Tod in israelischer Haft: Herr über den eigenen Körper

Der Tod des hungerstreikenden palästinensischen Gefangenen Khader Adnan ist eine Tragödie. Absurd ist allerdings der Vorwurf, Israel habe ihn ermordet.

Frauen versammeln sich in einem Zimmer, an der Wand ein Bild von Khader Adnan

Nach dem Tod von Khader Adnan versammeln sich Frauen in dessen Wohnhaus in der Nähe von Jenin Foto: Raneen Sawafta/reuters

Palästina hat einen neuen Helden. Khader Adnan hat sich knapp drei Monate lang in einem israelischen Gefängnis zu Tode gehungert. Seine Hoffnung auf Entlassung aus der sogenannten Verwaltungshaft blieb unerfüllt. Israels Polizeiminister Itamar Ben-Gvir zeigte sich dem führenden Mitglied des Islamischen Dschihad gegenüber unnachgiebig und ohne Mitleid. Alles andere wäre eine Überraschung gewesen.

Im Prinzip kann es dem rechtsextremen Politiker nur recht sein, wenn sich palästinensische Häftlinge selbst das Leben nehmen, propagiert er doch vehement die Todesstrafe für Terroristen. Adnan war zwar noch nicht verurteilt, stand aber im Verdacht terroristischer Aktivitäten.

Israel hält aktuell gut 1.000 PalästinenserInnen ohne rechtskräftiges Urteil hinter Gittern. Der Kampf gegen die zu Recht umstrittene „Administrativhaft“ war wiederholt Grund für Hungerstreiks. Für Adnan war es der fünfte. Zum ersten Mal starb nun ein Häftling infolge der Weigerung, Nahrung zu sich zu nehmen. Aus Sorge vor Protest und Gewalt lenkte die israelische Regierung bislang stets ein, wenn unmittelbare Lebensgefahr drohte. Damit hat sie sich erpressbar gemacht. Hungerstreiks wurden vermehrt zur Methode.

Während viele der sogenannten Verwaltungshäftlinge oft nicht wissen, warum sie festgehalten werden, lief gegen Adnan eine Anklage. Israel eine „absichtliche Ermordung“ vorzuwerfen, wie es der palästinensische Regierungschef Mohamed Schtaje tut, ist absurd. Adnan hatte fast 90 Tage Zeit, sich selbst zu retten. Noch am Sonntag, zwei Tage vor seinem Tod, war er dem Militärrichter vorgeführt worden, der sich zu Recht weigerte, dem Häftling die Verantwortung für die Folgen des Hungerstreiks abzunehmen.

Ein 45-jähriger Mann wisse um seine Taten, meinte er. Das Gericht lehnte Maßnahmen ab, die die eigene Entscheidungsbefugnis eines Menschen über seinen Körper einschränken. Adnan lehnte medizinische Hilfe ab. Er hat sich mit offenen Augen für die Sache seines Volkes geopfert. Ändern wird sich damit nichts.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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