UN-Plastikabkommen: Viel Stoff für Verhandlungen
In Rekordzeit wollen die Vereinten Nationen ein Abkommen gegen Plastikmüll beschließen. Sonntag startet die vorletzte Verhandlungsrunde.
Die Interessen der rund 180 Staaten liegen nämlich weit auseinander, die kaum lesbaren 69 Seiten des Textentwurfes bieten ein buntes Durcheinander verschiedener Vorstellungen und Optionen. Nach der vergangenen Verhandlungsrunde in Nairobi im Herbst hatten ambitionierte Staaten, die sich für ein wirkmächtiges Abkommen einsetzen – etwa Deutschland, Schweden, der Senegal und Ruanda – frustriert zur Kenntnis nehmen müssen, dass vor allem Erdölstaaten wie Saudi-Arabien und Russland, aber auch Südafrika und Ägypten die Verhandlungen blockierten.
Bislang konnten sich die Länder nicht einmal auf Verfahren einigen. Offen ist etwa, in welchen Fällen Mehrheitsentscheidungen ausreichen und wann Einstimmigkeit notwendig ist. So werden die Staaten in Ottawa klären müssen, über welche Themen sie nach welchen Regeln verhandeln.
Dabei gibt es zwei ganz unterschiedliche Herangehensweisen: „Wir müssen den Fokus auf den Anfang der Wertschöpfungskette legen“, formuliert etwa Carla Wichmann, Koordinatorin des zivilgesellschaftlichen Bündnisses Exit Plastik, dem unter anderem die großen Umweltverbände angehören. Das Ziel müsse eine echte Kreislaufwirtschaft sein, „die Ressourcen spart und frei ist von schädlichen Chemikalien“, sagt Wichmann. Das bedeutet, weniger Plastik zu produzieren, mit Obergrenzen oder Verboten etwa von Einwegverpackungen. „Wir können uns nicht aus der Krise rausrecyceln“, sagt Wichmann.
„Höchste Zeit zu handeln“
Doch genau hier setzt etwa der Wirtschaftsverband Plastics Europe an. Der effektivste Weg, um die Transformation von einer linearen zu einer zirkulären Wertschöpfungskette für Kunststoffe zu beschleunigen, bestehe darin, „dass das UN-Plastikabkommen Kunststoffabfälle als wertvollen Rohstoff behandelt“, sagt Virginia Janssens, Geschäftsführerin von Plastics Europe. „Je wertvoller Kunststoffabfälle sind, desto mehr Anreize gibt es, sie wiederzuverwerten und zu recyceln, anstatt sie wegzuwerfen, zu verbrennen oder zu deponieren“, so Janssens.
Je nach Ansatz sind unterschiedliche Instrumente nötig: Plastiksteuern, Mehrwegpflichten, Obergrenzen für Produktionsmengen hier – Einsatzquoten für Recyclingplastik, Vorgaben für Sammelquoten und Forschung für chemisches Recycling dort. Vor allem auf chemisches Recycling setzt die Industrie: Dabei werden unterschiedliche Kunststoffsorten eingeschmolzen und zu neuwertigem Granulat verarbeitet. Die Umweltverbände lehnen das ressourcenintensive Verfahren ab.
Die Herausforderung in Kanada ist nun, die unterschiedlichen Vorstellungen in einen Text zu bringen, der dann im nächsten Jahr abschließend verhandelt werden kann. Es sei „höchste Zeit zu handeln“, heißt es aus dem Bundesumweltministerium. Demnach gelangen jedes Jahr weltweit zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane. Bis Mitte des Jahrhunderts könnte sich diese Menge verdreifachen.
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