US-Diplomatie in Zeiten von Trump: Kein Geld fürs State Department
Unter Präsident Trump und Minister Tillerson wurde das US-Außenministerium drastisch zurechtgestutzt. Trump hält nicht viel von Diplomatie.
Das State Department entwickelt keine diplomatischen Strategien mehr für eine Frauenpolitik, es kümmert sich nicht mehr um die Rechte von Muslimen, Behinderten und LGBT-Communities. Es hat die Nichtverbreitung von Atomwaffen, Cyber-Fragen und die Klimapolitik aufgegeben, es interessiert sich nicht mehr für Antisemitismus und hat die Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo ad acta gelegt.
Die spürbarsten Lücken klaffen da, wo die gegenwärtigen Krisen am größten sind: sowohl für Nordkorea, Birma und Bangladesch als auch für den Nahen Osten inklusive der beiden Sudans und Somalia fehlt das Führungspersonal.
Die Aushungerung des Ministeriums begann mit dem Amtsantritt von Donald Trump und Außenminister Rex Tillerson. Sie wollten den Ministeriumshaushalt um 31 Prozent kürzen. Der Kongress schwächte das ab, doch wer geht, wird nur in Ausnahmefällen ersetzt. In den letzten neun Monaten haben reihenweise Beschäftigte aus den Chefetagen aufgegeben oder sind gefeuert worden. Diplomaten, die unter Präsidenten beider Parteien gedient haben, gelten unter Trump als verdächtig, weil sie für Obama gearbeitet, Clinton unterstützt oder einen anderen republikanischen Kandidaten als Trump favorisiert haben.
Exbotschafter William Burns versucht ExkollegInnen damit aufzumuntern, dass keine Regierung ewig bleibe. Tom Countryman, der unter sechs Präsidenten im Außenministerium gedient hat, bevor er unter Trump in den Ruhestand ging, rät KollegInnen: „Dient dem amerikanischen Volk, so lange, bis es für euch persönlich und moralisch nicht mehr erträglich ist.“ John Kiriakou, Whistleblower aus der CIA, der einst auch mehrere Jahre am Irak-Desk des State Departement gearbeitet hat, weiß: „Die Stimmung war nie schlechter.“
Unterdessen wird die Macht aus dem State Department auf das Pentagon und den Sicherheitsrat im Weißen Haus verlagert, wo ebenfalls Militärs das Sagen haben. Ausländische PolitikerInnen, die zum State Departement kamen, wenn sie US-Positionen eruieren wollen, wenden sich nun direkt an das Weiße Haus.
Spekulant vs. Dickkopf
Die Hahnenkämpfe zwischen Trump und Tillerson haben das Außenministerium zusätzlich geschwächt. Der Präsident hat seinen Minister immer wieder desavouiert. Während Tillerson versuchte, Gespräche mit Pjöngjang anzubahnen, drohte Trump die „völlige Zerstörung Nordkoreas“ an und tweetete, Tillerson verschwende seine Zeit.
Als Tillerson dem Präsidenten riet, das Atomabkommen mit dem Iran erneut zu zertifizieren, beauftragte dieser Mitarbeiter im Weißen Haus, ihm die nötigen Argumente gegen das Abkommen zu liefern, das er „eines der schlechtesten, die wir je unterschrieben haben“ nennt.
Auch wegen der arabischen Halbinsel gerieten sie aneinander. Während Trump Saudi-Arabiens Blockade von Qatar unterstützte, suchte Tillerson die Feindseligkeiten mit Gesprächen zu beenden.
Wie die meisten Mitglieder dieser Regierung gehören beide zu den Spitzenverdienern der USA. Doch ihre Charaktere sind grundverschieden: Der Spekulant und Showbusinessmann aus New York, der mit seinem Geld, seinen Wolkenkratzern und Frauen prahlt, hat es mit einem texanischen Ingenieur und Dickkopf zu tun, der mit Ölscheichs in aller Welt verhandelt hat und seit Jahrzehnten mit derselben Frau verheiratet ist.
Insider sind sich uneinig, ob Tillerson aufgeben oder Trump diesen Gefallen nicht tun wird. „Tillerson ist Texaner“, sagt einer: „Er wird bleiben, bis Trump ihn feuert.“ Als ausgemacht gilt, dass auf den Pragmatiker ein/e IdeologIn folgen wird.
Fürs Erste freilich erledigt Tillerson noch die Arbeit, für die er von Trump geholt wurde. Ein Managementunternehmen hat Tillerson Kosteneinsparungen vorgeschlagen. Jetzt strukturiert er das Ministerium wie einen großen Konzern um. Trump teilt die Missachtung der Diplomatie mit vielen RepublikanerInnen, die das State Department auf konsularische Dienste zurechtstutzen wollen.
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