US-Notenbank FED hebt Zinsen an: Große Zinspolitik für kleine Leute
In den USA wurde diese Woche der Leitzins erhöht, die Europäische Zentralbank plant ähnliches. Wer profitiert davon? Und für wen wird's teuer?
Seit Wochen haben Jerome Powell und sein Team die Wirtschaft der USA darauf vorbereitet: Die US-Notenbank Fed, deren Präsident Powell ist, will die hohe Inflation von 8,5 Prozent im Land eindämmen. Das Mittel dazu: höhere Zinsen. Sie verteuern Kredite – Unternehmen werden prüfen, ob sie wirklich investieren wollen, wenn sie dazu einen Kredit benötigen. Und auch Verbraucher werden sich Käufe auf Pump genauer überlegen. Gleichzeitig steigen die Sparzinsen, weshalb der eine oder die andere Geld eher zurücklegen wird, als es auszugeben. So soll die Nachfrage sinken. Bleibt das Angebot derweil gleich, so die Theorie, steigen die Preise nicht weiter. Bisher hat das meist gut funktioniert.
So hob die Fed den Leitzins, der zuletzt bei bis zu 0,5 Prozent lag, am Donnerstag auf bis zu 1,0 Prozent an. In der Finanzwelt ist das ein kräftiges Zeichen. Und Powell kündigte für die kommenden Monate weitere solcher Schritte an. Das beeinflusst die Weltwirtschaft und hat auch Folgen für andere Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB), denn der US-Dollar ist die wichtigste Leitwährung. Was bedeutet die Zinserhöhung in den USA jetzt für
… gewöhnliche AmerikanerInnen?
Die Teuerung zu bremsen, ist zunächst das erste Ziel der Notenbank. Zurzeit leiden selbstverständlich vor allem jene unter steigenden Preisen, die wenig Geld zur Verfügung haben. Schwierig wird es jetzt auch für jene, die ein Haus oder eine Wohnung gekauft haben und sie mit einer Hypothek finanzieren. Sie müssen nun mehr zahlen, könnten sogar ernsthafte finanzielle Probleme bekommen.
Denn Immobilienkredite in den USA sind nicht wie in Deutschland für eine bestimmte Laufzeit an einen festen Zinssatz geknüpft, sondern orientieren sich an den jeweils aktuellen Marktzinsen. Und die steigen mit der Leitzinserhöhung. Ein Urlaub in Europa, sei es ein Besuch von Neuschwanstein oder die Besteigung des Eiffelturms, wird für US-AmerikanerInnen hingegen billiger.
… die Europäische Zentralbank?
Mit dem Vorstoß der Fed wächst der Druck auf die EZB, ebenfalls zu handeln. Die Inflation in der Eurozone liegt schon seit Juli 2021 über den 2 Prozent, die als optimaler Wert gelten, zuletzt stieg sie auf 7,4 Prozent. Der Leitzins verharrt seit 2016 bei 0,0 Prozent. Unterscheiden sich die Zinsen zwischen den USA und der Eurozone sehr, wandert Kapital ab. So mussten bereits in den vergangenen Wochen immer mehr Euro für die gleiche Menge Dollar ausgegeben werden.
Lange sträubte sich die EZB, die Leitzinsen anzuheben. Nun deutete EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel jedoch an, es könne im Juli so weit sein. Wie hoch der Zinsschritt dann ausfällt und ob es weitere geben wird – das ist bisher unklar. Denn es gibt ein großes Aber, das die EZB abwägen muss: die Gefahr, die Wirtschaft in einzelnen europäischen Ländern damit abzuwürgen. Tatsächlich stehen die Länder der Eurozone wirtschaftlich unterschiedlich da. Auch die Folgen des Ukrainekriegs belasten die Eurostaaten in unterschiedlichem Ausmaß. Zudem sind einige viel stärker verschuldet als andere, darunter etwa Frankreich. Geht die EZB nun zu robust vor, könnte sie einige Länder in die Rezession stoßen.
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… die deutsche Wirtschaft?
Schon seit einiger Zeit verschieben sich die Gewichte. Je mehr Geld in die USA fließt, desto teurer wird der Dollar – und das wird sich nach der jüngsten Fed-Entscheidung noch verstärken, so lange, bis die EZB nachzieht. Unternehmen, die Teile aus den USA, etwa Computerchips, importieren, müssen also erst einmal mehr bezahlen. Gleichzeitig profitieren aber jene Firmen, die viele Waren in die USA ausführen. Denn ihre Produkte werden für die dortigen EinkäuferInnen günstiger. Das betrifft zum Beispiel die Autoindustrie und Maschinenbauer. 2021 exportierte Deutschland Waren im Gesamtwert von 122 Milliarden Euro in die USA, umgekehrt kamen von dort Waren im Wert von 72 Milliarden Euro nach Deutschland.
Dass der Dollar aus Eurosicht teurer wird, trifft auch alle Branchen, die viel Energie verbrauchen oder Gas und Öl als Rohstoffe benötigen, denn selbige werden in der Regel in Dollar gehandelt. Selbst Firmen, die langfristige Öllieferverträge mit festen Dollarpreisen vereinbart haben, zahlen jetzt also erst einmal mehr. Auch wenn sich Firmen gegen die Wechselkursänderungen absichern können, mittelfristig wird diese Rohstoffbeschaffung teurer.
… hiesige HäuslebauerInnen?
Auf den deutschen Wohnungsmarkt hat die aktuelle Zinsentscheidung in den USA erst mal keinen unmittelbaren Effekt. Wichtig ist aber, wie es weitergeht, was an Entscheidungen aus den Notenbanken noch folgt. Da Immobilienkredite hierzulande meist über eine Laufzeit von zehn oder fünfzehn Jahren abgeschlossen werden, kommt es auf die Zinserwartungen der Branche an. Und die rechnet angesichts der Aussagen der Fed schon länger mit höheren Leitzinsen auch in der Eurozone – obwohl die EZB noch bremst. So wurde es bereits in den vergangenen Monaten merklich teurer, eine Hypothek aufzunehmen. Das wird so weitergehen, weil die Kreditgeber bereits jetzt die nächste Zinserhöhung „einpreisen“, wie es im Geldmarktjargon heißt.
… Menschen mit wenig Geld?
Wer wenig Geld hat und beim Wocheneinkauf genau rechnen muss, leidet natürlich besonders unter der Inflation. Die einzige Lösung bei steigenden Preisen bleibt einstweilen: weniger zu kaufen. Wirkt die voraussichtliche Leitzinserhöhung der EZB wie geplant, wird sich die Lage vermutlich etwas entspannen, zumindest einzelne Produkte werden wohl wieder etwas günstiger. Dass die Preise in der Breite wieder spürbar sinken, ist bis auf Weiteres allerdings wenig wahrscheinlich.
… Menschen mit viel Geld?
Wer Wertpapiere besitzt oder eine Immobilie oder genug Geld, um jeden Monat etwas zurückzulegen, der oder die kann – logisch – auch höhere Preise bezahlen, ohne den eigenen Lebensstil allzu sehr einschränken zu müssen. Wohlhabende Menschen stecken die Inflation also deutlich besser weg. Diejenigen, die in den vergangenen Jahren ihr Vermögen in Aktien anlegten, konnten es an den Börsen der Welt ordentlich mehren. Daran wird sich auch mit der Zinswende wenig ändern. „Reich bleibt reich“, könnte man sagen. Lediglich der USA-Urlaub, der Shopping-Trip nach New York oder die Wellnesswochen in Florida, werden teurer.
… brave SparerInnen?
Fans von Sparbüchern, Tages- und Festgeldkonten können sich freuen, sollte die EZB der Fed folgen. Denn nicht nur die Kreditzinsen steigen, wenn die Notenbank den Leitzins erhöht, sondern auch die Sparzinsen. Die Europäische Zentralbank deutete bereits an, dass damit auch die Strafzinsen wegfallen könnten, die etliche Banken seit einer Weile von denen verlangen, die größere Summen Geld auf solchen Sparkonten liegen haben.
Derzeit bringen Tagesgeldkonten in Deutschland höchstens mikroskopische Erträge. Grundsätzlich sind diese Anlageformen sehr sicher – aber eher nicht geeignet, um größere Summen gewinnbringend zurückzulegen. ExpertInnen empfehlen da eher Aktien oder – weil weniger risikobehaftet – Fonds, die in breit gestreute Wertpapiere investieren. Eine Leitzinsanhebung dämpft jedoch in der Regel erst einmal die Fonds-Entwicklung, weil die Anleger neu kalkulieren müssen, ob, wo und wie viel Geld sie investieren wollen und wo sie etwas abziehen sollten. Nach einem ersten kurzen Hoch ging es nach der Zinsentscheidung in den USA zum Ende dieser Woche an den Weltbörsen zunächst erst einmal wieder abwärts.
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