Todesstrafe in Iran: Elf Menschen hingerichtet
Wegen angeblicher Drogendelikte hat Iran elf Menschen töten lassen. Menschenrechtler betonen, Teheran setze die Todesstrafe zur Einschüchterung ein.
Paris afp | In Iran sind nach Angaben von Aktivisten elf Angehörige der belutschischen Minderheit wegen mutmaßlicher Drogendelikte hingerichtet worden. Neun iranische Belutschen und zwei Belutschen mit afghanischer Staatsangehörigkeit seien zwischen Sonntagmorgen und Dienstagmorgen gehängt worden, teilte die in Norwegen ansässige Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights (IHR) am Mittwoch mit.
Acht der Männer wurden demnach zwischen Sonntag und Dienstag im Hauptgefängnis von Sahedan, der Provinzhauptstadt von Sistan-Belutschistan, wegen Drogenhandels erhängt. Ein weiterer wegen ähnlicher Vorwürfe Verurteilter sei am Sonntag in einem Gefängnis in der ostiranischen Stadt Birdschand erhängt worden.
Der 30-jährige Mohammad Arbab und der 32-jährige Asadollah Amini, zwei Belutschen mit afghanischer Staatsangehörigkeit, wurden demnach am Sonntag und Montag heimlich in einem Gefängnis in Sistan-Balutschistan ebenfalls durch Erhängen hingerichtet.
Nach IHR-Angaben wurden seit Anfang des Jahres bereits 423 Menschen hingerichtet, allein 61 Todesurteile seien im Juli vollstreckt worden. Dabei habe ein Drittel der Hinrichtungen Mitglieder der belutschischen Minderheit getroffen – während Belutschen nur zwischen zwei und sechs Prozent der iranischen Bevölkerung ausmachen. Die Belutschen sind zumeist sunnitische Muslime und nicht Schiiten wie die Mehrheit im Iran, viele von ihnen fühlen sich diskriminiert.
Die Aktivisten von IHR werfen Iran vor, die Anwendung der Todesstrafe massiv ausgeweitet zu haben und sie nach den Protesten wegen den Tods der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini im vergangenen Jahr gezielt als Einschüchterungsinstrument einzusetzen.
Amini war wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die strikte islamische Kleiderordnung von der Sittenpolizei festgenommen worden und im Polizeigewahrsam gestorben. Ihr Tod löste monatelange landesweite Proteste aus – viele davon in Sahedan, einer der ärmsten Regionen des Landes.
Leser*innenkommentare
Martin Rees
Ich bevorzuge hier die deutlich drastischere Ausdrucksweise Tötung oder Ermordung durch einen Staat, Hinrichtung ist m.E. ein gängiger Euphemismus, da der Begriff Recht u. Richten immanent pseudolegitimiert.
Zum Iran fand ich bei oe24.at:
"Nach dem islamischen Recht im Iran entscheiden die Angehörigen von Mordopfern und nicht der Staat über die Bestrafung des Mörders.
Eine unvorstellbare Tat musste ein 19-jähriges Mädchen im Iran vollbringen, indem sie den Stuhl unter dem Galgen wegzog, auf dem ihre Mutter erhängt werden sollte. In Folge des Mordes an ihrem Ehemann wurde Maryam Karimi zu Tode verurteilt. Maryam Karimis Ehemann soll sie jahrelang missbraucht und sich geweigert haben, ihrem Wunsch nach einer Scheidung nachzukommen, berichtet der Daily Mirror.
Maryams Vater Ebrahim versuchte, seinen Schwiegersohn davon zu überzeugen, seiner Tochter die Scheidung zu gewähren, jedoch ohne Erfolg, und beteiligte sich dann an der Ermordung, so die Berichte. Maryams heute 19-jährige Tochter erfuhr, dass ihr Vater nur wenige Wochen vor der geplanten Hinrichtung ihrer Mutter und ihres Großvaters gestorben war. Nach dem islamischen Recht im Iran entscheiden die Angehörigen von Mordopfern und nicht der Staat über die Bestrafung des Mörders, und in Maryams Fall war ihre Tochter die einzige, die diese Entscheidung treffen konnte. Laut Berichten wurde die Tochter unter Druck gesetzt, um die Hinrichtung zu vollziehen. Auch der Großvater wurde wenig später erhängt.
Der Direktor der iranischen Menschenrechtsorganisation Mahmood Amiry-Moghaddam sprach über das Justizsystem im Iran und sagte, dass es Opfer zu Henkern mache. Er erklärte: "Das iranische Strafgesetzbuch sieht nicht nur unmenschliche Strafen vor, sondern fördert auch Gewalt in der Gesellschaft. In Mordfällen, in denen von Qisas oder 'Vergeltung in Form von Naturalien' die Rede ist, wird die Verantwortung für eine Hinrichtung auf die Schultern der Familie des Mordopfers gelegt. So werden sie von Opfern zu Henkern gemacht."