Transparenzregeln und Lobbyregister: Ein hübsches Pflaster

Die Union stimmt jetzt Transparenzregelungen und dem Lobbyregister zu. Ein wirklicher Wurf ist das aber nicht. Der legislative Fußabdruck fehlt ganz.

Licht und Schatten im Bundestag

Schattenspie im Bundestages: Details zur Lobbyistentätigkeit für Abgeordnete bleiben im Dunklen Foto: dpa

Der Schaden, den die Korrup­tionsvorwürfe gegen mehrere Unionsabgeordnete anrichten, ist immens. Führende Leute von CDU und CSU haben sich wohl an der Coronapandemie persönlich bereichert, an einer Krise, die bisher über 75.000 Menschen das Leben gekostet und viele Existenzen zerstört hat und die das ganze Land in einen permanenten Ausnahmezustand zwingt. Dass die Union nun überstürzt ihren jahrzehntelangen Widerstand gegen härtere Transparenzregeln für Parlamentarier aufgibt, um den Schaden zu begrenzen, ist ein kleiner Fortschritt – mehr aber auch nicht.

Natürlich ist es richtig, dass die Große Koalition endlich die Offenlegung von Gesellschaftsbeteiligungen verschärft. Auch dass Abgeordnete künftig Nebeneinkünfte ab 1.000 Euro im Monat angeben müssen, geht in die richtige Richtung. Aber warum eigentlich keine Transparenzpflicht ab dem ersten Euro?

Die Diäten und Pensionsansprüche von Abgeordneten sind so bemessen, dass es sich davon sehr gut leben lässt. Wer sich nebenher auf ehrliche Weise etwas dazuverdient, sei es als Anwältin, sei es als Vortragsreisender, dürfte kein Problem damit haben, die Beträge anzugeben. Viele Abgeordnete veröffentlichen jetzt schon freiwillig ihre Einkünfte, als vertrauensbildende Maßnahme. Solche hat die deutsche Demokratie dringend nötig.

Die gravierendste Lücke in dem Groko-Kompromiss aber ist, dass der sogenannte legislative Fußabdruck fehlt, also eine Dokumentation, wie welche Interessenvertreter an Gesetzesentwürfen beteiligt waren. Durch sie könnten BürgerInnen nachvollziehen, wer auf einzelne Gesetze Einfluss hatte. Lobbytätigkeit an sich muss nicht problematisch sein, Unternehmen, Gewerkschaften oder Umweltschutzverbände dürfen ihre Positionen in die Politik einbringen. Aber sie sollten es nach nachvollziehbaren Regeln tun. Die BürgerInnen – pathetisch gesagt: der demokratische Souverän – haben das Recht auf diese Informationen, um sich eine Meinung bilden zu können.

Die Union verpflichtet sich nur unter dem Eindruck handfester Affären zu ein bisschen mehr Transparenz. Sie hat offenbar kein Interesse daran, ein großes Problem zu beheben – sondern setzt auf hübsche Pflaster.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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