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UN-Resolution und GazaDer Spagat mit dem Jein

Tanja Tricarico
Kommentar von Tanja Tricarico

 Die Enthaltung Deutschlands hat für Unverständnis gesorgt. Doch ist es wichtig, die Gesprächsfäden in die arabische Welt nicht abreißen zu lassen.

Annalena Baerbock bei den Vereinten Nationen in New York. Ihr Jein kam nicht gut an Foto: Thomas Koehler/imago

S elten stand eine wertegeleitete Außenpolitik so unter Beschuss wie jetzt. Mit diesem Credo hatte die grüne Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ihr Amt angetreten. Die Grünen-Politikerin bewährte sich international bei der Unterstützung für die Ukraine, die seit mehr als eineinhalb Jahren vom russischen Aggressor Putin gepeinigt wird.

Jetzt tobt der Krieg im Nahen Osten – und nun kommen Forderungen nach eindeutigen Positionierungen in einem jahrelang andauernden komplizierten Konflikt auf. Mit der Enthaltung Deutschlands bei der UN-Resolution für eine sofortige humanitäre Waffenruhe sorgte Baerbock wenig überraschend für Zorn und Unverständnis. Da die Terrrormiliz Hamas nicht explizit als Verursacher des brutalen Angriffs auf Israel genannt wurde und auch das Selbstverteidigungsrecht Israels nicht, sagte die Bundesregierung nicht Ja, aber auch nicht Nein – wie andere EU-Staaten –, sondern entschied sich für ein Jein.

Eine Enthaltung wirkt oft wie ein Wegducken – daher rühren auch die empörten Reaktionen Israels sowie des Zentralrats der Juden in Deutschland, dass Deutschland diese Resolution nicht ablehnt. Dabei erscheint es aus der Logik der außenpolitischen Diplomatie vernünftig zu sein, sich genau für diese Position zu entscheiden: Eine Resolution, die maßgeblich auf Drängen Deutschlands nachgebessert wurde, komplett abzulehnen, auch wenn sie nicht alle geforderten Punkte enthält, schadet weiteren Verhandlungen. So war der Weg dahin offenbar ziemlich schwer, mit etlichen arabischen Staaten überhaupt eine gemeinsame Vereinbarung zu finden, die wenigstens den „Ruf“, die Gefangenen freizulassen, zulässt.

Zudem hofft Außenministerin Baer­bock darauf, dass die Gesprächsfäden in die arabische Welt nicht abreißen. Akut geht es weiterhin um die Freilassung aller Geiseln, um humanitäre Hilfen für die Zivilbevölkerung in Gaza. Und perspektivisch um die Zukunft der Region, die Zeit ohne die Terrormiliz Hamas. Sosehr eine wertegeleitete Außenpolitik­ derzeit angezweifelt wird, so sehr wird sie gebraucht. Mehr denn je.

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Tanja Tricarico
Ressort ausland
Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Seit März 2024 im Ressort ausland der taz, zuständig für EU, Nato und UN. Davor Ressortleiterin Inland, sowie mehrere Jahre auch Themenchefin im Regie-Ressort. Privat im Einsatz für www.geschichte-hat-zukunft.org
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8 Kommentare

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  • Die Enthaltung war ein mutiger Schritt für Deutschland, er drückt aus, daß man den Text nicht mittragen kann (wegen fehlender Verurteilung der Hamas), daß man aber mit der israelischen Kriegsführung nicht einverstanden ist.

    Falls Sie es nicht bemerkt haben, Frankreich hat für die Resolution gestimmt.

    • @Deutschfranzose:

      Wir sind nicht Frankreich, sondern Deutschland mit 6 Millionen jüdischen Ermordeten. Geschichte sollte man schon auch im Hinterkopf haben. Baerbock ist unglaubwürdig. Man kann klare Kante zeigen und trotzdem verhandeln und diplomatisch agieren. Aber es IST ein Wegducken Baerbocks. Ganz übel und schädlich!

  • Indien hat sich übrigens auch enthalten. Das sollte man außerdem bei dem ganzen Gerede von Norden versus Süden im Blick behalten.

  • Zu behaupten, die Gesprächsfäden blieben durch die Enthaltung gewahrt ist Augenwischerei. Baerbock hat gezeigt: Es gibt keine unverbrüchliche Solidarität mit Israel. Und das ist katastrophal.

  • Eine UN resolution entfaltet keinerlei Bindungswirkung. Unsere Arabischen Partner würden wegen so etwas den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen.

    Unter wertgeleiteter Außenpolitik muss doch eigentlich verstanden werden, klar zu seinen Positionen zu stehen, und danach dennoch einen Kompromiss für höhere Güter wie z.B. das friedliche Zusammenleben zu ermöglichen.

    Wer erst gar nicht zu seiner Meinung zu stehen vermag, den kann mann später wenn es zu den eigentlich wichtigen Entscheidungen kommt, nicht mehr für voll nehmen.



    Insofern mMn ein "Schuß ins Knie" auch für unser Standing in der Arabischen Welt.

    • @Berglandraupe:

      Da hat die dt. Außenpolitik eben mal wieder einen Bock geschossen.

      • 6G
        655170 (Profil gelöscht)
        @Faz:

        Stimmt.



        Aber nur, weil sie der Resolution nicht uneingeschränkt zugestimmt hat.



        Einige regen sich jetzt darüber auf, dass die übergroße Mehrheit der UN-Mitglieder eine Pause bei den hemmungslosen Bombardements auf die Zivilbevölkerung in Gaza will.



        Und dass die Vertreibung der Palästinenser aus ihrem Gebiet samt der Annexion von Gaza durch Netanjahu gestoppt werden soll.



        Aber das bedeutet nur: Unrecht soll akzeptiert werden.

        • @655170 (Profil gelöscht):

          Der bestialische Terrorangriff wurde von der Hamas verübt und Israel übt sein Recht auf Selbstverteidigung aus. Unrecht ist es wenn marodierende Terroristen Babys massakrieren, feige ist es, wenn sich die Terroristen unter Zivilisten verschanzten und rechtmäßig ist es wenn die Israelis ihren Staat und ihre Bevölkerung schützen. Diese wird nämlich u. a. von der Hamas aus dem Gazastreifen angegriffen.