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US-HandelskonfliktTrump zündelt gegen Europa

Der neue US-Präsident kündigt Strafzölle gegen die EU an – und droht auch China, Mexiko und Kanada. Premier Trudeau wehrt sich.

Kanada stehe aber auch bereit, zusammen mit den USA eine boomende nordamerikanische Wirtschaft zu schaffen, betonte Trudeau Foto: Sean Kilpatrick/The Canadian Press/ap

Berlin taz | Zwei Tage nach der Amtseinführung von Donald Trump startete am Mittwoch der Handelskonflikt, der sich bereits abgezeichnet hatte: Kanada kündigte an, eine „robuste“ Antwort auf etwaige „ungerechte“ Zölle des neuen US-Präsidenten zu geben. „Alles ist auf dem Tisch, und ich unterstütze den Grundsatz von Dollar für Dollar angepassten Zöllen“, sagte der scheidende Premierminister Justin Trudeau.

Kanada stehe aber auch bereit, zusammen mit den USA eine boomende nordamerikanische Wirtschaft zu schaffen, betonte Trudeau. Trump hatte das Nachbarland noch in der vergangenen Woche als möglichen „51. Bundesstaat“ der USA beschrieben, am Montag drohte er mit erhöhten Zöllen auf Importe aus Kanada und Mexiko, die bereits zum 1. Februar eingeführt werden könnten.

Damit dürfte die globale Eskalation des Streits um die US-Handelsbilanz beginnen, der viele ExpertInnen ratlos macht. Im Kern halten die meisten ÖkonomInnen nämlich das Argument Trumps, mit Handelsbarrieren die inländische Produktion schützen zu wollen, für Unsinn. Nach der gängigen Theorie schaden höhere Zölle Industrie und VerbraucherInnen durch höhere Preise – und zwar allen Beteiligten.

Die „Strafzölle“ sind jedoch ein Kernelement von Trumps Politik. Schon während seiner ersten Amtszeit entfachte er Handelskonflikte unter anderem mit China und der EU. Das US-Handelsbilanzdefizit stört Trump, weil es angeblich zur Vernichtung von Jobs führt. Es stieg aber zu seiner Zeit, inzwischen liegt es bei 1,15 Billionen Dollar im Jahr.

Hauptverlierer am Ende: die USA

Trumps Zölle seien „so etwas wie eine Pistole, die auf den eigenen Fuß gerichtet ist“, schreibt der Harvard-Ökonom Dani Rodrick im Online-Magazin Surplus. Ein Einfuhrzoll sei schließlich eine Kombination aus einer Steuer auf ein Importgut sowie eine Produktionssubvention für das inländische Angebot in gleicher Höhe. Aber, so Rodrick, es sei viel effektiver, „wenn diese Maßnahmen getrennt und zu angepassten Sätzen eingesetzt werden, die direkter auf die gewünschten Ergebnisse abzielen“. Zwar würden einige Unternehmen profitieren. Aber die, die auf Importe oder ausländische Märkte angewiesen sind, leiden. Und: Wenn Trumps Zölle Gegenzölle auslösten – dies zeichnet sich ja mit der Reaktion Kanadas ab –, schlittere die Welt in einen Handelskonflikt. Hauptverlierer am Ende laut Rodrick: die USA.

International gibt es trotzdem Sorge vor dem drohenden Handelskrach: „Wir sind stark. Wir stehen zusammen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch beim Treffen mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. Er forderte die EU-Kommission auf, europäischen Stahl zu schützen. Trump hatte in seiner ersten Amtszeit die Zölle für in Europa produzierten Stahl erhöht.

„In einem Handels- oder Zollkrieg“ gebe es „keinen Gewinner“, sagte am Mittwoch auch eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums. Kurz zuvor hatte Trump betont, seine Regierung diskutiere derzeit Strafzölle in Höhe von 10 Prozent für China. Er begründete dies damit, dass „sie Fentanyl nach Kanada und Mexiko schicken“. Durch die synthetische Droge und andere Opioide kommen in den USA jedes Jahr Tausende ums Leben. Am Montag hatte Trump den Nachbarn mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent gedroht, falls diese nicht gegen den Schmuggel von Fentanyl und illegale Grenzübertritte vorgehen würden.

Gleichzeitig zündelte Trump auch gegen Europa: „Die Europäische Union ist sehr, sehr schlecht zu uns“, sagte er vor Journalisten. Die Europäer kauften zu wenig Autos und landwirtschaftliche Produkte aus den USA. Das Handelsbilanzdefizit der USA mit der EU liegt derzeit bei jährlich rund 200 Milliarden Euro. Trump: „Also werden sie mit Zöllen rechnen müssen. Das ist der einzige Weg, wie man Fairness bekommt.“

Deutsche Autobauern zittern

Davor zittern vor allem die deutschen Autobauer. Für sie sind die USA der wichtigste Exportmarkt mit insgesamt 1,39 Millionen verkauften Fahrzeugen. Laut dem Lobbyverband VDA hängen hierzulande fast 150.000 Jobs von Exporten in die USA ab. Betroffen wären auch Produktionsstätten in Mexiko, die hauptsächlich in die USA exportieren. Trumps erratische Handelspolitik mache „eine erneute Rezession der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr immer wahrscheinlicher“, sagte Marcel Fratzscher, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

Und die für Handel zuständige EU? Wartet ab, solange die Höhe der Zölle nicht bekannt sind. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verwies beim Weltwirtschaftsforum in Davos auf Handelsabkommen mit Südamerika, Mexiko und der Schweiz. Bernd Lange (SPD), der Chef des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, plädierte am Mittwoch dafür, Trump zu beschwichtigen. „Das Defizit können wir nicht auf null setzen, aber wir können mehr Flüssiggas oder mehr Waffen aus den USA kaufen.“

Die höheren Zölle seien nur der Startschuss einer ausgeklügelten Strategie, meint hingegen Kevin Hassett, Chef des US-Wirtschaftsrats. Im einfachsten Fall löse der Vorstoß Verhandlungen aus, die zu Zollsenkungen führten, so Hassett. „Wir befinden uns mitten in einer Neuordnung des internationalen Handels“, sagte der angehende Finanzminister Scott Bessent, „und ich möchte ein Teil davon sein“.

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2 Kommentare

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  • Wir haben das Handelsabkommen Mercosur mit Südamerika und Mexiko und das CETA-Abkommen mit Kanada. Mit den USA haben wir nichts dergleichen. Wenn die USA also ihre Grenzen schließen, kommen die Pkw aus Mexiko und das Öl aus Kanada wohl über kurz oder lang stattdessen zu uns? Ebenso haben dann viele deutsche Exporteure Einbußen und brauchen Ersatz für den wegbrechenden US-Markt. Das alles könnte bei uns sogar Preise drücken statt sie zu erhöhen.

    • @hedele:

      Kurzfristig vielleicht ja. Aber der amerikanische Markt ist so lukrativ wegen der hohen Kaufkraft der amerikanischen Konsumenten:innen. Wenn dieser nun teilweise wegfällt, wird das zu Umsatzeinbußen, und daraus folgend, Arbeitsplatzverlusten hier in Deutschland führen. Ob das eventuelle initialle Vergünstigungen durch einen etwas verstärkten Handel mit Kanada und Mexiko, um Überschussware zu besseren Konditionen zu kaufen, ausgleicht, wage ich zu bezweifeln. Auch ist es nicht so, dass Lieferketten von heute auf morgen angepasst werden können, daher bin ich mir nicht mal sicher, ob diese Vergünstigungen spürbar wären.