Türkischer Staatschef ruft zum Boykott: Erdoğan macht deutschen Wahlkampf
Der türkische Staatspräsident hat CDU, SPD und Grüne als „Feinde der Türkei“ bezeichnet, die man nicht wählen dürfe. Vertreter der Parteien sind empört.
Es sei eine Frage der Ehre, politischen Parteien zu unterstützen, die der Türkei nicht feindlich gesinnt seien. Einen Vorschlag, welche Partei das sein soll, gab er allerdings nicht ab. Erdoğan betonte erneut, dass allein Deutschland für das angespannte Verhältnis zur Türkei verantwortlich sei.
Die Bundestagsabgeordnete der CDU, Cemile Giosouf, sagte der taz: „Man sollte den Staatspräsidenten fragen, ob die Bürger*innen die AfD wählen sollen? Wir haben in Deutschland freie Wahlen. Die Wahlbeteiligung am Referendum hat gezeigt, dass in Deutschland lebende Türkeistämmige sich nicht länger für die politischen Zwecke der Türkei instrumentalisieren lassen wollen. Vielleicht wird Erdoğans Wahlempfehlung genau das Gegenteil bewirken.“
Auch der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Özcan Mutlu, fragt sich, ob Erdoğan mit diesem Statement eine Wahlempfehlung an die AfD abgeben wolle. Der taz sagte er: „Ich bin irritiert darüber, dass Erdoğan, der sich permanent über Einmischung in innertürkische Angelegenheiten beschwert, jetzt eine konkrete Wahlempfehlung ausspricht und sich damit in innerpolitische Angelegenheiten Deutschlands einmischt. Menschen und Parteien, die sich für Demokratie in der Türkei einsetzen, als Feinde der Türkei zu bezeichnen, halte ich für mehr als überzogen.“
Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) hat als Reaktion zum Wahlboykott des türkischen Staatspräsidenten die wahlberechtigten Deutsch-Türken aufgerufen, jetzt erst recht an der Bundestagswahl teilzunehmen. „Wir brauchen keine Belehrungen in Sachen Demokratie“, sagte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Gökay Sofuoglu.
Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Dieser Eingriff Erdoğans in den deutschen Wahlkampf zeigt, dass er die Menschen in Deutschland gegeneinander aufhetzen will. Zeigen wir denen, die uns gegeneinander ausspielen wollen, dass wir dieses böse Spiel nicht mitmachen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe