piwik no script img

Terrormiliz in NigeriaBoko Haram ermordet NGO-Mitarbeiter

Die Terrormiliz hat fünf Helfer*innen internationaler Organisationen getötet. Das Blutvergießen im Nordosten Nigerias nimmt seit Monaten zu.

Ein vor Boko Haram Geflüchteten Lager in Maiduguri in der Region Borno, Nigeria Foto: Ute Grabowsky/imago

COTONOU taz | Die nigerianische Terrormiliz Boko Haram hat sich zurückgemeldet. Mit der Nachricht, dass sie fünf Mitarbeiter*innen der internationalen Hilfsorganisationen International Rescue Committee (IRC) und Action against Hunger ermordet hat, hat sie erneut weltweit Aufmerksamkeit bekommen und demonstriert, dass sie weiterhin den Nordosten Nigerias destabilisieren kann.

Die Hinrichtungen waren mit einem kurzen Video bekanntgemacht worden. Laut einer Übersetzung der Onlinezeitung Premium Times heißt es darin auf Haussa, der am weitesten im Norden Nigerias verbreiteten Sprache: „Eure Arbeitgeber nutzen euch nur aus, um ihre Ziele zu erreichen. Sie interessieren sich aber nicht für euch. Wenn ihr entführt werdet, kümmert sie das nicht.“ Die Mitarbeiter*innen waren im Juni entführt worden.

Das IRC hat die Ermordung der beiden Kolleg*innen scharf verurteilt. Auch Christos Christou, internationaler Präsident von Ärzte ohne Grenzen, schreibt in einer Pressemitteilung: „Wir bei Ärzte ohne Grenzen sind erschüttert, diese schreckliche Nachricht zu hören.“ Die Organisation fordert alle Konfliktparteien auf, den Zugang zu Bedürftigen in der Bevölkerung zu sichern.

Dass Boko Haram für die Hinrichtungen verantwortlich ist, betonte Präsident Muhammadu Buhari kurz nach Veröffentlichung des Videos. Man wolle alles tun, bis auch das letzte Mitglied „vernichtet“ ist und die Täter*innen vor dem Gesetz zur Verantwortung gezogen werden.

Gefährliche Monate für Nigerias Armee

In den vergangenen Wochen hatte die nigerianische Armee immer wieder vermeldet, dass es den Streitkräften gelungen sei, Menschen aus der Geiselhaft Boko Harams zu befreien und Terrorist*innen zu töten. Demnach müssten Hunderte gestorben sein.

Besonders erfolgreich waren sie eigenen Angaben zufolge rund um den Tschadsee, der ein wichtiger Rückzugsort der Terrormiliz ist. Staatliche Strukturen existieren dort nicht mehr. Auch nichtstaatliche Organisationen können die Gebiete nicht erreichen, um beispielsweise Binnenflüchtlinge mit Nahrung, Notunterkünften und Medizin zu versorgen.

Die US-amerikanischen Denkfabrik Council on Foreign Relations (CFR) zweifelt jedoch an den Erfolgsmeldungen. Vor allem für Soldat*innen seien die vergangenen zwei Jahre so gefährlich wie nie zuvor gewesen. Anfang Juli waren an einem Tag 37 Soldat*innen in einen Hinterhalt geraten und von den Terrorist*innen ermordet worden.

Auch nach Einschätzung der Beraterfirma SBM Intelligence mit Sitz in der Hafenmetropole Lagos nimmt die Gewalt nicht ab. Von April bis Juni zählte sie 2.732 Ermordungen im Land, davon 1.053 Zivilist*innen. Mit 941 Opfern bleibt Borno, wo Boko Haram ihren Ursprung hat, am stärksten von Gewalt betroffen.

Einen negativen Trend beobachtet außerdem die Internationale Organisation für Migration (IOM). In der dritten Juliwoche zählte sie 1.826 neue Binnenflüchtlinge in Borno, sowie im Norden des Nachbarbundesstaats Adamawa. Nur 270 Menschen hatten dagegen die Flüchtlingsunterkünfte und Gastkommunen verlassen. Auch hier sind die Landkreise im äußersten Nordosten sowie an der Grenze zu Kamerun besonders betroffen.

Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) sind rund um den Tschadsee weiterhin 2,5 Millionen Menschen auf der Flucht.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Die Online Zeitung Premium Times hat (anders als die taz), die eindeutig islamistischen Motive nicht einfach unter den Teppich gekehrt; da heisst es in dem Zitat auch noch: "Dies ist eine Botschaft an die Ungläubigen, die euch dazu gebrauchen zu täuschen und unser Volk zu Ungläubigen zu machen"

  • Sie sollten Boko Haram nicht nur als "Terrormiliz" bezeichnen sondern als das, was sie ist: Eine islamistische Terrormiliz. Denn es geht hier nicht um die Befreiung von unterdrückten Bevölkerungsgruppen, sondern um die Einführung der Scharia.

    • @Puky:

      Nebenbei bemerkt sollte man in diesem Zusammenhang nicht von Hinrichtungen, sondern von Morden sprechen.

    • @Puky:

      letztendlich geht´s um eine Form der Selbstbefriedigung machthungriger Feiglinge die eine Religion lediglich als Mittel zum Zweck missbrauchen.

    • @Puky:

      Die Sharia ist in den nördlichen Bundesstaaten Nigerias bereits eingeführt. Das haben die "demokratisch" gewählten Gouverneure ganz alleine besorgt.

      • @Frank Roger:

        Vielen Dank für den Hinweis, aber was ändert es an der Aussage, daß es eine "Islamistische Terrormiliz" ist......