Midterms in den USA: Keine „rote Welle“ in den USA

Die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen übernehmen vermutlich die Kontrolle des Repräsentantenhauses, aber knapp. Der Ausgang der Senatswahlen ist weiter offen.

Zwei Frauen freuen sich.

Feiern oder nicht feiern: Die Wahlergebnisse sind vielerorts weiter offen Foto: Ross D. Franklin/ap

BERLIN taz | Am Mittwochmorgen europäischer Zeit ist der Ausgang der Halbzeitwahlen in den USA weiter offen. Sicher scheint zu diesem Zeitpunkt nur: Von der erwarteten „roten Welle“, einem überwältigenden Sieg der Republikaner*innen, kann nicht die Rede sein. Ein Überblick:

Senat – Chance für die De­mo­kra­t*in­nen

Ausgangsposition war ein 50:50-Patt im Senat, mit Vizepräsidentin Kamala Harris als entscheidende Stimme, um den De­mo­kra­t*in­nen zur Mehrheit zu verhelfen. 35 Sitze standen am Dienstag zur Wahl, die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen mussten einen Sitz hinzugewinnen, um die Kontrolle über den Senat zu übernehmen.

Stand am Mittwochmorgen: In Pennsylvania gewinnt mit John Fetterman der demokratische Herausforderer einen Sitz hinzu. Derzeit sind 48 De­mo­kra­t*in­nen und 47 Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen sicher im Senat. Ausstehend sind noch die Ergebnisse in fünf Bundesstaaten, wobei Alaska sicher und Wisconsin vermutlich republikanisch kontrolliert bleiben.

Die Hoffnungen der Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen liegen auf Nevada, Arizona und Georgia, die bislang von De­mo­kra­t*in­nen gehalten werden. In allen drei Staaten liegen derzeit die demokratischen Amtsinhaberinnen vorn.

Am weitesten fortgeschritten ist der Auszählungsprozess in Georgia, wo Amtsinhaber Raphael Warnock bei über 97 Prozent ausgezählter Stimmen mit 49,4 Prozent gegenüber seinem Herausforderer Herschel Walker mit 48,6 Prozent in Führung liegt. Kommt keiner der beiden über 50 Prozent, gibt es eine Stichwahl am 6. Dezember.

In Nevada führt Amtsinhaberin Catherin Cortez-Masto mit 51,6 Prozent gegen den Republikaner Adam Laxalt mit 45,5 Prozent – aber nicht einmal die Hälfte der Stimmen sind ausgezählt.

In Arizona liegt der demokratische Amtsinhaber Mark Kelly klar vorne, allerdings sind nur etwas über der Hälfte der Stimmen gezählt, und die kommen vor allem von Frühwählern, eine Möglichkeit, die eher De­mo­kra­t*in­nen nutzen.

Im Ergebnis: Um an diesem Wahltag die Mehrheit im Senat zu erobern, müssten die Republikaner in Nevada und Arizona gewinnen. Gewinnen sie einen der beiden Sitze, würde die Entscheidung über den Senat erst in der Stichwahl von Georgia fallen. Halten die De­mo­kra­t*in­nen beide Sitze, behalten sie auch die Mehrheit, unabhängig vom Ausgang in Georgia.

Nebenbeobachtung: In Alaska wird die langjährige Senatorin Lisa Murkowski wohl ihren Sitz an eine andere Republikanerin verlieren. Murkowski war eine der wenigen Senator*innen, die im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump gestimmt hatte.

Repräsentantenhaus – Republikaner vor Mehrheit

Alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus standen zur Wahl, und die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen brauchten nur fünf zuvor von De­mo­kra­t*in­nen gehaltene Sitze zu erobern, um die Mehrheit zu erreichen und Fraktionschef Kevin McCarthy zum Nachfolger Nancy Pelosis als Sprecher des Repräsentantenhauses zu machen. Das werden sie nach derzeitigem Stand wohl schaffen, aber Projektionen zufolge auch nicht sehr viel mehr, was bedeuten würde, dass sie wesentlich weniger Sitze hinzugewinnen würden als die Oppositionspartei im Durchschnitt bei midterm elections. Ihre Mehrheit könnte noch knapper werden als die derzeitige der Demokrat*innen.

Gouverneurswahlen – Stunde der Amts­in­ha­be­r*in­nen

Keine großen Überraschungen gibt es bislang bei den Gouverneurswahlen in 36 Bundesstaaten – die Amts­in­ha­be­r*in­nen beider Parteien haben in der Regel die Oberhand behalten. Drei Staaten sind interessant: In Florida hat der Republikaner Ron DeSantis einen beeindruckenden Sieg eingefahren: Gerade in den mehrheitlich von Hispanics bewohnten Gebieten rund um Miami konnte er klar siegen und gewann deutlich mehr Stimmen als Donald Trump bei den vergangenen Präsidentschaftswahlen. DeSantis wird als möglicher Herausforderer Trumps für die Präsidentschaftskandidatur 2024 gehandelt – seine guten Ergebnisse dürften Trump nicht gefallen.

In Arizona ist die Wahl noch nicht entschieden: Mit Kari Lake haben die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen eine der härtestens Leugnerinnen des Biden-Wahlsiegs 2020 aufgestellt. Sie könnte die Wahl gewinnen, auch wenn sie bei rund 50 Prozent ausgezählter Stimmen noch hinten liegt, hat aber bereits die Basis für Wahlanfechtungen und neue Betrugslügen gelegt, sollte sie doch verlieren.

In Georgia hat der republikanische Amtsinhaber Brian Kemp die Wahl gegen Herausforderin Stacey Abrams gewonnen – Kemp stellte sich 2020 klar gegen die Versuche Donald Trumps, die Wahlergebnisse zu seinen Gunsten zu verändern.

Referenden – Abtreibungsrecht und Cannabis

In drei Staaten (Kalifornien, Michigan und Vermont) standen Verfassungsänderungen zur Abstimmung, die ein Recht auf Abtreibung in den Staatsverfassungen verankern. Alle drei haben vermutlich gewonnen, auch wenn die Endergebnisse noch nicht vorliegen. In Kentucky hingegen liegt eine Verfassungsänderung klar hinten, die das Gegenteil bedeutet hätte – hier wollten konservative Kreise in die Verfassung schreiben, dass ein Recht auf Abtreibung dezidiert nicht existiert.

In fünf Staaten (Arkansas, Maryland, Missouri, North Dakota und South Dakota) stand die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken zur Abstimmung. Nur in Maryland und Missouri fand sich dafür eine Mehrheit, in den anderen Staaten gewann das Nein.

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