Trumps erste Rede als US-Präsident: Ein „Fuck you“ ans Establishment
Es war keine Einigungsansprache, sondern eine Kampfansage. Der neue US-Präsident wiederholt seine bekannte Kernbotschaft: „Amerika zuerst.“
Schon gleich zu Beginn der Ansprache wurde das deutlich: Während seine letzten vier Vorgänger, von George Bush senior 1989 bis Barack Obama 2009, ihre Reden mit einem Dank an die scheidenden Präsidenten für ihren Dienst an der Nation begannen, dankte Trump dem Obama-Ehepaar lediglich für ihre Hilfe in der Übergangsphase. Das hatte zuletzt Ronald Reagan gegenüber seinem Vorgänger Jimmy Carter so gemacht, und selbst das noch höflicher als Trump jetzt.
Die Rede, von der Trump hatte verbreiten lassen, er haben sie ganz allein geschrieben, war im übrigen ein Kondensat seiner Wahlkampfauftritte, nur nicht so durcheinander. Konkrete Politikvorschläge kamen darin nicht vor. Das ist auch tatsächlich selten bei Antrittsreden, aber das zentrale Thema war doch mehr als deutlich: Mit dem heutigen Tage regiere wieder das Volk der USA, während das korrupte Washington nichts mehr zu sagen habe. „Der 20. Januar 2017 wird als der Tag in Erinnerung bleiben, an dem das Volk wieder die Herrschaft übernommen hat,“ rief Trump aus. Niemand würde mehr vergessen und ignoriert werden. Zu lange hätten die USA Geld für andere Nationen ausgegeben, damit sei nun Schluss. Ab jetzt gelte nur noch „Amerika zuerst!“, und dann würden die verlorenen Industriejobs schon wiederkommen und die marode Infrastruktur in Ordnung gebracht werden.
Die drei großen Ps: Patriotismus, Protektionismus, Populismus waren die Kernelemente der Rede, gepaart mit den gleichen großspurigen, aber unkonkreten Versprechen, die den gesamten Wahlkampf Trumps geprägt haben. Zwar sprach er unter Nutzung einer Formulierung, die auch Obama immer wieder gebraucht, aber auch nicht erfunden hatte, davon, einem geeinigten Amerika sei nichts unmöglich. Aber da war nicht einmal der rhetorische Appell etwa an die Anhänger_innen seiner Konkurrentin Hillary Clinton, oder auch an jene, die gleichzeitig in der Washingtoner Innenstadt demonstrierten, jetzt zusammenzukommen. Keine Versicherung, auch deren Sorgen ernstzunehmen, geschweige denn ein Dank an Clinton für einen hart ausgefochtenen Wahlkampf. Das hatte seinerzeit selbst George W. Bush gegenüber dem unterlegenen Al Gore hinbekommen.
Unbeeindruckt vom System
Die Rede war keine Einigungsrede, sie war eine Kampfansage. Trump wollte wohl vor allem seinen Anhängern zeigen: Noch kann ihn das System nicht beeindrucken, auch die aufwändige und alten Ritualen folgende Einführungszeremonie nicht. Die Message: Er, Donald Trump, erklärt sämtlichen mit ihm gemeinsam auf der Bühne stehendenen Lakaien des Washingtoner Establishments ein großes „Fuck You“.
Für den Moment mag das bei seinen Leuten auf der Straße gut ankommen. Wie weit ihn diese Art politisch tatsächlich trägt, bleibt abzuwarten. Der Senat muss als nächstes über all seine Nominierten abstimmen, damit Trump überhaupt über eine regierungsfähige Mannschaft verfügt, wie unfähig und unerfahren sie auch sein mag. Er wird das Washingtoner Establishment noch brauchen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen