Türkische Schulen in Deutschland: Besser nicht
Die Türkei möchte Schulen in Deutschland, wie es deutsche Schulen in der Türkei gibt. Ob man das gewährt, sollte man sich gut überlegen.
D ie Türkei ist berühmt für ihren Geschichtsrevisionismus. Die Armenier waren auf einmal weg. Die Kurdenfrage ist gelöst. Noch besser: Türken und Kurden sind Geschwister. Die Türkei ist berühmt für Leugnung und Verfolgung ihrer Minderheiten – Knastaufenthalt gibt es gratis dazu, wenn man nicht mit dem Staatsdiskurs übereinstimmt.
In der Türkei gibt es drei deutsche Schulen: in Ankara, Istanbul und Izmir. So weit, so gut. Die Türkei möchte nun drei türkische Schulen in Deutschland eröffnen: in Berlin, Frankfurt am Main und Köln. In einer globalen Welt sind verschiedensprachige Schulen natürlich nur ein Vorteil.
Ja, drei türkische Schulen in Deutschland sind noch keine 300 türkischen Schulen. Doch jede türkische Schule in Deutschland ist eine zu viel. Seit Jahren treibt der türkische Moscheeverband Ditib in Deutschland sein Unwesen: Indoktrinierung, politische Einflussnahme und Spionage.
Trotzdem sind Ditib-Moscheen bis heute nicht verboten. Sie erhalten ihre Anweisungen direkt aus Ankara. Das wäre bei den türkischen Schulen in Deutschland anders. Sie müssten sich natürlich, je nach Bundesland, an die jeweiligen Schulgesetze halten. Das bedeutet konkret: An türkischen Schulen in Deutschland müssten die jeweiligen deutschen Lehrpläne eingehalten werden. Das ist aber keine Garantie dafür, dass dies auch zu 100 Prozent geschieht.
Zehntausende entlassene Lehrer*innen
Von den Zehntausenden Lehrerin*innen, die in der Türkei gefeuert wurden, weil sie nicht staatstreu genug sind, wird sicher keine*r einen neuen Job in einer türkischen Schule in Deutschland bekommen. Ganz im Gegenteil: Die Türkei wird dafür sorgen, dass die „richtigen“ türkischen Lehrer*innen in den türkischen Schulen in Deutschland unterrichten werden. Diese Lehrer*innen werden dann – davon ist auszugehen – direkt und gezielt ausgewählt. Die Auswahlkriterien werden sein: Pro-AKP und Pro-Erdoğan.
Während die Türkei auf dem Weg zum Faschismus und einer wie Erdoğan an der Macht ist, sollte man es sich gründlich überlegen, ob man wirklich türkische Schulen in Deutschland eröffnen will. Statt AKP-Schulen zu eröffnen, sollte man besser auf unsere Bildung setzen, den muttersprachlichen Unterricht an deutschen Schulen weiter ausbauen und den muslimischen Religionsunterricht nicht der Ditib überlassen.
Die Einflussnahme der Türkei in Deutschland hat seit Kurzem einen weiteren Namen: seit dem 13. Januar gibt es den türkischsprachigen Sender TRT (bekannt als Erdoğan-Fanportal) auch auf Deutsch. Wie zu erwarten, sind die Themen des Senders: antimuslimischer Rassismus, Terroristen-Kurden, die friedensstiftende Rolle der Türkei in Libyen. Kein Wort über völkerrechtswidrige Einmärsche in Syrien, die Bombardierung von Shingal, Verhaftung von Journalist*innen und Kurd*innen in der Türkei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau