Tennis US Open: Die Zeit der Schwarzen Tennisspieler
Die US Open haben begonnen, mit Favoritin Coco Gauff. Spätestens seit den Williams-Schwestern wird Tennis von Schwarzen Spielerinnen dominiert.
D er erste Montag der US Open in New York ist gewöhnlich nicht gerade ein großer Publikumstag. Das Turnier kommt schleppend mit Erstrundenmatches ins Rollen, nur wenige New Yorker schleichen sich von der Arbeit davon, um die lange U-Bahn-Fahrt hinaus nach Flushing Meadows ins USTA Tennis Center zu unternehmen. Selbst bei der Abendsession gibt es meist noch halbwegs bezahlbare Karten.
An diesem Montag waren jedoch schon am Nachmittag die Ränge im Stadion am äußersten Ende von Queens beachtlich voll. Schließlich spielte Coco Gauff, die junge Amerikanerin, die New York im letzten Jahr mit ihrem Turniersieg verzaubert hatte und die die Stadt seitdem zu einem ihrer Lieblinge erkoren hat.
Und Gauff erwiderte in ihrem US-Open-Auftakt diese Liebe: Sie zeigte bei ihrem glatten Sieg gegen die Französin Varvara Gracheva klar ansteigende Form gegenüber ihrem enttäuschenden Olympiaturnier und gab sich danach zuversichtlich, dass sie eine Chance auf eine Titelverteidigung hat: „Ich hab es schließlich schon einmal geschafft“, sagte sie, „also kann ich es auch wieder schaffen.“
Der andere Star des ersten Turniertages war der ebenfalls junge und ebenfalls Schwarze amerikanische Spieler Ben Shelton, der im vergangenen Jahr mit dem Erreichen des Halbfinals das New Yorker Publikum beinahe ebenso sehr begeistert hatte wie Gauff. Auch er gewann sein Auftaktmatch glatt und ließ beim Publikum Vorfreude auf einen langen Lauf in Queens aufkommen.
Die Zeiten haben sich geändert
Es ist kein völliger Zufall, dass die beiden Lieblinge des US-Open-Publikums in diesem Jahr in dem Stadion, das nach dem legendären Schwarzen Spieler Arthur Ashe benannt ist, junge Afroamerikaner sind. Das amerikanische Tennis hat seit den Zeiten von Ashe einen langen Weg zurückgelegt. Ashe musste in der Jugend noch in segregierten Tennisklubs spielen. Heute scheint es so, als würde der amerikanische Tennissport, einst einer der weißesten Sportarten überhaupt, von Afroamerikanern dominiert.
Neben Shelton und Gauff tingeln eine ganze Reihe begabter Schwarzer Spieler in der Pro Tour mit. Da sind Frances Tiafoe, Sloane Stephens und die US-Open-Finalistin aus dem Jahr 2017, Madison Keys. Da ist Taylor Townsend, die in diesem Jahr in Wimbledon mit ihrer Partnerin Kateřina Siniakovádas Doppel gewann. Und da ist Christopher Eubanks, den Gauff als großen Bruder bezeichnet und der sich am Montag in einem Fünfsatz-Match ebenfalls durch die erste US-Open-Runde kämpfte.
Dass der amerikanische Tennissport auf der Eliteebene heute von Afroamerikanern dominiert wird, geht natürlich zu einem großen Teil auf die Williams-Schwestern zurück. Gauff betont unermüdlich, wie sehr sie als junge Spielerin Venus und Serena bewundert hat. Sie haben in einem tiefen Sinn den Tennissport Schwarz gemacht. Mit ihrem Auftreten und ihrem Look wurde es für Schwarze Spieler, anders als noch zu Zeiten von Althea Gibson und Arthur Ashe, möglich, auf dem Platz „Schwarz“ zu sein, also den Sport auszuüben, ohne ihre Identität zu verleugnen.
Natürlich haben die Williams auch ganz handfest Dinge losgetreten. Durch sie wurden Förderprogramme und Stiftungen möglich, die den Zugang zum Tennis für Kids of Color in sozial schwachen Gegenden möglich machten. Inklusion wurde zum erklärten Ziel des US-Tennisverbandes. Und so ist heute der US-Tennissport stolz darauf, dass der Anteil von afroamerikanischen Spielerinnen beinahe exakt dem Anteil von Afroamerikanerinnen an der Gesamtbevölkerung entspricht.
Das sind freilich noch immer nur 12 Prozent, der Sport ist immer noch vorwiegend weiß. Aber immerhin sind die Zeiten, als man sich die Köpfe verdrehte, wenn ein Schwarzes Kind auf dem Tennisplatz stand, lange vorbei. Es sei denn, um zu schauen, ob da nicht vielleicht die nächste Venus oder die nächste Coco heranwächst.
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