetzgebung erlassen haben als auch Einfluss auf die Staatsanwaltschaft nehmen konnten.