US-Migrationspolitik: Guantanamo als Abschiebeknast
Die US-Regierung will laut US-Medienberichten 9.000 Migrant:innen in das Gefangenenlager schicken. Unter ihnen sollen sich auch Deutsche befinden.

Die beiden Medien berufen sich auf ihnen vorliegende Regierungsdokumente und vertraute Personen aus US-Regierungskreisen. Unter den 9.000 infrage kommenden Betroffenen befinden sich laut WP auch 800 Staatsangehörige aus europäischen Ländern, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Belgien und die Niederlande.
Weitere Menschen stammen unter anderem aus dem derzeit aufgrund von Ganggewalt unsicheren Haiti. Es sei unwahrscheinlich, dass die US-Regierung die Heimatländer der Menschen über die bevorstehende Verlegung informiert habe.
Bereits zu Beginn des Jahres waren einige Hundert Migrant:innen in das für seine Menschenrechtsverletzungen bekannte Gefangenenlager verlegt worden. US-Präsident Trump hatte im Januar angekündigt, bis zu 30.000 Menschen in Guantánamo inhaftieren zu wollen. Kritiker:innen bemängelten die um ein Vielfaches zu niedrigen Kapazitäten des Lagers. Eine Zeltstadt auf der Militärbasis für über 3.000 Personen sei laut Informationen der WP nach dem Ausbleiben eines großen Zustroms wieder abgebaut worden.
Zwischenstation zur Abschiebung
Beamte der Trump-Regierung sagten jedoch, der Schritt sei notwendig, um für die versprochenen Massenabschiebungen Platz in inländischen Einrichtungen zu schaffen. Das Lager soll als Zwischenstation zur Abschiebung in die jeweiligen Heimatländer dienen.
Das Gefangenenlager in Guantánamo erlangte traurige Berühmtheit im Nachgang der Anschläge auf das World Trade Center in New York City am 11. September 2001. Im Zuge des als Reaktion darauf von Präsident George W. Bush ausgerufenen „War on Terror“ wurden zahlreiche angebliche Terroristen dort festgehalten – häufig ohne Gerichtsverfahren und teils ohne jegliche Beweise. Berichte von Folter und Misshandlungen gingen um die Welt und Guantánamo wurde zu einem Symbol für Willkür und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Zwischen 2002 und Januar 2025 sollen dort etwa 780 Menschen festgehalten worden sein. Aufgrund der geografischen Lage befindet sich Guantánamo in einer rechtlichen Grauzone. Die US-Militärbasis liegt zwar auf kubanischem Territorium, obliegt aber aufgrund von alten Verträgen zwischen den beiden Regierungen US-amerikanischer Kontrolle.
2009 unterzeichnete der damalige US-Präsident Barack Obama ein Dekret zur Schließung des Gefangenenlagers innerhalb eines Jahres, dieses wurde jedoch bisher nicht umgesetzt. Bereits in den 1990er Jahren war der Stützpunkt zur Unterbringung abgefangener Migrant:innen aus Haiti und Kuba genutzt worden. Die Bereiche für mutmaßliche Terroristen sind räumlich von denen für illegale Migrant:innen getrennt.
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