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Totes Wild am StraßenrandJäger bestreiken tote Rehe

Im Straßenverkehr getötete Tiere werden meist von Jägern entsorgt – nicht so im Kreis Plön: Der Jagdverband weigert sich aus Protest gegen eine Jagdsteuer.

Wer entsorgt Bambi? Plöner Jäger weigern sich aus Protest gegen eine Steuer. Foto: Julian Stratenschulte (dpa)

Rendsburg taz | Wenn Maschine auf Tier knallt, ist das Ergebnis meist klar und der Ablauf vorgeschrieben: Der Autofahrer ruft einen Jäger, der das verletzte Reh per Fangschuss erlöst. Allein 14.700 Rehe, 520 Wildschweine, 1.200 Damhirsche und Scharen von Kaninchen, Mardern und anderen Kleintieren werden pro Jahr allein in Schleswig-Holstein von Autos und Lastwagen überfahren. In der Regel nimmt der Flintenträger den Kadaver gleich mit – nur nicht im Kreis Plön.

Seit der Kreis im Jahr 2012 den Jagdpächtern eine Jagdsteuer auferlegt hat, weigern die sich, das so genannte Fallwild zu entsorgen. Am heutigen Donnerstag debattiert der Plöner Kreistag, ob die Steuer abgeschafft werden soll. Manchmal lägen die verendeten Tiere tagelang am Straßenrand, seitdem die Mitarbeiter des Kreises oder des für Straßenarbeiten zuständigen Landesbetriebes die Kadaver abholten, kritisiert die Kreisjägerschaft.

Ein Zustand der, „höchst fragwürdig“ und „unschön“ sei: „Fakt ist, als wir Jäger uns um die Wildunfälle gekümmert haben, gab es solche Probleme nicht.“ Mehrere Parteien im Kreistag wollen den Jägern nun entgegenkommen: CDU und FDP möchten die Steuer abschaffen, die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) möchte sie deutlich reduzieren.

Die Mehrheits-Kooperation aus SPD, Grünen und der Freien Wählergemeinschaft (FWG) lehnt das jedoch ab: „ Wir lassen uns durch die Kreisjägerschaft und ihre Protagonisten im Kreistag nicht erpressen“, sagt Gerd Dreßler (Grüne). Er verweist darauf, dass die Jagdpächter überall im Land das Fallwild ehrenamtlich von den Straßen holen, egal ob eine Steuer verlangt wird oder nicht.

Vor allem würde sich der Kreis mit einem Verzicht keinen Gefallen tun: Rund 100.000 Euro nimmt das waldreiche Gebiet durch die Steuer ein. Die Entsorgung der Tiere, die im 222 Kilometer langen Netz der kreiseigenen Straßen getötet werden, erledigt der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV), der für alle Wartungsarbeiten vom Kreis ohnehin eine Pauschale erhält, rechnete der Kämmerer des Kreises in einer Sitzung des zuständigen Bau- und Umweltausschusses vor.

Entsprechend klar fiel das Ergebnis der Abstimmung im Ausschuss aus: Die Steuer bleibt. Wahrscheinlich zieht der Kreistag nach. Parallel laufen Versuche, die Zahl der vom Auto erlegten Tiere zu senken. Dazu wurde an einer unfallträchtigen Bundesstraße im Kreisgebiet vor einigen Jahren ein Wildzaun und 2011 auch eine elektronische Wildwarnanlage aufgestellt: Eine Leuchte informiert Autofahrer, wenn Tiere in der Nähe sind, damit es gar nicht mehr zu Unfällen kommt.

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1 Kommentar

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  • Nun sehen wir wenigstens, dass unsere Wohlstandsgesellschaft auf dem Tod anderer Wesen aufgebaut ist.... Endlich kann niemand mehr sagen, er hätte es nicht gewußt... wenn auch das tote Reh auf der Strasse nicht mehr als eine Symbolik ist....