UN-Bericht zu Nordkorea: Weltweit beispiellose Verbrechen
In Nordkorea werden Menschen systematisch gefoltert, versklavt und ermordet, sagen UN-Experten. Sie fordern die Einschaltung des Weltstrafgerichts in Den Haag.
GENF dpa | Experten der Vereinten Nationen haben dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un persönliche Verantwortung für Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Zugleich appellierten sie am Montag an den UN-Sicherheitsrat, den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag mit Ermittlungen für Gerichtsverfahren gegen nordkoreanische Spitzenfunktionäre zu beauftragen.
Der Sicherheitsrat solle gezielte Sanktionen gegen nordkoreanische Funktionäre verhängen, die im Verdacht stehen, sich solcher Verbrechen schuldig gemacht zu haben, heißt es im Bericht einer vom UN-Menschenrechtsrat beauftragten Kommission. Von generellen Sanktionen raten die Experten unter Hinweis auf die Notlage der Bevölkerung ab.
„Die Schwere, das enorme Ausmaß und die Art und Weise der in diesem Staat begangenen Verbrechen sind in der heutigen Welt beispiellos“, erklärte die Untersuchungskommission. Nordkorea sei eindeutig ein „totalitärer Staat“, in dem systematisch Menschen ermordet, versklavt, gefoltert, sexuell missbraucht und dem Hunger ausgesetzt werden.
Die Welt dürfe nicht weiter tatenlos zusehen, heißt es in dem Bericht. „Die internationale Gemeinschaft muss ihre Verantwortung für den Schutz der Menschen vor Verbrechen gegen die Menschlichkeit wahrnehmen, denn die Regierung der Demokratischen Volksrepublik Korea hat dabei erwiesenermaßen versagt.“
Appell an China
Ausdrücklich wird China aufgerufen, sich zu engagieren. Peking lehnte umgehend ab. Differenzen beim Thema Menschenrechte sollten durch einen Dialog „auf der Basis gegenseitigen Respekts“ überwunden werden, erklärte eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums. „Eine Einschaltung des Internationalen Strafgerichtshofes hilft nicht dabei, die Menschenrechtssituation in einer Nation zu verändern“, sagte Hua Chunying. Als Vetomacht kann Peking eine solche Maßnahme im UN-Sicherheitsrat blockieren.
In einem separaten Brief an Kim Jong Un erklärte der Leiter der UN-Kommission, Michael Kirby, Spitzenfunktionäre des Regimes würden schwerste Verbrechen „unter der effektiven Kontrolle“ des Staats- und Parteichefs begehen. Die Kommission setzte sich für die strafrechtliche Verfolgung aller Verantwortlichen ein, „darunter möglicherweise auch Sie selbst“, heißt es in dem Schreiben.
Die Untersuchungskommission war im vergangenen Jahr vom UN-Menschenrechtsrat berufen worden nachdem mehrere Versuche gescheitert waren, Nordkorea zu einem Dialog über die Respektierung der Menschenrechte zu bewegen. Die Regierung in Pjöngjang verweigerte ihren drei Mitgliedern aber jedwede Kooperation, sie durften auch nicht ins Land einreisen.
Die Erkenntnisse und Einschätzungen der Experten beruhen daher großteils auf Interviews mit aus Nordkorea geflohenen Regimegegnern, unter ihnen frühere politische Häftlinge. Ausgewertet wurden auch andere Expertenberichte sowie Satellitenaufnahmen, die nach Angaben von Organisationen wie Amnesty International berüchtigte Straflager zeigen. Das Regime in Pjöngjang hat die Existenz solcher Lager stets bestritten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe