Tuareg-Rebellen gegen Regierung: Malis Norden versinkt im Krieg
Kämpfe zwischen Malis Regierungstruppen und Tuareg-Rebellen um die Kontrolle von Militärbasen eskalieren. Zunehmend sind Islamisten involviert.
![Malis Militärmachthaber Assimi Goita beim Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg im Juli 2023 Malis Militärmachthaber Assimi Goita beim Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg im Juli 2023](https://taz.de/picture/6561292/14/Goita-1.jpeg)
Erst am Samstag hatten die Tuareg-Rebellen zunächst 98 und dann 81 tote Regierungssoldaten bei Angriffen auf die Armeebasis Dioura in Zentralmali zwei Tage vorher gemeldet. Die Armee hatte wiederum Angriffe auf drei ihrer Basen in den Tagen zuvor gemeldet, in unterschiedlichen Landesteilen.
Die Kämpfe in Mali folgen auf den Zusammenbruch des Friedensabkommens von 2015, in dem die zuvor aufständischen Tuareg Autonomierechte in den drei malischen Nordprovinzen Gao, Kidal und Timbuktu zugesprochen bekamen. Vollständig umgesetzt wurde das nie, und die seit 2020 in Mali regierenden Generäle lehnen es ab. Die im Juni dieses Jahres per Referendum angenommene neue Verfassung für Mali stellt aus Rebellensicht eine Aufkündigung des Abkommens dar.
Am 11. September erklärte die CMA, sie befinde sich „im Krieg“ gegen die malische Regierung, und „alle Bewohner Azawads“ sollten ihren Beitrag zur „Rückgewinnung der Kontrolle über das gesamte azawadische Territorium“ leisten. Azawad ist der Name des Staates, den Tuareg-Rebellen 2012/13 kurzzeitig in Nordmali ausgerufen hatten.
Konkurrenz islamistischer Gruppen in der Sahara
Am 22. September verkündete Malis Präsident, Oberst Assimi Goita, seinerseits seine Absicht, Malis „Souveränität über das gesamte Staatsgebiet zurückzugewinnen“. Aus Regierungssicht sind die Angreifer sämtlich „Terroristen“, und es wird dabei nicht zwischen Tuareg-Rebellen und islamistischen Terrorgruppen unterschieden. Immer wieder wird die islamistische JNIM (Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime) für Angriffe verantwortlich gemacht.
Islamistische Kämpfer beschossen am 7. September ein Passagierschiff, das auf dem Niger-Fluss zwischen Timbuktu und Gao unterwegs war, und töteten dutzende, wenn nicht hunderte Menschen. Die Stadt Timbuktu ist faktisch von der Außenwelt abgeschnitten.
Die JNIM kämpft nicht nur gegen die malische Regierung, sondern auch gegen den konkurrierenden „Islamischen Staat in der Großen Sahara“ (ISGS), der vor allem um Menaka im Nordosten Malis an der Grenze zu Niger aktiv ist. Die Tuareg-Rebellen der CMA vertreten ihrerseits auch nicht alle Tuareg-Gruppen. Diese Konstellation macht es schwer, die Dynamik des neuen Krieges zu beurteilen.
Für Aufsehen sorgte vor einer Woche die Explosion einer überladenen Militärtransportmaschine bei der Landung am Flughafen von Gao, bei der Berichten zufolge 140 Menschen umkamen – malische Soldaten und russische Wagner-Kämpfer.
Zusammenhang mit Abzug der UN-Mission in Mali
Der Aufschwung der Gewalt fällt zusammen mit dem Abzug der UN-Mission in Mali (Minusma), deren Blauhelme das Friedensabkommen von 2015 mit den Tuareg absichern sollten. Auf Wunsch der malischen Militärregierung hatte der UN-Sicherheitsrat im Juni das Ende der Mission, an der auch Deutschland teilnimmt, zum Jahresende 2023 beschlossen.
Kämpfe haben sich mehrfach am Streit darüber entzündet, wer die UN-Militäreinrichtungen in den Tuareg-Autonomiegebieten übernehmen darf. Inzwischen geht es aber ganz einfach um die Macht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet