US-Gouverneur Andrew Cuomo: Vom Helden zum Belästiger
Er galt in den USA als Star der Coronapolitik. Doch jetzt werfen mehrere Mitarbeiterinnen New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo sexuelle Belästigung vor.
Seitdem ist Cuomo tief gefallen. Kaum jemand würde derzeit darauf wetten, dass der seit 2011 – und damit länger als jeder andere derzeitige Landeschef – regierende Gouverneur seine laufende Amtszeit zu Ende bringt.
Zunächst kamen Enthüllungen darüber, dass Cuomos Behörde Covid-19-Todeszahlen, insbesondere in Altenheimen, geschönt hatte. Kein Ruhmesblatt für den Trump-Widersacher in der Pandemiebekämpfung. Aber was Cuomos Karriere jetzt an ihr Ende zu bringen scheint, ist etwas anderes: Zwei ehemalige Mitarbeiterinnen beschuldigen ihn sexueller Übergriffe.
Zunächst war da Lindsay Boylan, 36, die angab, Cuomo habe sie über Jahre immer wieder unerwünscht berührt. 2018 habe er sie auf den Mund zu küssen versucht und bedrängt. Ihre Mutter, mit der sie darüber gesprochen hatte, habe ihr irgendwann eine Textnachricht geschrieben: „Er ist ein sexistisches Schwein und du solltest vermeiden, mit ihm allein zu sein.“ Boylan selbst schrieb auf der Onlineplattform Medium: „Gouverneur Andrew Cuomo hat innerhalb seiner Verwaltung eine Kultur geschaffen, in der sexuelle Belästigung und Drangsalieren so allgegenwärtig sind, dass es nicht nur geduldet, sondern erwartet wird.“ Kritiker*innen würden eingeschüchtert. Cuomo bestritt die Vorwürfe kategorisch.
Cuomo bestreitet Vorwürfe nicht
Jetzt kam eine zweite Mitarbeiterin hinzu, die 25-jährige Charlotte Bennet, die im vergangenen Jahr in seinem Stab arbeitete. Cuomo habe alle möglichen Bemerkungen gemacht und sie darüber befragt, wie sie Sex mit älteren Männern finde – er selbst fände das für sich mit allen Frauen über 22 in Ordnung. „Ich verstand, dass der Gouverneur mit mir schlafen wollte, und fühlte mich furchtbar unwohl und hatte Angst“, sagte Bennet jetzt der New York Times.
Diese Vorwürfe bestreitet Cuomo nicht. „Ich räume ein, dass einige der Dinge, die ich gesagt habe, als unerwünschte Flirts fehlinterpretiert worden sind. Soweit das jemand so empfunden hat, tut mir das aufrichtig leid“, schreibt der Gouverneur.
Aber War-nicht-so-gemeint-Kommentare reichen nicht mehr. Jetzt wird wohl die Generalstaatsanwältin von New York die Untersuchung übernehmen, wie es etwa die linke New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez gefordert hatte. Derzeit scheint es für Cuomo nur zwei Möglichkeiten zu geben: Sofortiger Rücktritt wäre die sauberste. Oder er kündigt an, im kommenden Jahr für keine vierte Amtszeit zu kandidieren und hofft, dass der Sturm damit vorüberzieht. Es sieht allerdings nicht so aus, als könnte er damit Erfolg haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite