Trump, Frieden und Wahlkampf: Sie verlassen jetzt den demokratischen Sektor
Der Machtwechsel in den USA steht im Zeichen der Prostitution à la Bezos und Gates. Wie stehen die Chancen auf Trump als Friedensbringer?
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Biden-Administration tritt ab.
taz: Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: Antrittsgeschenk: Haben wir noch welche von diesen „Sie verlassen jetzt den demokratischen Sektor“-Schildern?
taz: Donald Trump hat angekündigt, nach Amtsantritt binnen einem Tag den Ukraine-Krieg zu beenden. Haben wir morgen Frieden?
Küppersbusch: Dann ginge der Pokal für die dümmste Regierungskrise aller Zeiten noch on top an Christian Lindner: Wie stünden AfD und BSW im September da, wenn das Thema gelöst wäre? Doch die FDP wollte es unbedingt vorher krachen lassen, solange die Radikalinskis sich noch als Friedensengel ausgeben können. Trumps Frieden wird das sein, was man bekommt, wenn man selber keinen macht: schlecht. Siehe Grönland und Panama findet die neue Administration Gebietsabtretungen dufte, das stärkt Kollege Putins Sicht. Besteht „der Westen“ auf der Nato-Mitgliedschaft, wird die Ukraine so geteilt sein, wie Deutschland es 40 Jahre war. Einen Lieferdeal später ist Nordstream2 die beste Idee, an der Russen und Amis je Geld verdient haben. Inzwischen will Trump mit Putin telefonieren, ihn „bald treffen“ und sein Gesandter Kellogg hält inzwischen „100 Tage für optimistisch“. Trump wird’s in 24 Stunden beenden, unklar ist, wann die sind.
taz: Der Bundeskanzler will vor der Bundestagswahl keine weiteren Hilfen für die Ukraine bewilligen. Plant Scholz den Friedensschluss mit Putin?
Küppersbusch: Ein Wahlkampf-Festival der Schuldzuweisungen ist nicht ganz das, was die Position der Ukraine stärken könnte. Die Grünen giften gegen den Zauderer Scholz, statt ihre komfortable Mehrheit mit FDP und Union umzusetzen: unehrlich. Die FDP fordert Ausgaben und teufelt gegen Ausgaben. Die SPD schützt Rentner und Arme, außer denen in der Ukraine. Da ist doch für jeden was dabei, außer für den Frieden.
taz: Elon Musk und Mark Zuckerberg sind Ehrengäste bei Trumps Inauguration. Sie stehen mit herkömmlichen Medien und Staaten auf Kriegsfuß. Ist erst wieder Frieden, wenn alle ihre Social-Media-Accounts gelöscht haben?
Küppersbusch: Auch Jeff Bezos und Bill Gates haben Trump inzwischen gelikt, überraschend starke Argumente für ein Verbot der Prostitution. „Atlantiker“ wird man künftig daran erkennen, dass sie diese Bande nicht „Oligarchen“ nennt. Längs der „NSA-Affäre“ 2013 forderte Kanzlerin Merkel ein „europäisches Facebook“, ihr Vergleich mit Airbus ging im Gelächter der ExpertInnen unter. Wer mit einem Medium Geld verdient – durch Verkäufe und Werbung –, kann eine Tendenz verfolgen und haftet für die Inhalte. Das ist der klassische Verlag. Das ist nun aufgespalten in Geld verdienen, Meinung machen – und andererseits null Verantwortung. „Man muss ja nicht bei X sein“ ist die klassische Antwort der evangelischen Studentengemeinde auf die naheliegende Frage: Warum muss X sein?
taz: Nach der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas: Zieht jetzt der Frieden in Nahost ein?
Küppersbusch: Das Abkommen hat eine ungewöhnlich lange Laufzeit über mehrere Stufen. Die Gefahr, nach einer ersten Geiselfreilassung mit einer zünftigen Provokation den Krieg fortzusetzen, ist inzwischen zur Forderung geworden: Rechtsextremist Ben-Gvir tritt zurück und macht gern wieder mit, wenn der Krieg weitergeht. Damit gerät Netanjahu unter Druck. Ein Nebenaspekt mit erheblichem Hebel: In und um Gaza wurden laut Reporter ohne Grenzen 130 JournalistInnen getötet. Wir wissen nicht, worüber wir reden.
taz: Einer neuen Studie zufolge haben ein Drittel der Deutschen kein Vertrauen mehr in die Demokratie. Ist die Demokratie schuld an dieser Vorkriegsstimmung?
Küppersbusch: Nein, sie ist der erschreckend dünne Firnis über der unausrottbaren Sehnsucht nach Autorität. Demokratie kann nur halbleere Gläser, Autorität volle Illusionen. Demokratie ist die Putzkolonne hinterher.
taz: Wird die FDP nach der Bundestagswahl in Frieden ruhen?
Küppersbusch: Nein, sie hat bewiesen, dass man hirntot mitregieren kann.
taz: Die taz legt in dieser Woche ihren Schwerpunkt auf das Trendthema Krieg und Frieden. Hat sie dafür den Kriegsverhinderungsnobelpreis verdient?
Küppersbusch: Die Ampel und die Union hatten das Thema „Frieden“ zur Adoption freigegeben. Es gibt aber etwas zwischen „Putinknecht“ und Waffenrasseln. Das zurückzuholen, ist heilige vaterländische Pflicht.
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: Kauft wie wild um sich, um vom Abstiegsplatz zu klettern. Jetzt heißt es wieder: Namen büffeln.
Fragen: Doris Akrap
Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und würde wieder verweigern
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