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Trumps GesetzespaketBig, not beautiful

US-Präsident Donald Trump zementiert seine Macht mit einem monströsen Steuerpaket. Es ist sein Ticket, ab jetzt vollkommen durchzudrehen.

Feiern nach stundenlanger Debatte: Repräsentanten-Haus Sprecher Mike Johnson im Kreise weiterer Republikaner Foto: J. Scott Applewhite/AP/dpa

Berlin taz | Mit der Verabschiedung seines riesigen Steuern- und Ausgabenpakets durch beide Kammern des Kongresses ist US-Präsident Donald Trump auf dem Höhepunkt seiner Macht angekommen. Das Gesetz verlängert die Steuergeschenke an die Wohlhabenden US-Amerikaner*innen aus Trumps erster Amtszeit auf unbestimmte Zeit und fügt ein paar weitere hinzu. Es steigert die Ausgaben fürs Militär, vor allem aber für Grenzsicherung und Abschiebe-Institutionen.

All das wird finanziert einerseits durch eine massive Erhöhung der Staatsverschuldung und andererseits durch Einsparungen bei zwei der wichtigsten Sozialleistungen in den USA: den Programmen Medicaid, also Krankenversicherung für Menschen mit niedrigem Einkommen, und SNAP, Lebensmittelversorgung für Bedürftige.

Zwei Elemente waren entscheidend dafür, dass Trump nunmehr ein Gesetz unterzeichnen konnte, das all seine Prioritäten finanziell umsetzt: Einerseits hat er früh darauf beharrt, entgegen den Vorschlägen vieler republikanischer Par­la­men­ta­rie­r*in­nen nicht einzelne Gesetze zu den verschiedenen Themenbereichen einzubringen, sondern alles zusammenzuwerfen. Eben „one big, wonderful bill“.

Denn es gibt niemanden in den republikanischen Kongress-Reihen, der nicht mit einem oder mehreren Aspekten des nunmehr verabschiedeten Gesetzes große Schwierigkeiten hätte. Angesichts der knappen Mehrheiten in beiden Kammern wäre vermutlich bei jeder Einzelmaßnahme der Widerstand ausreichend gewesen, um die Gesetze scheitern zu lassen. Alles zusammen aber bedeutet, in Trumps eigenen Worten: „Da ist für jeden etwas dabei“ – Kröten schlucken gehört halt dazu.

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Brutale Machtausübung

Das zweite Kriterium für Trump war und ist reine und brutale politische Machtausübung. Wer auch immer ernsthaft drohte, das Gesetz scheitern zu lassen, sah sich sofort im Auge eines von der Trump-Maschine angefachten politischen Sturms. Und hatte vermutlich beste Chancen auf ein Karriereende spätestens nach den innerrepublikanischen Vorwahlen vor den midterm elections 2026. Die Angst der Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen vor Trump ist größer als die Angst vor ihren Wähler*innen.

Die meisten Präsidenten bekommen in ihrer Amtszeit ein wichtiges Vorhaben durch den Kongress, das dann als ihr gesetzgeberisches Markenzeichen in die Geschichte eingeht. Das hat Trump jetzt geschafft – er braucht den Kongress ab jetzt nicht mehr. Die Frage, wie die republikanischen Abgeordneten in ihren Wahlkreisen erklären, warum so viele plötzlich ohne Krankenversicherung dastehen oder nichts mehr zu essen haben, interessiert ihn nicht mehr.

Ob die De­mo­kra­t*in­nen 2026 eine oder beide Kongresskammern zurückerobern, kann ihm egal sein. Was er vom Kongress wollte, hat er jetzt bekommen. Alles weitere kann er mit Dekreten regeln, wie er es ohnehin die ganze Zeit tut.

Das kommende Jahr wird zwar auch vom Wahlkampf für die midterm elections im November geprägt sein. Für Trump aber wird etwas anderes im Mittelpunkt stehen: Längst hat das Weiße Haus eine Taskforce zur Feier des 250. Geburtstages des Landes, sprich, der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung 1776 eingerichtet. In allen Landesteilen und mit großem Pomp wird gefeiert werden – und demjenigen gehuldigt, der „Amerika wieder großartig“ gemacht hat. Trump wird es genießen.

Vielleicht schafft es die Regierung, die schlimmsten sozialen Auswirkungen des jetzt verabschiedeten Gesetzespakets auf die Unter- und Mittelschicht auf nach den Wahlen 2026 zu verschieben, vielleicht gelingt es ihr auch, alle sozialen Verwerfungen mit nationalistischem 250-Jahre-USA-Jubel zu übertünchen.

Sicher scheint: Mit dem Gesetz, der haushalterischen freien Hand, die Trump dadurch gewinnt, und den verschiedenen Urteilen des Obersten Gerichtshofes gegen jegliche juristische Kontrolle des Regierungshandelns kann Trump ab jetzt einfach vollkommen freidrehen. Er muss niemanden mehr überzeugen und hat niemanden zu fürchten.

Für Millionen Geringverdienende, für Menschen ausländischer Herkunft – mit oder ohne gültige Aufenthaltspapiere –, für seriöse Medienschaffende, für trans Personen und viele mehr hingegen hat die Hölle des Trumpschen Staatsumbaus jetzt gerade erst richtig begonnen.

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17 Kommentare

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  • „Die Angst der Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen vor Trump ist größer als die Angst vor ihren Wähler*innen.“ Bedeutet einfach, das alle die dafür gestimmt haben bereit sind für ihre Karriere, Macht und natürlich auch Geld ihr Land zu verkaufen und durch die Unterstützung der restlichen Trump- Politik auch bereit sind, ihre Demokratie zu opfern. Und das von der Partei die bei jeder Gelegenheit die founding fathers und die constitution anbringt wenn es ihnen passt, naja und Gott sowieso. Komisch das sich gerade immer die angeblich christlichen Parteien so unchristlich verhalten… ist ja hier in Deutschland auch nicht anders.



    Ich sehe bisher auch nicht das von den republikanischen Wählern groß Widerstand kommt… vielleicht jetzt wenn die ersten merken das es auch den eigenen Geldbeutel trifft, aber darauf wetten würd ich nicht.



    Und Medicaid ist für Geringverdiener, dazu muss man aber auch sagen, dass ein Drittel der Empfänger Menschen mit Behinderungen sind, die jetzt besonders Angst hatten, das sie notwendige Behandlungen nicht mehr erhalten, was zu immensen Einschränkungen führen kann und auch deren Gesundheit gefährden kann.

  • Das Volk bekommt genau das was sie gewählt haben.



    Einen koruppten verurteilten Verbrecher mit seiner Gang.



    Sollen sie damit glücklich werden.

  • Ist es bei uns so viel anders?



    Die Mehrheit hat eine Regierung gewählt, die "keine neuen Schulden" und "sinkender Strompreis für die Bürger" versprochen hat.



    Geliefert wird und jetzt eine Regierung mit historischer Rekordverschuldung und sinkenden Strompreisen, aber nur für die Lobby, nicht die Bürger.



    Finanziell gesehen haben wir den gleichen Mist in Schwarz/rot.

    • @Hans Dampf:

      Die neuen Schulden zum Zweck der Aufrüstung sind zu einem Großteil Trump zu verdanken, weil man sich inzwischen nicht mehr sicher sein kann, ob die USA die übrigen Nato-Staaten im Fall eines Angriffs unterstützen werden. Es sei auch daran erinnert, dass Trump Spanien Extra-Zölle angedroht hat, weil der spanische Regierungschef meinte, es reiche, 2 anstatt 5 Prozent des BIP ins Militär zu investieren.



      Fazit: Neuverschuldung und Sparpolitik in Deutschland sind eine Konsequenz US-amerikanischer Politik und weniger eine parallele Entwicklung.

    • @Hans Dampf:

      Nicht nur finanziell gesehen...

  • Ja, was hat der Dumb Debile Don seinem Land da eingebrockt?



    Die USA schaffen sich ab. Bislang hat noch jedes Imperium sein Ende gefunden.



    Schade, wir könnten vernünftige USA zur Zeit ganz gut gebrauchen. Hoffentlich setzt sich die Einsicht wirklich durch, dass es jetzt auch ohne gehen muss.

    • @Carsten S.:

      Nein, die USA schaffen sich nicht ab, sondern diese Gesellschaft zeigt sich jetzt ganz offen als eine Oligarchen-Herrschaft mit Trump als Ober-Oligarch.

      Das, was vorher eher verdeckt, versteckt und verschämt war, tritt jetzt einfach ganz offen und ungeniert nach außen.

      • @Uns Uwe:

        Die Stimmung ist das eine.



        Die Realität ist etwas anderes. Die USA Zahlen jetzt schon mehr Zinsen, als sie fürs Militär ausgeben. Jetzt noch ein satter Schuldenschub. Das wird lustig.



        😁

  • Was mir nicht in den Kopf geht ist, wie so viele Menschen gegen ihre eigenen Interessen wählen können.



    Das kann nur daran liegen, dass das eh schon marode public school system durch die Republikaner weiter eifrig demontiert wird um das Volk dumm zu halten. Denn wer in die Sonntags- oder kirchliche Schule geht anstatt was Richtiges zu lernen, dem reichen dann god and guns als Wahlversprechen - auch wenn das bisschen Krankenversicherung weg ist und er kaum was zu beissen hat.

    • @Resistor:

      Der Wert einer richtigen Krankenversicherung ist den meisten Amerikanern unbekannt und klingt zu sehr nach Sozialismus. Und vor dem haben die meisten Amerikaner mehr Angst, als vor Tod und Teufel.

  • Die Frage ist wie lange werden sich die "Unterdrückten" das dann alles gefallen lassen. Ich wundere mich immer noch wie "ruhig" es in den Staaten noch ist.

    • @Captain Hornblower:

      Das Problem ist, dass das Aufhetzen der unteren Schichten gegeneinander seit Jahrtausenden ziemlich gut funktioniert. Bei uns ja auch.

      Nur ab und zu (zu selten) bricht was los und die Herrschenden wundern sich dann, wenn sie plötzlich von einer Guillotine stehen...

  • Das amerikanische Volk hat entschieden!



    Und die Mehrheit war für Trump.



    Oder etwa nicht ?

    Wir haben ja auch den Merz den keiner will ...

  • Irgendwann wird das ganze System zusammenbrechen und Trump einfach an Altersschwäche sterben. Hoffen wir auf das Beste danach.

    • @Felix Lindner:

      Dann kommt Vance. Der ist noch schlimmer.

      • @Jelli:

        Befürchte ich auch.

    • @Felix Lindner:

      ... und dann kommt Vance.



      5 1/2 Monate sind geschafft. 42 1/2 müssen wir noch überstehen. Und dann hoffen, dass sich unsere Brüder und Schwestern jenseits des Atlantiks nicht wieder verwählen. Wobei ich mir da nicht so sicher bin.