US-Notenbankchef bleibt stur: „Herr zu spät“ trotzt Trump
US-Präsident Trump hält niedrige Zinsen für „Raketentreibstoff“ für die Wirtschaft. Doch Fed-Boss Powell bleibt hart – und wird dafür von ihm abermals beschimpft.
Das fuchst Trump. Schon oft drohte er dem „großen Verlierer“ Powell mit Rauswurf– obwohl der Präsident den Fed-Chairman wegen der Unabhängigkeit der ehrwürdigen US-Zentralbank gar nicht entlassen kann. Trump hält die Zinspolitik der Fed für einen Riesenfehler: Die Leitzinsen sollten um einen vollen Prozentpunkt gesenkt werden – das wäre wie „Raketentreibstoff“ für die Wirtschaft. Denn: Niedrige Zinsen fördern tendenziell das Wachstum, weil sich Firmen oder Häuslebauer dann für Investitionen nicht so stark verschulden müssen.
Die Fed sieht das – wie viele andere Notenbanken und Expert*innen weltweit – anders. Sie geht davon aus, dass die Zollpolitik des Präsidenten die Preise anziehen und das Wachstum abschwächen lässt. „Jeder, den ich kenne, prognostiziert einen bedeutenden Anstieg der Inflation in den kommenden Monaten aufgrund der Zölle, weil irgendjemand die Zölle ja zahlen muss“, warnte Powell. Immerhin kündigte er aber 2025 Senkungen um insgesamt einen halben Prozentpunkt an.
Trump überzieht die gesamte Weltwirtschaft seit Amtsantritt mit Zöllen, die er nutzt, um Staaten zu erpressen, politisch wie ökonomisch. Gegenüber der EU will er beispielsweise das Handelsbilanzdefizit senken, aber auch mehr Flüssiggas verkaufen. Derzeit gibt es bereits doppelte Stahl- und Aluminiumzölle, einen erhöhten Basiszoll und eine Frist, bis zu der ein Handelsabkommen zwischen der EU und den USA stehen muss, weil sonst die Importabgaben steigen. Der Zoll-Hick-Hack verunsichert, Firmen weltweit halten Investitionen zurück. Ökonom*innen haben bereits die Wirtschaftsprognosen für die USA – und beinahe die gesamte Welt – nach unten korrigiert. Fast noch schlimmer ist, dass nicht klar ist, wo die Zölle landen werden. Solange überlegen viele, ob sie gerade Geld ausgeben sollen: Gift fürs Wachstum.
Geldwert und Jobs – beides sieht Powell gefährdet
Die Fed hat anders als die Europäische Zentralbank nicht nur den Erhalt der Geldwertstabilität als Aufgabe in ihren Statuten, sondern auch das Ziel der Vollbeschäftigung. Der Leitzins ist dafür das wichtigste Steuerungsinstrument. Er bestimmt, zu welchem Satz sich Geschäftsbanken bei der Zentralbank Geld leihen können. Die Institute geben die Zinsen an ihre Kund*innen weiter – und beeinflussen so viele Kaufentscheidungen, ob für Maschinen, Häuser oder Autos.
Geldwert und Jobs – beides sieht Powell durch Trumps Politik gefährdet. „Erhöhte Zölle werden wahrscheinlich Preise nach oben treiben und die wirtschaftliche Entwicklung belasten“, sagte der Notenbankchef. Im Mai lag die Inflationsrate bei 2,4 Prozent, etwas über dem Fed-Ziel von 2 Prozent. Aber: „Wir erwarten in den kommenden Monaten einen spürbaren Anstieg und müssen das in unsere Überlegungen einbeziehen“, stellte Powell klar. Verbraucher*innen würden die Zölle schon bald zu spüren bekommen, vor allem bei aus Asien importieren Elektronikprodukten.
Mitte Mai hatten die USA Zölle auf chinesische Importe auf 30 Prozent gesenkt, zuvor hatten sie für viele Produkte sogar bei 145 Prozent gelegen. „Viele Unternehmen erwarten, einen Teil oder sogar alle Kostenfolgen an die nächste Stelle in der Lieferkette – und letztlich an die Verbraucher – weiterzugeben“, sagte Powell. Zusätzlicher Inflationsdruck könnte auch von den Ölpreisen kommen, die nach der Eskalation im Nahen Osten deutlich angezogen sind. Inflationsdruck erwartet auch Commerzbank-Ökonom Bernd Weidenstener: „Im zweiten Halbjahr dürften die deutlich höheren Zölle voraussichtlich mehr und mehr auf die Preise durchschlagen“.
Powells Amtszeit läuft kommendes Jahr aus. Expert*innen befürchten, dass sich Trump einen Abnicker als neuen Fed-Chef suchen könnte. Und fühlen sich an eine unrühmliche Ära der US-Notenbank erinnert. In den 70ern buckelte Fed-Chairman Arthur Burns vor Präsident Richard Nixon – das endete schließlich in der sogenannten Großen Inflation in den USA, die sich teilweise bis in die 80er Jahre fortsetzte.
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