piwik no script img

Trump-Beraterin Paula WhiteEine unheilige Allianz

Mit Ekstase hat eine Trump-Beraterin für Aufsehen gesorgt. Die Evangelikale verkörpert die Zweckehe von Religion und Staat in den USA.

Trump und die Pastorin Paula White im Januar bei der Veranstaltung „Evangelicals for Trump“ Foto: Imago

Wien taz | Als Paula White am Mittwochabend aufs Podium trat, um für Trumps Wiederwahl zu beten, konnte sie den Verlauf der nächsten Stunden nicht ahnen: Innerhalb kürzester Zeit sollte ihr Gottesdienst sie zur weltweiten Spottfigur und Steilvorlage von Memes machen.

Das millionenfach geteilte Video zeigt die Fernsehpredigerin und spirituelle Beraterin des US-Präsidenten in der Kirche City of Destiny in Apopka, Florida, im ekstatischen Gebet. Mit vollem Körpereinsatz spricht White von Wahlbetrug, Fehlberechnungen und Versuchen, die Wahl zu stehlen. „Ich höre den Klang des Sieges“ und „Der Herr sagt, es ist getan“, wiederholt sie immer wieder, ruft Engel herbei und verfällt dabei auch in Zungenrede.

Diese Art der Kommunikation mit Gott in einer unverständlichen, vom Heiligen Geist eingegebenen Sprache, ist als Ausdrucksform des Glaubens vor allem bei Pfingstler*innen beliebt. Diese sind eine evangelikale Bewegung, die um die Wende zum 20. Jahrhundert in den USA entstand.

Auch White zählt zu den Pfingstler*innen. Das intensive Gebet wird zur spirituellen und gefühlsgeladenen Erfahrung. Engel und Dämonen liefern sich einen Kampf um die menschlichen Seelen. Wer im Wahlkampf die Dämonen sind, muss die erzkonservative Predigerin ihrem Publikum nicht erklären.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Nicht zum ersten Mal sorgt die 54-Jährige für Schlagzeilen. White überlebte Skandale, zwei gescheiterte Ehen und konnte sich dennoch trotz männlicher Konkurrenz aus den eigenen Reihen behaupten.

Seit 2019 ist sie offiziell im Rahmen der „Faith and Opportunity Initiative“ in der Öffentlichkeitsarbeit des Weißen Hauses tätig und sollte dem Präsidenten zur Wiederwahl verhelfen. Ob es ihr gelungen ist, wird sich mit der Auszählung der Stimmen noch zeigen. Whites Wahlheimat, den Swing-State Florida, konnte Trump bereits für sich gewinnen.

Whites Vermögen wird auf mehrere Millionen US-Dollar geschätzt. Ihre Zugehörigkeit zum sogenannten Wohlstandsevangelium macht sie selbst unter konservativen Evangelikalen und Pfingstler*innen zur umstrittenen Figur. Nach dieser theologischen Auffassung sind Geldvermögen und Erfolg der sichtbare Beweis für die Gunst Gottes.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

„Alle ernstzunehmenden Prediger*innen im Land stehen dem Wohlstandsevangelium kritisch gegenüber“, erklärt Todd Deatherage, evangelikaler Christ und ehemaliges Regierungsmitglied. „Früher hätte jemand wie Paula White bei Evangelikalen als Randerscheinung gegolten und wäre kaum beachtet worden. Trump hat Menschen wie ihr eine Plattform für ihre Stimmen gegeben und plötzlich gehören sie zum Mainstream.“

Die langjährige Vertraute Trumps gilt vielen als Schlüsselfigur für eine unheilige Allianz zwischen evangelikalen Christen und dem US-Präsidenten. 2016 stimmten 80 Prozent aller weißen evangelikalen Christ*innen für Trump.

Bei seiner Amtseinführung hielt White eine Rede. Immer wieder verteidigte sie den Präsidenten öffentlich, denn: Gott habe ihn auserkoren, um auf Erden als Präsident zu wirken. Beweis dafür sei seine Politik.

Tatsächlich hofierte Trump evangelikale Christ*innen wie kein anderer US-Präsident, wobei er stets seine angestrebte Wiederwahl im Blick gehabt haben dürfte. So verlegte er 2018 – nach eigener Aussage „für die Evangelikalen“ – als erster Staat weltweit die Botschaft der USA in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem. Im Januar dieses Jahres nahm er als erster US-Präsident und erklärter Abtreibungsgegner am alljährlichen „Marsch zum Leben“ teil.

Für evangelikale Christ*innen wie Paula White ist Trump ein Mittel zum Zweck, um konservative Politik zu machen. Der Präsident wiederum braucht die Evangelikalen für weitere vier Jahre im Weißen Haus – eine Zweckehe, die die Trennung zwischen Staat und Kirche in den letzten Jahren immer weiter verwischt hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • Mit diesem Coming Out Zungengebete, Zungenrede Spektakel der Paula Whites in öffentlicher Sitzung in der Kirche City of Destiny in Apopka, Florida im Endsieg Wahlkampf Donald Trumps 2020 um sein Präsidenten Amt „Ewig Betrogenen“ hat der Handkorb selbstgestrickte Nähkästchen Voodoo Populismus seine evangelikal geheim heiligen Stätten verlassen, digitalisiert in jeden Haushalt per Youtube Tastendruck gelangt Ausverkauf der Spiritualität unsere späten Tage zum Letzten Klimakrisen Gefecht voranzutreiben, dass die Stakkato Sprühteufel Sprachfetzen im krass zelebriert flügellos monotonen Wiederhol Modus fliegen, bis der Arzt kommt, auf Rezept verschreibt Politik sakrosankt daherkommend unabdinglich durch Posen zu ersetzen “Wir wollen nichts wirklich aber das von ganzen Herzen seit gestern Sofort“.

    Demnächst feiert Voodoo Populismus völkisch gesättigter AfD mit Aice Weidel, Alexander Gauland an der Spitze mit Zitter Gruppentanz im Bundestagswahlkampf 2021 feierlich unheilige Urstände unter frohlockender Heiliger Bimbam Losung „Geiler Wahlkampf das, dass ich dabei gewesen, Zittertanz gezittert, vergessen habe zu wählen, vor allem wen?“

  • Man wird da nicht viel interpretieren müssen. Es geht um Geld und Macht.



    Und sonst gar nix. Das schweißt zusammen und alles andere ist Mittel zum Zweck.

  • Offensichtlich ist vielen evangelischen Christen nicht klar, daß das im Text als "Wohlstandsevangelium" bezeichnete Credo essentieller Bestandteil aller Glaubenslehren ist, die von den Reformatoren des 16.Jahrhunderts vertreten worden sind. Die Vorstellung, daß beruflicher Erfolg und Wohlstand die Gunst Gottes anzeigen, findet sich bei Calvin, Zwingli und in schwächerer Form auch bei Luther. Diese Vorstellung war auch ein wesentlicher Grund für den Erfolg der Reformationsbewegung und später auch für den wirtschaftlichen Erfolg der Vereinigten Staaten. Es besteht also kein Grund, sich jetzt von solchen Vorstellungen zu distanzieren, falls man evangelischer Christ ist.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Zitat: „Ich höre den Klang des Sieges“ und „Der Herr sagt, es ist getan“, wiederholt sie immer wieder, ruft Engel herbei und verfällt dabei auch in Zungenrede.

    Kaum zu glauben, dass sowas heutzutage noch stattfindet.



    Aber ich empfehle das Buch "Fliegen ohne Flügel : Eine Reise zu Asiens Mysterien von Tiziano Terzani.



    Dort wird auch geschildert, wie Staatsmänner sich von ihren Schamanen und Wahrsagern bei politischen Entscheidungen haben leiten lassen.

    Peinlich, oberpeinlich, krank!!!

    • 0G
      02881 (Profil gelöscht)
      @17900 (Profil gelöscht):

      Na ja, nicht jeder ist so unempfänglich für das Spirituelle und erst recht in Kulturen die nicht christlich-westlich geprägt sind.

      Aber auch die Briten z.B. haben da eher einen Zugang. So schreibt heute die Zeit (und man beachte die Wortwahl): "Der britische Guardian hingegen geht davon aus, dass mit der Niederlage Trumps auch sein "bösartiger Zauber (…) bald gebrochen werden" könnte.

  • Heilige Scheiße! Das denen das nicht peinlich ist!

  • Mir deucht, die Anhänger dieses Wohlstandsevangeliums sind in einem Entwicklungsstadiums des christlichen Glaubens von vor über 2000 Jahren hängengeblieben, als es noch das Goldene Kalb gab.



    Mit Religion und christlichem Glauben scheint das m.E. nicht viel zu tun zu haben, vielmehr mit "glauben" im Sinne von "irgendwas glauben" - in meinen Augen ein "Pipi-Langstrumpf-Glauben" ("mache mir die Welt, wie sie mir gefällt"). Christliche Kern-Ideale mit sozialen Aspekten würde ich darin eher nicht vermuten.

    • @Alfonso el Sabio:

      Es war in 2000 Jahren christlicher Geschichte Lieder ziemlich gang und gebe, sich im Krieg des göttlichen Beistandes zu versichern. Und ja, die Wurzeln solcher Rituale sind viel älter als das Christentum. Wie übrigens auch sehr viele andere Komponenten dieser interessanten und vielschichtigen Religion. Sie auf ihre "sozialen Aspekte" zu reduzieren würde auf die leeren Bänke lutherischer Kirchen hinauslaufen.



      All diejenigen, die hier nur Hohn und Spott über die Evangelikalen auskübeln sollte sich klar machen, dass es sich um die am schnellsten wachsende Glaubensgemeinschaft weltweit handelt.

    • @Alfonso el Sabio:

      Lesen Sie sich mal wieder ein in die christlichen Schriften.

      Da goldene Kalb gab es vor 2000 schon länger nicht mehr. :-)

      Es ist nun wirklich nicht Teil des Urchristentums.

      Man sieht, es gibt auch Pipi-Langstrumpf-Atheisten.

      • 0G
        02881 (Profil gelöscht)
        @rero:

        "Man sieht, es gibt auch Pipi-Langstrumpf-Atheisten." Sehr schön!

  • bei ihrer extasischen art ...

    zu beten, hatte ich wirklich komische gedanken, über das, was in ihr vorgehen könnte.

  • Vielen Dank an die Taz und die Autorin für die Einordnung des verstörenden Auftritts der "Priesterin" in jenem Video.

  • Sollte die Kirche in Deutschland auch mal versuchen, vielleicht gewinnt man damit Mitglieder. Die enttäuschten FDP-Wähler zum Beispiel werden sicher gerne hören, daß ihr Wohlstand eine göttliche Auszeichnung ist. (Das glauben sie nämlich sowieso schon.)

    • @kditd:

      Das versuchen die nicht nur, das machen die Kirchen in Deutschland. Nur wesentlich diskreter, als im Ami-Land.



      Seit mindestens 25Jahren haben die Zahl der religiösen Sendungen im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk aber auch in den sog. "Privat"-Sendern stetig zugenommen und auch bei weltlichen Themen werden zunehmend kirchliche und religiöse Aspekte besprochen.



      Universitäten sind sich nicht zu blöd, Veranstaltungen, z.b. mit Studium-BeginnerInnen, in großen Kirchen abzuhalten u.s.w.

      • @Wagenbär:

        Der Erfolg dieser "Werbekampagne" darf aber als zweifelhaft gesehen werden, nie war die Zahl der Kirchenaustritte so hoch, wie in den letzten Jahren und – wie blöd aber auch – die jungen Leute gucken oft gar kein klassisches TV mehr. Damit erreicht man also bestenfalls die Leute, die eh nicht mehr ewig lang leben werden. Kann also zumindest für DE nicht erkennen, dass die Kirchen damit wirklich erfolgreich sind, etwas anderes ist wirksamer: Die "kirchlichen" Träger betreiben mit Staatsknete Kindergärten und zum Teil auch Schulen, das ist definitiv wirksamer, als TV-Sendungen, die sich ohnehin nur die Leute ansehen, die sich darin in ihrer Meinung bestätig fühlen. Der "klitzekleine" Finanzskandal der katholischen Kirche aktuell im Vatikan kann jedenfalls durch Fernsehsendungen nach deutschem Muster nicht wett gemacht werden. Das wird weitere Schäfchen kosten. Die Kirche hat kein Vermittlungsproblem, sie scheitert daran, dass sie für Werte eintritt, an die sie sich selbst nicht zu halten bereit ist. Das ist unter Marketinggesichtspunkten eher ungünstig. wenn man Moral predigt.

        • @Lee Ma:

          Sie scheinen zu unterstellen, dass der Vatikan "die Kirche" ist und alle Christen vertritt. Hätte der Papst gernes so, ist aber nicht der Fall.



          Während das katholische Bistum Mainz gerade 7 Schulen schließt - angeblich aus finanziellen Gründen - hat die evangelische Kirche gerade ein Rettungsschiff angeschafft und auf das Mittelmeer geschickt.



          Und dann gibt es noch die Freikirchen etc.



          Und ja, die Amtskirchen haben reichlich Austritte - aber die Freikirchen wachsen. Gut möglich, dass es auch in Deutschland bald Kampagnen gibt, die im Biologie-Unterricht die sexuelle Aufklärung verbieten wollen oder die Erklärung von Evolution.

          • @Mainzerin:

            So ist es. Es gibt überall neue Freikirchen, und die sind wirklich gefährlicher als die alten katholischen und evangelischen Kirchen, die nur an Weihnachten voll sind. Da entstehen Parallelwelten, die mit unserem logischen Denken nicht mehr zu erreichen sind. Deutschland hinkt den USA irgendwie ständig hinterher, im Guten wie im Schlechten. Aktuell auch: Bei uns in der Kleinstadt gibt es gerade mindestens 60 Neuinfizierte, ursächlich von so einem 'Gottesdienst', bei dem sich angeblich alle an die Regeln gehalten haben.

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    ... oh Gott.



    Und was hätte ich als junger deutsche Seefahrer für einen US-Pass gegeben ...