US-Präsidentschaftswahlen 2024: Trump in neuer Rolle als Langweiler
Donald Trump erklärt seine Präsidentschaftskandidatur für 2024. Doch seine Rede ist ein Aufguss alter Slogans. Die Kabelsender klinken sich früh aus.
In der Rede wiederholt Trump sein Eigenlob über seine „glorreiche“ Präsidentschaft und seine Lügen über den angeblichen Wahlbetrug 2020. Er lehnt jede Verantwortung für die schweren Niederlagen der von ihm protegierten republikanischen Kandidaten bei den Halbzeitwahlen eine Woche zuvor ab.
Die Unterlagen, die seine Kandidatur offiziell machen, hat Trump am Dienstag bereits eingereicht.
Als Zustandsbeschreibung für sein Land wählt er seine üblichen endzeitlichen Beschreibungen. Die USA nach ihm, so Trump, seien „die Lachnummer der Welt“. Zu den Worten, die er in seiner mehr als einstündigen Rede am häufigsten benutzt, gehören „Verwüstungen“ und „Zerstörungen“, für die er die „linken und radikalen Demokraten“ verantwortlich macht.
Republikaner halten Abstand zu Trump
Das Publikum besteht aus mehreren Hundert handverlesenen Leuten. Während Trump vor einer Batterie von US-Fahnen spricht, hören sie stehend zu. Aber ihre Begeisterung hält sich in Grenzen, der Applaus ist tröpfelnd. Auffallend ist die komplette Abwesenheit der Führungsriege der Republikanischen Partei, inklusive einiger der engsten Trump-Vertrauten. Selbst seine älteste Tochter Ivanka und ihr Mann Jared Kushner, einst seine engen Mitarbeiter im Weißen Haus, lassen sich nicht blicken.
Zahlreiche andere republikanische Politiker, darunter potenzielle Konkurrenten von Trump im Jahr 2024, waren in den Stunden vor der Veranstaltung öffentlich auf Distanz gegangen. Sein einstiger Vizepräsident Mike Pence erklärte in einem Interview: „Ich glaube, wir werden 2024 eine bessere Wahl haben“. Mick Mulvaney, einer von Trumps Stabschefs im Weißen Haus, sagt: „Er ist der einzige Republikaner, der verlieren kann“. Und Laura Ingraham, rechte Moderatorin und eine von Trumps ideologischen Wegbereitern in Radio und Fernsehen, macht deutlich, dass sie 2024 jemand anderen unterstützen wird: „Es geht nicht um eine Person, nicht um ein Ego“.
Trumps Kandidatur zwei Jahre vor den Präsidentschaftswahlen kommt ungewöhnlich früh. Mit ihr hat der 76-Jährige alle anderen potenziellen Präsidentschaftsbewerber seiner Partei überrumpelt. Die meisten anderen sind zwei bis drei Jahrzehnte jünger und haben in den letzten Jahren als seine Alliierten Karriere in der Partei gemacht. Der gegenwärtig bestplatzierte von ihnen ist Ron DeSantis. Bei den Midterms hat er mit 20 Prozent Vorsprung zum zweiten Mal die Gouverneurswahlen in Florida gewonnen.
DeSantis’ Name ist auch in Mar-a-Lago präsent: Wenige Stunden vor Trumps Rede zieht ein Flugzeug mit einem Banner Kreise über Trumps Anwesen: „Du hast wieder verloren, Donald.#DeSantis2024“. Trump revanchiert sich, indem er DeSantis am Abend mit keiner Silbe erwähnt. Stattdessen lobt er Greg Abbott. Der Republikaner hat vergangene Woche zwar auch eine neue Amtszeit als Gouverneur von Texas gewonnen, ist aber für Trump bislang nicht annähernd so gefährlich wie DeSantis.
Aufguss alter Slogans
Vieles in der Ankündigung in Mar-a-Lago klingt wie eine Wiederholung von Trumps erster Kandidatur im Juni 2015. Damals fuhr er eine Rolltreppe in seiner New Yorker Hochhausresidenz an der 5th Avenue hinunter, um seine Kandidatur zu verkünden. Wie damals begleitet ihn auch dieses Mal wieder seine Gattin Melania. Aber sie lässt sich nur kurz vor und kurz nach seiner Rede neben ihm blicken und verschwindet ansonsten in der Menge.
Wie 2015 schießt Trump auch dieses Mal wieder mit Worten scharf gegen Immigranten. Er zieht dieselbe direkte Linie von Immigranten zu Drogendealern. Verlangt die Abschiebung von Kriminellen und die Todesstrafe für Dealer. Und kündigt mehr Mauer an der Südgrenze an.
Wie damals wiederholt er erneut das Versprechen, als Präsident werde er die Amtszeiten von Kongressabgeordneten begrenzen und ihnen Lobbyarbeit nach dem Ende ihres Wahlamtes verbieten. In seinen vier Jahren im Weißen Haus allerdings hat er keine Anstalten gemacht, dieses Versprechen, das den Kongress gegen ihn aufgebracht hätte, umzusetzen.
Und selbst die Mauer, die von Anfang an eine zentrale Rolle in seinem Programm spielte, ist während seiner Amtszeit nur um 47 zusätzliche Meilen länger geworden. Der restliche Mauerbau der Ära Trump bestand aus der Verstärkung und Aufstockung bereits existierender Mauerteile.
Als würde er selbst nicht an eine Chance glauben
Gegenüber 2015 neu hinzugekommen ist Trumps Reden vom „China-Virus“, womit er das Corona-Virus meint. Neu ist auch seine Lobeshymne auf seine Bewegung, die er als „die größte der Geschichte“ bezeichnet. Und neu ist seine Selbstdarstellung als „Opfer“, womit Trump die Dutzende von Ermittlungs- und Gerichtsverfahren meint, die sich unter anderem mit dem Verdacht von Korruption, Druck auf Wahlhelfer und Steuerhinterziehung befassen.
In den letzten Jahren ebenfalls hinzugekommen sind Trumps Attacken gegen Joe Bidens angebliche Altersschwächen und der Spott über Angela Merkel, die er als einzige Politikerin während seiner Rede beim Vornamen nennt: „Wer erinnert sich heute noch an Angela?“
Den alten Slogan „Macht Amerika wieder groß“ will Trump auch in seinem neuen Wahlkampf benutzen. In Mar-a-Lago taucht der Slogan auf ein paar roten Schirmmützchen und als Wanddekoration auf.
Der Trump des Jahres 2022 bringt keine Überraschungen. Alles, was Trump in Mar-a-Lago sagt, ist alt und oft gehört. Von den „Fake Media“ bis zu dem „feuert Nancy Pelosi“. Selbst die Ankündigung seiner Kandidatur klingt so leidenschaftslos, als würde er selbst nicht daran glauben, dass er 2024 eine Chance hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?