Treffen von Israel und arabischen Staaten: Neue Freunde zu Besuch
Israel empfängt erstmals gleich vier Außenminister arabischer Staaten. Mit dem US-Außenminister senden sie ein Signal an Iran und die Palästinenser.
Zum ersten Mal in der Geschichte Israels werden die Außenminister von vier arabischen Ländern zu einem Treffen auf israelischem Boden kommen. Es sind mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Marokko diejenigen Länder, welche die vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump ausgehandelten Normalisierungsverträge mit Israel unterzeichnet haben. Dazu wird auch Ägyptens Außenminister Sameh Shourky erwartet und Blinken ist bereits da.
Neben öffentlichkeitswirksamen Hochglanzbildern bietet der Gipfel in erster Linie eine Inszenierung von Einigkeit und Stärke gegenüber dem gemeinsamen Kontrahenten Iran. Die sunnitisch geprägten arabischen Eliten der Golfstaaten wollen wie Israel und die USA verhindern, dass der Iran zu einer Atommacht wird.
Dass der Gipfel zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem die Unterzeichnung eines neuen, in Wien ausgehandelten Atomabkommens zwischen Teheran und internationalen Vertreter*innen unmittelbar bevorsteht, ist kein Zufall. Doch bei aller Inszenierung von Einigkeit ist der Ausgang der Gespräche in Sachen Iran unklar. Die USA sind nach wie vor von der Wichtigkeit eines erneuerten Atomabkommens überzeugt – Israel ist dagegen.
Interesse an Öl und Gas vom Persischen Golf
Blinken und Lapid bemühten sich dennoch, Einigkeit zu zeigen. „In der wichtigsten Frage des iranischen Atomprogramms, nämlich der Verhinderung des Erwerbs einer Atomwaffe durch den Iran, sind wir einer Meinung“, sagte Blinken. Doch auch die Golfstaaten reagieren verhalten auf die Möglichkeit eines Atomabkommens und sorgen sich, dass es dazu führen könnte, dass der Iran in der Region wagemutiger wird. Bereits in den letzten Monaten hatten die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen Raketen- und Drohnenangriffe auf die Vereinigten Arabischen Emirate gestartet.
Auch der Ukrainekrieg dürfte auf dem Programm stehen. Angesichts der weltweiten Abhängigkeit von russischem Öl und Gas – die USA haben inzwischen den Import von russischem Öl gestoppt – wächst das Interesse an fossilen Brennstoffen vom Persischen Golf wieder.
Die palästinensische Frage hingegen wird bei dem Treffen wohl weitgehend unter den Tisch fallen. US-Außenminister Blinken betonte zwar in der Pressekonferenz mit Israels Außenminister Lapid, dass die US-Außenpolitik weiterhin einer Zweistaatenlösung verpflichtet bleibe. Außerdem stand für Blinken am Sonntag noch ein Abstecher nach Ramallah und Ostjerusalem auf dem Kalender. Doch das täuscht die Palästinenser*innen nicht darüber hinweg, dass der Gipfel nicht nur ein Zeichen an den Iran, sondern auch an sie ist.
„Der heute im Negev stattfindende Gipfel ist kein Friedensgipfel, sondern ein weiterer Schritt zur Verwirklichung des strategischen Ziels der israelischen Regierung, die palästinensische Frage an den Rand der Tagesordnung zu drängen“, heißt es in einer Erklärung der Vereinigten Liste, einem Zusammenschluss arabisch-israelischer Parteien.
Ausklammerung der palästinensischen Frage
Das Treffen in Sde Boker in der Negevwüste abzuhalten und nicht im umstrittenen Jerusalem, mag ein Eingeständnis an Empfindlichkeiten der arabischen Länder gewesen sein. Doch ist Sde Boker als Kibbutz des Staatsgründers David Ben Gurion auch ein aussagekräftiges Symbol und Zeichen dafür, dass die arabischen Länder die palästinensische Frage weitgehend ausklammern können.
Der Gipfel findet zudem auf den Tag genau zwanzig Jahre nach dem legendären Treffen von Anführern arabischer Länder in Beirut statt, das zur Unterstützung der Palästinenser*innen anberaumt worden war und aus dem die Arabische Friedensinitiative hervorging.
Und so dürfte der Gipfel aus Perspektive der Palästinenser*innen die Antithese zum Treffen der Arabischen Friedensinitiative vor zwanzig Jahren darstellen: Wenn über sie gesprochen wird, dann in geschlossenen Räumen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung