Telegram für russische Kriegsgegner: Zerbrochene Gewehre
Kriegsdienstverweigerer werden in Russland zu ausländischen Agenten erklärt. Der deutsche Connection e. V. will sie über Telegram unterstützen.
„Connection e. V. auf Russisch“ steht in kyrillischen Buchstaben neben dem zerbrochenen Gewehr vor einer Weltkugel. Es handelt sich um das Symbol des Netzwerkes Connection e. V., das sich für die Rechte von Kriegs- und Militärverweigerer*innen in aller Welt einsetzt.
Mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine haben sich verstärkt Menschen an die pazifistische Organisation gewandt, die nicht bereit sind, eine Waffe in die Hand zu nehmen und deswegen mit Repressalien konfrontiert sind. Von ihnen komme auch der Impuls, den russischsprachigen Telegramkanal aufzubauen, erklärt Rudi Friedrich von Connection e. V. der taz. „Durch unsere Arbeit zu Kriegsdienstverweigerung und Desertion in Russland, Belarus und der Ukraine bekamen wir Kontakt zu Aktivist*innen aus Russland, die aufgrund der Situation im Herkunftsland nach Deutschland gegangen sind.“
Darunter sind auch Menschen, die sich in der russischen Bewegung für Kriegsdienstverweigerung engagiert hatten. Gemeinsam habe man die Idee entwickelt, einen russischsprachigen Telegram-Kanal aufzubauen, der sich speziell mit der Frage von Kriegsdienstverweigerung und Asyl befasst. Dass der Kreis der Nutzer*innen in den ersten Tagen überschaubar blieb, sieht Friedrich gelassen. „Wir haben die ersten Posts in den Telegram-Kanal eingestellt und vor wenigen Tagen angefangen, ihn zu bewerben.“ Nun gehe es zunächst darum, den Kanal bekannt zu machen.
Europaweites Netzwerk
Dass solche Informationen gelesen werden, zeigte sich für Rudi Friedrich im letzten Jahr. „Insbesondere in den ersten Wochen nach der Erklärung der Teilmobilmachung in Russland im September 2022 haben wir viele Anfragen erhalten. Damals meldeten sich bei uns und bei der Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl, mit der wir eng zusammenarbeiten, mehr als 1.000 Personen“, sagt er.
Dabei habe man auch die internationalen Kontakte nutzen können. „Die Menschen hatten die unterschiedlichsten Fragen, Wir haben unser europaweites Netzwerk nutzen können, um Betroffene an andere kompetente Gruppen und Organisationen zu vermitteln.“ Mit dem russischsprachigen Telegram-Kanal erhofft er sich eine größere Reichweite. Damit könnten vielleicht auch Menschen erreicht werden, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht von selbst an pazifistische Organisationen wenden, aber den Krieg ablehnen und sich nicht daran beteiligen wollen.
Dass ihre Zahl in Russland nicht gering ist, zeigte sich schon nach dem russische Einmarsch in der Ukraine. Damals hatten sich viele Männer einer möglichen Einberufung durch eine Ausreise in verschiedene Nachbarländer entzogen. Nach der russischen Teilmobilmachung war dann die Zahl der Menschen gewachsen, die sich nach Möglichkeiten erkundigt haben, Asyl in Deutschland zu bekommen.
Informationen zu deutschem Asylrecht
Auf dem Telegram-Kanal soll dann auch über die Feinheiten des deutschen Asylrechts informiert werden. Während Personen, die aus einen schon angetretenen Militärdienst desertieren, mit einer Anerkennung als politischer Flüchtling rechnen können, gibt es diese Sicherheit für Kriegsgegner*innen nicht, die bereits vor einer Einberufung das Land verlassen.
Friedrich betont, dass sich Connection e V. für die Rechte von Kriegs- und Militär verweiger*innen in aller Welt einsetzt. Deshalb sollen auch Informationen für Menschen aus Belarus und der Ukraine in den Telegram-Kanal eingestellt werden. Doch der Schwerpunkt wird eindeutig bei den russischen Militärverweigerern liegen. „Wir haben bislang keine Kapazitäten, einen solchen Kanal in einer anderen Sprache zu betreiben“, sagt Friedrich. Reaktionen der russischen Behörden habe es bisher nicht gegeben. Während sie Facebook und Twitter blockieren, ist es ihnen technisch nicht gelungen, auch Telegram einzuschränken.
Die Bewegung der Kriegsdienstverweigerer Russlands wurde am 23. Juni 2023 vom russischen Justizministerium offiziell zum ausländischen Agenten erklärt. Eine der Begründungen lautete, die Kriegsdienstverweigerer hätten sich gegen die militärischen Aktionen Russlands in der Ukraine gestellt. Der Telegram-Kanal ist somit auch ein Zeichen der Solidarität mit den Verfolgten Kriegsgegner*innen.
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