Transformation in der Bundesliga: Die Tradition guter Arbeit
Sorry, Köpenick, aber der FC Bayern wird ganz bestimmt wieder Meister. Und doch tut sich etwas im oberen Drittel der Tabelle.
D a ja morgen der deutsche Immer-Meister FC Bayern beim französischen Immer-Meister FC Katar antritt, ist ein angemessener Zeitpunkt, um zu fragen, was aus dem Werte-, Werteverfall- und Antikapitalismus-Gestöhne geworden ist, das die jüngste Fußball-WM begleitet hat. Von moralisch grundierten Fernsehboykotten des Champions-League-Achtelfinales ist bisher nichts bekannt, die Fragen drehen sich eher darum, wer von den drei sich zu 100 Prozent im Besitz der Katar Holding befindlichen Superweltstars (Messi, Mbappé, Neymar) spielen kann und wer nicht.
Das heißt nicht, dass die zunehmende Entfremdung mancher Stakeholder des Fußballs, vulgo: Hardcorefans, gestoppt wäre, es heißt aber schon, dass die Spiele weitergehen müssen. Auch und besonders für die, deren Herz sehr stark daran hängt. Was sollen die denn sonst tun und sprechen und fühlen?
Jedenfalls werden in der Fußballsprechbranche im Moment wieder die rituellen Rosenkränze runtergerasselt, mit denen jemand anders als der FC Bayern als Meister herbeigebetet werden soll. Womöglich gar ein Team aus einem establishmentwiderständigen Dorf im Osten des Landes, das selbst von Berlin aus kaum einer jemals bereist hat: Köpenick oder so.
Träumt weiter!
Dream on, kann ich da nur sagen, was sich überhaupt nicht gegen Union richtet, sondern sich auf die Verhältnisse bezieht. Die sind so, dass die Gründung der Champions League vor 30 Jahren zu einer eklatant zunehmenden Ungleichheit geführt hat und dazu, dass Bayern Fuckin' München in der Zeit Milliarden Euro mehr einnahm als alle anderen Bundesligateams. Selbst zum BVB ist der Abstand gewaltig.
Ja, es läuft nicht alles rund bei den Bayern, aber selbst in dieser Phase ist es erschütternd zu sehen, wie andere Teams den Münchner Kombinationen hinterherhecheln und fast immer ein mindestens gleich guter, wenn nicht noch besserer und noch schnellerer Bayern-Spieler den Ball übernimmt. Bayern Nichtmeister? Die Idee ist gut, aber unrealistisch.
Und dennoch vollzieht sich in der Bundesliga eine Transformation. Es ist eine der oberen Tabellenhälfte, vielleicht sogar des vorderen Drittels. Man kann den Paradigmenwechsel daran erkennen, dass Leute inzwischen ohne Ironie sagen, der SC Freiburg „schwächle“, wenn er mal nicht auf einem Champions-League-Platz steht.
Freiburg und Union sind zwei Unternehmen, die zeigen, dass selbst im globalisierten Aktien-, Unternehmens- und Milliardärsbesitzer-Fußball noch ein gehobener Platz möglich ist, wenn ein paar smarte Leute zusammenkommen und die zentralen Positionen besetzen. Man kann sagen, dass der SC Freiburg der moderne Traditionsclub ist, dessen Tradition eben nicht in einem Meistertitel von 1931 besteht, sondern seit Volker Finke in 30 Jahren schlauer Arbeit.
Was die klassischen Traditionsclubs angeht, so gibt es die, deren Tradition das Lamentieren ist, dass früher alles besser war (HSV, Schalke, Hertha, Stuttgart, Kaiserslautern). Es gibt aber auch die, die sich against all odds tatsächlich runderneuert haben, zum einen ist das Mönchengladbach und zum anderen ein besonders erstaunlicher Fall: Champions-League-Achtelfinalist Eintracht Frankfurt. Früher hätte man das ein Fußballwunder genannt, aber da es so was nicht mehr gibt, muss es gute Arbeit sein.
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