Test zu Pestiziden in Weihnachtsbäumen: … wie giftig sind deine Blätter
In 14 von 23 untersuchten Weihnachtsbäumen finden Umweltschützer zum Teil verbotene Insektengifte. Sie raten zu Ware mit Öko-Zertifikat.
Berlin taz | „O Tannenbaum, O Tannenbaum?“ – oder doch „Alle Jahre wieder?“ Knapp 30 Millionen Weihnachtsbäume stellen sich die Deutschen dieses Jahr wohl wieder in ihre Wohnungen; 23 davon hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Baumärkten, Gartencentern und Straßenverkaufsstellen aus acht Bundesländern gekauft und in ein Labor geschickt. Ergebnis: In 14 der 23 Bäume fanden die Tester:innen giftige Substanzen, die gegen Insekten, Unkräuter und Pilze eingesetzt werden. „Insgesamt wurden neun verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen, von denen sieben zu den gefährlichsten zählen, die derzeit in der EU eingesetzt werden“, so der BUND.
Entdeckt hat die Umweltorganisation etwa die Pestizide Glyphosat, lambda-Cyhalothrin und Chlorpyrifos. Das umstrittene Totalherbizid Glyphosat wird eingesetzt, um Unkraut in Plantagen zu beseitigen; die Chemikalie lambda-Cyhalothrin ist etwa in dem Mittel „Karate-Forst flüssig“ enthalten und wirkt bei Insekten als lähmendes Nervengift. Das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat es als gefährlich für Fische und Wasserorganismen eingestuft und macht bei seiner Verwendung Vorschriften, damit Bienen nicht gefährdet werden.
Das Insektengift Chlorpyrifos dürfte das Labor eigentlich nicht mehr finden, denn es ist seit Anfang 2020 in der EU verboten; es steht im Verdacht, die Gehirnentwicklung und das Erbgut von Tieren und Menschen zu schädigen. Der BUND kündigte an, sich bei den Verkaufsstellen der betroffenen Bäume um Aufklärung zu bemühen, wie die verbotene Chemikalie auf die Bäume gelangen konnte.
„Besonders kritisch ist die hohe Mehrfachbelastung, viele Weihnachtsbäume sind einem regelrechten Pestizidcocktail ausgesetzt“, sagt Corinna Hölzel, Pestizid-Expertin des BUND, „die Wechselwirkung der Einzelstoffe auf die menschliche Gesundheit ist nahezu unbekannt.“
Wer sich Bäume ohne Gift ins Wohnzimmer stellen will, dem rät der BUND zu zertifizierter Bio-Ware, etwa aus heimischen FSC-zertifizierten Wäldern (Infos auf der Website des FSC) oder Siegeln von Bioland, Naturland oder Demeter. Wie jedes Jahr veröffentlicht die Organisation Robin Wood auf ihrer Website eine Liste mit Verkaufsstellen ökologischer Bäume. Aus Wäldern kommen die allermeisten Weihnachtsbäume nach Auskunft des bundeseigenen Thünen-Agrarforschungsinstituts allerdings sowieso nicht mehr, sondern es handelt sich um landwirtschaftliche „Sonderkulturen“.
Leser*innenkommentare
Mitch Miller
...und wo landen die Bäume dann? In den kommunalen Kompostieranlagen und dann irgendwann als Blumenerde wieder im Boden. DAS ist doch das Problem.
Am Weihnachtsbaum im Wohnzimmer wird schon niemand schlecken...aber interessant wäre zu wissen, ob das dann zu einer Übertragung führen kann, z.B. bei Kindern, die sich dann wieder die Finger in den Mund stecken.
Wieso braucht man an Nadelbäumen eigentlich Insektizide?
Jim Hawkins
Unser Weihnachtsbaum kommt von einem Okö-Gärtnerpaar, die ihr großes Gewächshaus so umgebaut haben, dass sie drin wohnen können.
Wenn jemand so nah bei seinen Pflanzen lebt, kann das nur gut sein.
Die Bäume werden nicht gedüngt und nicht gespritzt. Wie ich jetzt erfahren habe, neigen diese Bäume dazu in den Himmel zu wachsen. Die Spitze wächst und wächst.
Normalerweise wird dieser Drang chemisch unterbunden, die beiden jedoch wissen, wie viel Druck man entfalten muss, um diese mechanisch zu tun. Geerntet werden sie in irgendeiner Mondphase, wenn der Baum viel Saft hat.
Und: In Wasser gestellt, hält er ewig. Ich lasse ihn immer bis kurz vor Ostern stehen, damit ein fließender Übergang zwischen den beiden Festen gewährleistet ist.
Inhaltlich sind mir beide egal, aber ich mag die Bräuche.
Carl Fischer
Wir haben im Garten eine Tannenhecke, da schneiden wir in jedem Jahr eine 2m hohe Spitze raus. Da auf der anderen Seite auch "Ökos" wohnen, gehe ich mal davon aus, dass alles Bio ist.
Harald Butenschön
Alle Jahre wieder - versucht der BUND den Menschen Angst einzujagen. Wenn nennenswerte oder gar gefährliche Mengen gefunden worden wären, wäre so eine Meldung ja zu versehen. Aber es wird bewusst unterschlagen wie viel nachgewiesen wurde und der Nachweis allein sagt fast so wenig aus, wie die Menge, die für den Nachweis nötig ist. Dank neuester Methoden können Wenige Nanogramm reichen für den Nachweis. Zur Erinnerung : 1000 Nanogramm sind 1 Mikrogramm, 1000 Mikrogramm sind 1 Milligramm, 1000 Milligramm sind 1 Gramm... Der Vorstellung halber : Wenn jeder Mensch der Erde 10 Nanogramm Zucker auf einen Haufen wirft, ergibt das einen Haufen, der in eine Espressotasse passt...
Nafets Etnep
landwitrschaftliche sonder-monokulturen--- die völlig unnötig sind. müssen wir jeden quatsch bis zum tot-umfallen wiederholen weil es tradition ist?
Carl Fischer
@Nafets Etnep Das sie nötig sind, sehen Sie doch daran, dass 30 Mio. Weihnachtsbäume in D. rumstehen. Und darüber hinaus gehe ich davon aus, dass Sie nicht Eigentümer einer Nutzwaldfläche o.ä. sind.
Hartz
Am besten ist immer noch ein schöner Palstikweihnachtsbaum!
PS007
Wir wohnen in der Nähe solcher Weihnachtsbaumplantagen (Nds, südlich HH) und sehen täglich den Wahnsinn.
Wir sind direkt von den Giften betroffen und freuen uns natürlich, wenn die Auftraggeber (= Käufer) auch was abkriegen.
fly
@PS007 Cool.
Richtige Menschenfreunde.
Christmas at its best.
Mitch Miller
@fly Wieso? Verursacherprinzip, ist doch nur fair.
Oder finden Sie es "freundlicher", wenn die, die dafür verantwortlich sind, keinen Anteil am Schaden haben? Dafür aber die, die sich dagegen stellen und alle anderen Unschuldigen, die davon keine Ahnung haben?
DAS ist strenggenommen "weihnachtlicher Egoismus" at its best: Hauptsache, ich hab nen schönen Baum, die Viecher und unser Lebensraum sind mir doch wurscht, oder?