Tarifstreit zwischen Bahn und EVG: Der Bahnstreik kommt
Nächtliche Verhandlungen scheiterten, ein "Ultimatum" lief aus. Nun teilt die Gewerkschaft mit, dass sie beim angekündigten 50-Stunden-Streik bleibt.
Die Bahn hielt dagegen, dass sie „bis zur letzten Minute alles versucht“ habe, den angekündigten Warnstreik noch abzuwenden. „Wir sind nochmal auf die EVG zugegangen und haben bekräftigt, dass es am Thema Mindestlohn nicht scheitern wird. Wir wollen eine Lösung“, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler.
EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch hatte in der Nacht zu Freitag von „Scheinangeboten“ gesprochen. Die Gewerkschaft habe der Bahn ein Ultimatum gesetzt, im Laufe des Freitags auf sie zuzukommen „und sich zu besinnen“, wie Loroch der Deutschen Presse-Agentur sagte. Dieses Ultimatum verstrich offenbar ohne eine Einigung.
Die EVG hatte die Beschäftigten am Donnerstag zum dritten Warnstreik in der laufenden Tarifrunde aufgerufen. Der Ausstand soll von Sonntagabend, 22.00 Uhr, bis Dienstagabend, 24.00 Uhr, dauern. Die Bahn entschied, in dieser Zeit den Fernverkehr komplett einzustellen. Auch bei DB Regio wird demnach kaum ein Zug fahren.
Zum Warnstreik sind auch die sogenannten Fahrdienstleiter aufgerufen, die den täglichen Bahnverkehr auf dem gesamten deutschen Schienennetz koordinieren. Deshalb sind Bahn-Unternehmen betroffen, die am Tarifkonflikt gar nicht beteiligt sind. Auch der Güterverkehr dürfte weitgehend zum Erliegen kommen.
Aus Sicht der Deutschen Bahn (DB) gab es nach dem neuen Angebot keinen Grund mehr für den Warnstreik. „In intensiven Gesprächen bis zum späten Donnerstagabend“ habe man der EVG zugesagt, ihrer vor Monaten erhobene Forderung nach einer Abbildung des gesetzlichen Mindestlohns nachzukommen, hatte der Konzern gegen Mitternacht mitgeteilt. Etwa 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreichen den Mindestlohn bislang nur über Zulagen. Insgesamt verhandelt die EVG für 180.000 Beschäftigte bei der DB und weitere 50.000 bei weiteren Bahn-Unternehmen.
„Wir haben die Forderung zum Mindestlohn erfüllt, jetzt steht die EVG im Wort“, hob DB-Personalvorstand Martin Seiler nach den Verhandlungen hervor. „Die EVG muss nun ihre Zusage einhalten und den 50-stündigen Warnstreik absagen.“ EVG-Verhandlungsführer Loroch bewertete das Angebot so: „Der Arbeitgeber hat am Ende nach langwierigen Gesprächen eine Lösungsoption auf den Tisch gelegt, die für uns diskussionswürdig war“, sagte er. „Nachdem wir angefangen haben, diese zu diskutieren, hat er dann einen Rückzieher gemacht.“
Auch Güterverkehr betroffen
Die Güter-Konkurrenten forderten die Deutsche Bahn auf, einen Notbetrieb zu organisieren. „Die nicht im Tarifkonflikt stehenden Unternehmen dürfen weder vorsätzlich noch fahrlässig indirekt geschädigt werden“, heißt es in einem Schreiben des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen an die Bahn-Infrastruktursparte DB Netz.
Grundsätzlich sei angesichts eines zweitägigen Warnstreiks auf der Schiene aber nicht zu erwarten, dass die deutsche Wirtschaft in die Knie gezwungen werde, heißt es vom Güterbahn-Verband. Zwar gebe es Industriezweige, die zeitkritisch kalkulierten, wie die Auto- oder die Mineralölindustrie. Doch auch dort dauere der Warnstreik für ernsthafte Auswirkungen nicht lang genug.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, hält es für unnötig, dass die Bahn den Fernverkehr für 50 Stunden einstellt. „Die EVG ist bei der Netztochter DB Netz nicht so stark organisiert, dass die Deutsche Bahn gezwungen wäre, den Schienenverkehr einzustellen“, sagte Weselsky dem Nachrichtenportal „The Pioneer“ (Freitag).
Die kleinere GDL rivalisiert im Bahn-Konzern mit der EVG um Mitglieder und Einfluss. Weselsky sagte: „Ich bin mir sicher, dass es keinen Abschluss geben wird, bevor wir unsere Forderungen aufgestellt haben.“ Die GDL verhandelt neue Tarifverträge für die bei ihr organisierten Lokomotivführer und das Zugpersonal ab Spätsommer. Am 5. Juni will die GDL ihre Forderungen offiziell verkünden.
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