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Tourismuswachstum in BerlinImmer mehr Touris und weiter keinen Plan

In Berlin entstehen aktuell 10.000 neue Hotelbetten. Die Grünen fordern eine stadtweite Hotelplanung, um tourismusgebeutelte Kieze zu schützen.

Sie lungern überall herum und verändern die Kieze nachhaltig: Touristen Foto: IMAGO / Jürgen Held

Berlin taz | Partytouristen, die sich durch die Kreuzberger Oranienstraße pressen, Menschenmassen, die in Mitte Bier saufen und dann nachts betrunken vom E-Roller fallen: An vielen Orten der Stadt sorgt der übermäßige Tourismus inzwischen für unschöne Szenen. Und das Problem dürfte nur größer werden. So werden in der Stadt aktuell mindestens 81 neue Hotels und Hostels geplant, von denen der Großteil bereits genehmigt wurde. 2023 waren es noch 33 neue Hotels und Hostels. Das geht aus den bisher unveröffentlichten Antworten des Senats auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Julian Schwarze hervor, die der taz exklusiv vorliegt.

Insgesamt sollen so fast 10.000 weitere Bettkapazitäten und neue 7.145 Hotelzimmer entstehen. Zum Vergleich: 2023 entstanden noch lediglich 4.821 neue Betten und 2.885 neue Zimmer zusätzlich. Derzeit gibt es laut den Zahlen des Senats in Berlin insgesamt 722 Beherbergungsbetriebe, darunter sind 459 Hotels.

Nicht in der Statistik enthalten sind Ferienwohnungen – weil diese größtenteils illegal sind. „Es ist davon auszugehen, dass es in Berlin mindestens 10.000 solcher Ferienwohnungen gibt – immerhin das halbe jährliche Neubauziel des Senats“, so Schwarze, der Sprecher für Stadtentwicklung und Tourismus der grünen Fraktion ist, zur taz.

„Die Zahlen zeigen, wie wichtig es ist, dass die Ansiedlung von neuen Hotels gesteuert wird“, so Schwarze weiter. Es falle auf, dass viele neue Unterkünfte dort entstehen, wo die Kieze bereits stark unter Tourismus leiden. Helfen würde, auf Stadtebene übergeordnete Planungsziele zu definieren, die etwa vorgeben, in welchen Gebieten keine zusätzlichen Hotels entstehen dürfen: „Auch, wo es Baumärkte geben darf, wird in Berlin zentral geplant. Es muss es doch planungsrechtlich festzulegen sein, wo es mehr Tourismus geben soll.“ Viele Hotelflächen könnten als bezahlbarer Wohnraum oder für Kitas und Schulen sinnvoller genutzt werden.

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13 Kommentare

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  • Wär ja schon ein guter Anfang, den Airbnb Wahnsinn zu beenden. Da muss man nicht mal bauen, da können einfach Menschen wohnen. In Wohnungen, die schon da sind. Das ist den Politikern in Berlin aber zu schwer.

  • Die Berliner Grünen waren schon immer etwas weltfremd. Das zeigt sich jetzt auch wieder.

  • Angeblich sei kein Wohnraum für Menschen da, also müssen z.B. Flüchtlinge abgewiesen werden.



    Aber Raum für Touristen scheint immer da zu sein.

    Na sowas.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Die bringen Geld für die Stadt.

      Irgendwo müssen Flüchtlinge und Nichtflüchtlinge auch arbeiten.

      Wenn es für Investoren rentabler wäre, Wohnhäuser zu bauen, würden sie es tun.

      Allein die städtischen Wohnungsbaugesellschaften schaffen es nicht.

      Übrigens gibt es in Berlin Hotels an Plätzen, wo niemand freiwillig hinzieht.

      Aus Bauruinen konnte man Hotels machen.

      Allerdings scheinen die Zeiten vorbei zu sein.

  • Ich finde es höchst befremdlich, dass scheinbar immer mehr die Tendenz in die Richtung geht, Touristen feindselig zu begegnen. Ob das so schlau ist, wage ich zu bezweifeln, sei es nun in Spanien oder in Berlin. Wenn dann irgendwann die Touristen weg bleiben, ist das Gejammer groß.



    Die Folgen von politischen Versagen scheinen mir so kaschiert werden zu sollen, indem man das Feindbild "Tourist" aufbaut.

  • Wie wäre es mit einer Regelung jeder der ein neues Hotel bauen will pro Bett auch eine neue Wohnung bauen muss?

  • Völlig beknackte Idee der Grünen, den Hotelbau regulieren zu wollen nur um nicht den Elefanten im Raum ansprechen zu müssen.

    Es braucht staatlichen Wohnungsbau und diese Wohnungen müssen auch in staatlicher Hand bleiben und zwar bis die Kühe nach Hause kommen.

  • Nun, mit 8 Millarden € Bruttowertschöpfung und 200.000 direkt bestehenden Arbeitsplätzen ist der Tourismus ein beträchtlicher Wirtschaftsfaktor. Dazu kommt noch die kaum messbare Bedeutung für die kleinteilige Gastronomie und den Handel. Die Ferienwohnungen gehören natürlich auf den regulären Wohnungsmarkt zurückgeführt. Dann aber sollte man nicht gleichzeitig gegen zusätzliche Hotelkapazitäten zu Felde ziehen. Eine Dezentralisierung ist gewiss wünschenswert. Der aktuelle, in die Höhe aufschiessende Erweiterungsbau an der Sonnenallee zeigt ja, dass es geht.

  • Ich habe heute erfahren, dass aus dem alten TAZ-Gebäude in der Rudi-Dutschke-Strasse ein riesiges A&O Hostel werden soll - da fällt mir nichts mehr ein zum Thema. Warum nicht dort Wohnungen bauen?

  • "Planungsziele zu definieren, die etwa vorgeben, in welchen Gebieten keine zusätzlichen Hotels entstehen dürfen"

    Die spinnen die Römer!

  • Illegale Ferienwohnungen möchte man natürlich nicht. Aber wären dann Hotels nicht die Lösung? Nur wegen des Tourismus haben wir in Berlin überhaupt noch halbwegs die kulturelle Infrastruktur, die es hier noch erträglich macht. Die Tourist_innen bringen Probleme, aber das sind meine geringsten. Irgendwie sind die berliner Grünen auch nur auf dem Level xenophober Rednecks.

  • Einfach mal wie in Spanien machen? ( taz.de/Illegale-Fe...!6085984&s=airbnb/ )



    Wenn dann zehntausende illegale Ferienwohnungen wegfallen, (denn offiziell gibt es ja wohl nur 600) können die 10.000 neuen Hotelbetten das ganze etwas nivellieren.

  • Die meisten Touris wollen die Innenstadt nicht verlassen, wenn sie es tun, dann weil die Preise besonders günstig sind. Aber sie wollen dann auch schnell in die Innenstadt fahren, meist alle in dieselben Kieze. Das lässt sich nicht steuern, weil sie genau wissen, welche Angebote sie wahrnehmen möchten.

    In meiner Nähe wurden die Hotelkapazitäten fast alle abgebaut, da hilft auch die Nähe zu einer gut besuchten Gedenkstätte nicht.