Terrorattacke in Brüssel: Mutmaßlicher Täter ist tot
Der Mann, der am Montag zwei schwedische Bürger erschossen haben soll, ist tot. Hintergrund des Attentats ist offenbar eine islamistische Gesinnung.
Die Nachrichtenlage war lange widersprüchlich. Vor allem war unklar, ob der Mann tatsächlich tot ist. Innenministerin Annelies Verlinden hatte dem Rundfunksender VRT zuvor gesagt, der Verdächtige sei von der Polizei erschossen worden. Die Waffe, die er wahrscheinlich benutzt habe, sei sichergestellt.
Brüssels Bürgermeister Philippe Close hatte nur die Festnahme bestätigt. „Der Täter ist neutralisiert“, sagte er der Nachrichtenagentur Belga, die unter Berufung auf Polizeikreise auch von einem Schusswechsel mit dem mutmaßlichen Islamisten berichtete.
Zuvor hatte es geheißen, dass der mutmaßlich islamistisch motivierte Täter bei einem Polizeieinsatz in der Brüsseler Gemeinde Schaerbeek festgenommen oder niedergeschossen worden sei.
Laut afp hatte der Sprecher der Staatsanwaltschaft gesagt, der Mann sei festgenommen worden. Die dpa berichtet ebenfalls unter Berufung auf Staatsanwaltschaft, dass ein Mann niedergeschossen worden sei. Es sei aber noch unklar, ob dies der Täter sei.
Unklar war zudem lange, ob der Verletzte tatsächlich der Täter von Montagabend ist. Die Bundesanwaltschaft äußerte sich laut AP zunächst vorsichtig und teilte mit: „Es gibt starke Vermutungen, aber keine Gewissheit“, dass der Mann der Schütze gewesen sei. Er sei von der Polizei in dem Viertel Schaerbeek angeschossen worden, in dem die tödlichen Schüsse gefallen waren. Mittlerweile scheint jedoch klar, dass der Erschossene der Täter von Montagabend war.
Tödliche Schüsse am Montagabend
Ein Täter hatte am Montagabend im Norden von Brüssel vor einem EM-Qualifikationsspiel zwischen Belgien und Schweden im Brüsseler König-Baudouin-Stadion zwei Menschen erschossen. Bei den Opfern handelte es sich um schwedische Staatsbürger, wie der belgische Regierungschef Alexander De Croo im Onlinenetzwerk X (vormals Twitter) erklärte. Ein Mann bekannte sich im Internet zu der Tat und gab an, von der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat inspiriert worden zu sein. In Brüssel wurde die höchste, landesweit die zweithöchste „Terrorwarnstufe“ ausgerufen.
Aus Ermittlerkreisen hieß es, in Onlinediensten kursiere ein Bekennervideo, auf dem ein Mann auf Arabisch spreche. In einem weiteren Video, das auf der Webseite der flämischen Zeitung „Het Laatste Nieuws“ veröffentlicht wurde, ist zu sehen, wie der mutmaßliche Schütze in einer orangefarbenen Neonjacke eine automatische Waffe schultert und auf einem Motorroller davonfährt. Parallel sind mindestens vier Schüsse zu hören.
Der Mann gibt in dem Bekennervideo an, die Schweden aufgrund ihrer Nationalität getötet zu haben, erklärte der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Eric Van Duyse, im Sender LN24. Im Sommer hatten mehrere Koranschändungen in Schweden in der islamischen Welt Empörung ausgelöst.
Täter war den Behörden bekannt
Justizminister Vincent van Quickenborne sagte am frühen Dienstagmorgen, dass es sich bei dem Täter um einen 45-jährigen Tunesier handele, der im November 2019 in Belgien Asyl beantragt habe. Er sei der Polizei im Zusammenhang mit Menschenhandel, illegalem Aufenthalt und Gefährdung der Staatssicherheit aufgefallen.
Im Juli 2016 wurden von einer ausländischen Polizeibehörde unbestätigte Informationen übermittelt, wonach der Mann ein islamistisches Profil habe und in ein Konfliktgebiet in den Dschihad ziehen wolle, wie van Quickenborne sagte. Solche Informationen gebe es zuhauf. Sie sei ohne Ergebnis überprüft worden. „Darüber hinaus gab es, soweit unseren Diensten bekannt, keine konkreten Hinweise auf eine Radikalisierung.“
Die Staatssekretärin für Asyl und Migration, Nicole de Moor, sagte, der mutmaßliche Täter habe im November 2019 Asyl beantragt. „Er erhielt im Oktober 2020 einen negativen Bescheid und verschwand kurz darauf vom Radar.“ Im Februar 2021 sei er offiziell aus dem Nationalregister gestrichen worden. Er habe sich nie in einem staatlichen Aufnahmezentrum in aufgehalten. Da er aus dem Nationalregister gestrichen wurde, konnte sein Aufenthaltsort nicht ermittelt werden, um seine Rückkehr zu organisieren, sagte sie.
Schüsse vor dem Länderspiel gegen Schweden
Die Tat ereignete sich um kurz nach 19 Uhr in der Nähe des Place Sainctelette im Norden der belgischen Hauptstadt unmittelbar vor einem EM-Qualifikationsspiel zwischen Belgien und Schweden im Brüsseler König-Badouin-Stadion. Mehreren Medienberichten zufolge handelt es sich bei den Opfern um schwedische Fans, die schwedische Fußballtrikots trugen.
Das Fußballspiel im fünf Kilometer vom Tatort entfernten Stadion wurde kurz nach den Schüssen in der Halbzeitpause bei einem Stand von 1:1 abgebrochen. Laut dem belgischen Sender RTBF wollten die schwedischen Spieler die Partie angesichts der Ereignisse nicht weiter fortsetzen.
Zusammenhang mit Koran-Verbrennung in Schweden?
Nach Angaben von Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw postete mutmaßliche Schütze nach der Tat ein Video im Internet, in dem er sich zur Tötung dreier schwedischer Staatsbürger bekannt haben soll. Der Koran sei „eine rote Linie, für den er bereit sei, sich selbst zu opfern“, soll der Mann demnach erklärt haben.
In diesem Jahr hatten Menschen in Schweden und später auch in Dänemark mehrmals Koran-Exemplare verbrannt und damit wütende Reaktionen unter Muslimen ausgelöst. Für die skandinavischen Länder hatte all das diplomatischen Ärger nach sich gezogen.
Belgiens Regierungschef De Croo rief die Bewohner der Hauptstadt zur Wachsamkeit auf. Er befinde sich gemeinsam mit dem Justiz- und dem Innenminister im nationalen Krisenzentrum, erklärte er im Onlinedienst X. Weiter sprach er dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson nach dem „feigen Attentat auf zwei schwedische Bürger in Brüssel“ sein Beileid aus.
Der schwedische Außenminister Tobias Billstrom sagte, er sei „erschüttert angesichts der Nachricht, dass heute Abend zwei schwedische Fußballfans in Brüssel ermordet wurden und eine dritte Person schwer verletzt wurde“ und betonte, die schwedischen Behörden arbeiten eng mit den belgischen zusammen, um den Mörder zu finden.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach von einem „islamistischen Terroranschlag“ und erklärte, Europa sei „erschüttert“. „Vor wenigen Minuten wurde Brüssel erneut von einem islamistischen Terroranschlag getroffen, der offenbar (…) mindestens zwei weiteren Europäern, zwei Schweden, das Leben gekostet hat“, sagte Macron am Montag bei einem Staatsbesuch in Albanien.
In der Ansprache verwies er auch auf die Ermordung des Lehrers Dominique Bernard an einem Gymnasium in Arras in Nordfrankreich durch einen radikalisierten Jugendlichen am vergangenen Freitag.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilte am Abend das „abscheuliche Attentat“ und sprach den Familien der Opfer ihr Beileid aus.
Erinnerung an Terrorattacke 2016
Belgien war in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel terroristischer Anschläge. Am 22. März 2016 sprengten sich in der Hauptstadt Brüssel drei Selbstmordattentäter am Flughafen und in einer U-Bahn-Station in die Luft. Dabei wurden 35 Menschen getötet und fast 700 weitere verletzt. Zu den Taten bekannte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).
Im November 2022 hatte ebenfalls in Brüssel ein mit einem Messer bewaffneter Mann zwei Polizisten angegriffen, wobei einer von ihnen getötet und der andere schwer verletzt wurde. Die Bundesstaatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung ein.
Hinweis: Der Text wurde und wird weiter laufend aktualisiert.
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