Tübinger Einwegsteuer gekippt: McDonald’s siegt

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat die Tübinger Verpackungsabgabe für unwirksam erklärt. Das dortige Experiment ist damit vorerst gescheitert.

rot-gelbe McDonald Verpackungen auf einem Tablett

Jede Menge Abfall, weiterhin erlaubt Foto: Beata Zawrzel/imago

FREIBURG taz | Rückschlag für Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne): Die seit Jahresbeginn in Tübingen geltende Steuer auf Einwegverpackungen ist „unwirksam“. Das entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim nach einer Klage der Tübinger McDonald’s-Filiale.

Der Tübinger Gemeinderat hatte die örtliche Steuer im Januar 2020 per Satzung eingeführt. Seit 1. Januar 2022 ist sie in Kraft. Seitdem sind in der baden-württembergischen Stadt 50 Cent fällig für Einwegbecher, Einwegteller und Einwegspeiseverpackungen. 20 Cent kostet jedes Einwegbesteck-Set. Pro Mahlzeit fallen maximal 1,50 Euro an. Zwar sind Plastik- und Styropor-Behälter seit Mitte 2021 ohnehin verboten, aber die Steuer gilt auch für Papierteller und Holzbesteck.

So wollte die Stadt Ressourcen schonen und die Vermüllung der Innenstadt aufhalten. Eine erste Zwischenbilanz ergab, dass im Tübinger Stadtgebiet im Januar 2022 nur noch rund 31 Tonnen Abfall entsorgt werden mussten – gegenüber 34 Tonnen im Januar 2020. Der Rückgang könnte allerdings auch coronabedingt sein.

Gegen die Tübinger Verpackungssteuer erhob die örtliche McDonald’s-Filiale eine Normenkontrollklage zum VGH Mannheim, da die örtliche Steuer gegen Bundesrecht verstoße. Die deutsche McDonald’s-Zentrale unterstützte die Klage. Es sei unpraktikabel, wenn jede Kommune eine eigene „Insellösung“ beschließe. Die Deutsche Umwelthilfe hatte Tübingen bei seinem Kurs unterstützt: Die Fast-Food-Riese sei 2019 in Deutschland für einen 51.000 Tonnen schweren Verpackungsmüllberg verantwortlich gewesen.

Die Klage von McDonald’s hatte Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof erklärte die Tübinger Satzung für unwirksam. Die Begründung will das Gericht allerdings erst im Laufe des Aprils vorlegen.

Bereits 1998 hatte das Bundesverfassungsgericht eine lokale Verpackungsabgabe der Stadt Kassel gekippt. Diese verstoße gegen die auf freiwillige Maßnahmen zielende Konzeption des Kreislaufwirtschaftsgesetzes des Bundes, hieß es damals. Tübingen versuchte deshalb mit einem Gutachten zu belegen, dass das Bundesrecht heute einer lokalen Verpackungssteuer nicht mehr entgegensteht. Beim VGH hatte die Stadt damit aber offensichtlich keinen Erfolg.

Revision hätte aufschiebende Wirkung

Oberbürgermeister Palmer zeigte sich enttäuscht von der Entscheidung: „Wir haben gezeigt, dass die Steuer in der Praxis funktioniert. Überall in Tübingen breitet sich Mehrweg aus, die Stadt wird sauberer, die große Mehrheit der Menschen ist zufrieden.“

Immerhin ließ der VGH die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu. Darüber werde jetzt der Tübinger Gemeinderat entscheiden, hieß es bei der Stadt. Eine Revision hätte aufschiebende Wirkung – und die Verpackungsteuer bliebe vorerst in Kraft.

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