Türkische Schulen in Deutschland geplant: Mit Argusaugen beobachtet

Es gibt schon britische oder griechische Schulen in Deutschland. Nun bemüht sich auch die Türkei, drei Schulen zu gründen. Die Kritik folgt prompt.

Schulmäppchen mit der Aufschrift Türkiye.

In Deutschland leben viele Türken. Die Türkei will für sie in drei Städten eigene Schulen gründen Foto: Joker/imago

BERLIN taz | Die Türkei plant die Gründung von drei Schulen in Deutschland. Das meldet die Süddeutsche Zeitung am Freitag und beruft sich bei der Berichterstattung auf das Auswärtige Amt. Aktuell verhandelt die Bundesregierung unter Beteiligung aller Bundesländer mit der Türkei über ein Abkommen. Als Standorte kämen der Zeitung zufolge Köln, Frankfurt am Main und Berlin in Frage.

Das Abkommen zwischen Deutschland und der Türkei wird demnach seit Sommer 2019 verhandelt und habe zunächst dazu gedient, den Status der deutschen Schulen in der Türkei zu sichern. Auslöser für die Verhandlungen, war die vorübergehende Schließung der Deutschen Schule in Izmir im Jahr 2018, berichtet die SZ.

Damals hieß es seitens des türkische Erziehungsministeriums, dass die rechtliche Grundlage für die Schule fehle. Das nun verhandelte Abkommen ziele darauf ab, „die Rechtsgrundlage für die deutschen Auslandsschulen in Ankara, Istanbul und Izmir zu sichern“, zitiert die SZ das Auswärtige Amt. Im Gegenzug dazu, wünsche sich die türkische Seite ein vergleichbares Angebot an Schulen in Deutschland.

Die Bundesrepublik unterhält aktuell drei Schulen mit zusätzlich zwei Zweigstellen in der Türkei. In der Hauptstadt Ankara, der Küstenmetropole Izmir und in Istanbul werden zurzeit Kinder in der Türkei lebender Deutscher unterrichtet. „Deutschsprachige Schulen haben in der Türkei eine lange Tradition“, heißt es auf der Internetseite der deutschen Vertretung in der Türkei. Grundlage bildet das 1957 zwischen beiden Ländern unterzeichnete Kulturabkommen. Schon seit 1868 werden auf der „Deutschen Schule Istanbul“ Kinder in der Türkei lebender Deutscher unterrichtet.

Bereits 18 ausländische Schulen in NRW

Ausländische Schulen sind auch in Deutschland nicht ungewöhnlich. In der Regel werden diese Institutionen als sogenannte Ersatzschulen, einer Form der Privatschulen, betrieben. Die Schulen dürfen ihre Lehrmethoden selbst bestimmen und über ihr Personal entscheiden. Sie müssen aber Lerninhalte vermitteln, die denen in öffentlichen Schulen gleichwertig sind. Trotzdem darf die Türkei, genau wie andere Staaten auch, nicht selbst als Schulträger auftreten. Diese Aufgabe müssen private Vereine übernehmen.

Finanziert werden Ersatzschulen zum größten Teil durch öffentliche Gelder. Stefan Löwer, Pressesprecher des hessischen Kultusministerium, teilte auf Anfrage der taz mit: „Im Durchschnitt werden 85 Prozent der Kosten übernommen, da die Ersatzschulen staatliche Aufgaben übernehmen“. Er betont, dass sich die Schulen bei „Lehrplänen- und Inhalten an die gleichermaßen für öffentliche Schulen geltenden Regelungen halten müssen“.

In Nordrhein-Westfalen, einem der möglichen Standorte, gibt es aktuell 18 ausländische und internationale Schulen dieser Art; beispielsweise britische und griechische Schulen in Köln oder eine japanische Schule in Düsseldorf. Im Hinblick auf ein türkisches Äquivalent in Köln teilte die nordrhein-westfälische Schul- und Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) der taz auf Anfrage mit: „Wer in Nordrhein-Westfalen Schule machen will, muss sich an die Spielregeln des NRW-Schulgesetzes halten“. Das Land gebe den Rahmen und Grenzen vor, die Schulaufsichtsbehörde wache über die Einhaltung der Standards. Nur auf Grundlage des Schulgesetzes genehmige das Land Schulen. „Nichts anderes ist daher auch die Verhandlungsgrundlage mit der Türkei“, so Gebauer. Es gebe keinen „diplomatischen Rabatt“.

Die türkische Gemeinde in Deutschland begrüßt die Gründung türkischer Schulen in Deutschland.

Dereb Vorsitzender, Gökay Sofuoglu, erklärt in einer am Freitag veröffentlichen Pressemitteilung: „Erstmal gibt es nichts einzuwenden, wenn die Türkei in Kooperation mit Deutschland eine Schule gründen will. Es gibt ja auch deutsche Schulen in der Türkei.“ Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die politische Einflussnahme seitens der Türkei eingedämmt werde. „Zivilgesellschaftliche Organisationen sollten bei diesem Vorhaben miteinbezogen werden.“

Linke: „Gift für die Integration“

Heftige Kritik äußert dagegen die Linken-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe, Sevim Dagdelen. Sie findet es, „fatal, dass die Bundesregierung mit Erdogan über die Eröffnung eigener Privatschulen in Deutschland verhandelt, während der Autokrat die kritische Intelligenz seines Landes ins Gefängnis oder Exil treibt.“ Die Schulen seien „Gift für die Integration und Demokratie“, so Dagdelen.

Bedenken kommen aber auch aus einigen Ländern. „Wir müssen sehr genau hinschauen, dass das Vorhaben von der Türkei nicht dazu genutzt wird, ideologischen Einfluss auf Schülerinnen und Schüler mit türkischen Wurzeln zu nehmen“, betont die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann. Die CDU-Politikerin hält den Entwurf des Abkommens aus Ländersicht aufgrund zahlreicher ungeklärter Punkte bislang noch nicht für beschlussreif.

In Berlin, wo möglicherweise ebenfalls eine türkische Schule gegründet werden soll, wollte sich die Bildungsverwaltung nicht zu den „laufenden Verhandlungen auf Bundesebene“ äußern.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) betont in einem Interview mit RTL/ntv, die Bundesregierung wolle nur Schulen ermöglichen, wenn sie deutschem Recht unterliegen: „Es wird nie einen Raum werden, in dem Dinge unterrichtet werden können, die nicht mit unseren Werten übereinstimmen“.

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