„Tatort“ aus Bremen: Der Öko als Ballaballa-Typ
Tote gibt’s im Bremer „Tatort“ genug: Und zwar im Kampf der Umweltschützer. Doch die Folge strotzt am Ende von Klischees.
Also, dass ausgerechnet der auf Schmonzetten-Schönlinge abonnierte Helmut Zierl den Umweltaktivisten im unkleidsamen Schutzanzug gibt, der solo mit dem Boot zum Windpark in der Nordsee rausdüst, bis hoch zu den Rotorblättern klettert, um von dort mit sturmumtosten Videoblogbotschaften auf die Vögel und Schweinswale aufmerksam zu machen, die wegen der alternativen Energiewirtschaft elendig verrecken, also das, ja, das ist ja schon mal eine unerwartet schöne – und auch toll inszenierte – Rollenbrechung gleich in den ersten Minuten.
Zierl spielt im neuen Bremer „Tatort“ also den Tierschützer Henrik Paulsen – der von seiner Offshore-Tour nicht mehr zurückkommt. Das Kommissar-Duo Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) bekommen noch mehr zu tun: Tote gibt’s genug. Alle fallen dem Ideologieclash zum Opfer, der hinter dem biblischen Wortspiel des Titels steckt: „Wer Wind erntet, sät Sturm“.
Oder anders: Umweltschützer ist nicht gleich Umweltschützer. Die Tieraktivisten, der gutmenschige Windparkbetreiber (Thomas Heinze, lange nicht gesehen), die Umweltverbandschefin, der Hedgefonds-Manager, sie haben eine mehr oder weniger grüne Agenda – sind sich aber darin nicht grün.
Es hätte ein großartiger Kommentar auf die realpolitischen Fisseligkeiten der Energiewende werden können. Dass Regisseur Florian Baxmeyer das eigentlich drauf hat, weiß man von den letzten „Tatorten“. Leider suppt die Folge zum Ende hin mit Klischees zu. (Drei Drehbuchautoren! Kein gutes Zeichen.) Statt Widersprüchen bleibt nur: der Öko als weltenferner Ballaballa-Typ.
„Mich beeindruckt das nicht“, muss Postel als Lürsen am Ende moralinsauer sagen und unterdrückt dabei sicher ein Gähnen, „ich sehe nur einen feigen Mörder.“ Der: „Aber es geht um die Vögel! Wale! Unsere Umwelt!“. Also weiter warten auf den ersten guten Umwelt-"Tatort“.
Leser*innenkommentare
Rainer B.
Ach deshalb war die ganze rabenschwarze Presse so begeistert von diesem Tatort. Wozu sich noch ein Urteil bilden, wenn genug Vorurteile bequem abrufbar gemacht wurden?
Franz Vege
das war kein richtiger Tatort. Bei einem politisch korrekten Tatort im Zwangsgebührenfernsehen ist immer der Unternehmer oder der Polizist der Böse.
Philippe Ressing
Nachdenklich stimmt, dass zunehmend Umweltaktivisten als skrupellose Kriminelle dargestellt werden, die für 'ihre Sache' über Leichen gehen. Eine Tendenz, die in US-Krimis schon länger zu beobachten ist. In vielen Ländern versucht man ganz real durch Verschärfung von Gesetzen Umweltaktivisten zu kriminalisieren. Man braucht dazu die Unterstützung der Öffentlichkeit und diesem PR-Konzept dient - gewollt oder ungewollt - dieser Bremer Tatort.
bluffborne
Abgesehen von diesem wirren und langweiligen Krimi (mit anständiger Kamera und Musik): was regen die Umweltfuzzis sich über hunderte tote Möwen auf ? Was ist mit den Millionen Fischen, die täglich als Fischstäbchen oder Sushi auf den Tellern landen ?
lichtgestalt
@bluffborne Die Möwen landen halt nicht auf dem Teller. (Die scheißen drauf.)
vergessene Liebe
...hmm..? Hat dieser "TATORT" etwa wat mit TTIP zu tun..??