Türkei-Besuch der Innenministerin: Faeser in heikler Mission

Die Bundesinnenministerin ist zu Besuch in der Türkei. Wird sie klare Worte zu den türkischen Luftangriffen in Syrien und Irak finden?

Innenministerin Nancy Faeser.

Innenministerin Nancy Faeser Foto: Boris Roessler/dpa

Berlin taz | Um Terrorismusbekämpfung und um Migration soll es beim zweitägigen Besuch von Bundesinnenministerin Nancy Faeser in der Türkei gehen. Als das Haus der SPD-Politikerin den Besuch plante, war nicht abzusehen, dass ersteres Thema nun eine ganz neue Wendung bekommt.

Die Regierung von Recep Tayyip Erdoğan hat nämlich ihr eigenes Verständnis von Terrorbekämpfung und lässt derzeit Stellungen kurdischer Milizen in Nordsyrien und im Irak bombardieren. Dort kämpfen Kurdenmilizen gegen den islamischen Staat, unterstützt von den USA. Die türkischen Angriffe sind eine direkte Reaktion auf das Bombenattentat in der Instanbuler Einkaufsstraße. Die Türkei macht dafür die kurdische Arbeiterpartei PKK und die Kurdenmiliz YPG verantwortlich und beruft sich auf ihr Recht zur Selbstverteidigung. Beide, PKK und YPG, streiten eine Beteiligung allerdings ab und werfen Erdoğan vor, einen Vorwand für die lange geplante Offensive gesucht und gefunden zu haben.

In Deutschland steigt der Druck auf Faeser sich in dieser heiklen Gemengelage zu positionieren. Die Linksfraktion im Bundestag erwartet von der Bundesregierung den türkischen „Angriffskrieg“ entschieden zu verurteilen. „Nancy Faeser muss bei ihrem Türkei-Besuch auf ein umgehendes Ende der völkerrechtswidrigen Angriffe drängen“, so Sevim Dağdelen, Linken-Obfrau im Auswärtigen Ausschuss.

Druck von Linken und Grünen-Politiker*innen

Khaled Davrisch, Vertreter der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in Deutschland fordert Faeser dagegen auf, ihren Staatsbesuch in der Türkei sofort abzubrechen. Nach Angaben der Selbstverwaltung hätten Kampfflugzeuge und Drohnen Städte und Dörfer in der Region angegriffen und Krankenhäuser, Elektrizitäts- und Wasserwerke getroffen. Mindestens 12 Zivilisten seien bis jetzt getötet worden, darunter ein Journalist.

Das Auswärtige Amt mahnte die türksische Regierung am Montag immerhin zur Zurückhaltung „Wir fordern die Türkei auf, verhältnismäßig zu agieren und dabei das Völkerrecht zu achten“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts in der Bundespressekonferenz. Dazu gehöre insbesondere, „dass Zivilistinnen und Zivilisten zu jeder Zeit geschützt werden müssen“. Berichte über mögliche zivile Opfer der türkischen Luftschläge seien extrem besorgniserregend.

Weniger diplomatisch äußerten sich die Grünen Außenpolitiker Jürgen Trittin und Max Lucks. „Wir weisen die aggressive Außenpolitik der türkischen Regierung entschieden zurück“, so die beiden Bundestagsabgeordneten in einer gemeinsamen Erklärung. Die Angriffe der türkischen Luftwaffe seien völkerrechtswidrig. „Der Verweis auf den verheerenden Bombenanschlag in Istanbul und das Recht zur Selbstverteidigung trägt nicht.“ Dass die Ergebnisse der Ermittlungen nicht abgewartet und transparent gemacht würden, lasse Zweifel an der Begründung für die Angriffe aufkommen, schreiben Trittin und Lucks.

Auch die Linken-Abgeordnete Gökay Akbulut verweist auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom April, in dem erhebliche Zweifel am Rechtfertigungsnarrativ der türkischen Regierung geäußert werden. Das sei völkerrechtlich nicht haltbar. Im April war das türkische Militär ebenfalls mit der Behauptung der Selbstverteidigung gegen Stellungen der Kurden in Syrien und im Irak vorgegangen.

Faeser will sich laut ihrem Ministerium am Dienstag äußern. Ein Sprecher sagte am Montag, die Innenministerin werde bei ihrem Türkei-Besuch über alle aktuellen Themen sprechen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.