Tarifstreit bei der Deutschen Bahn: Weitere Warnstreiks drohen
Auch die dritte Verhandlungsrunde zwischen dem Bahnvorstand und der Gewerkschaft EVG ist gescheitert. Die Fronten scheinen verhärtet.
„Wir haben gestern ein deutlich verbessertes Angebot vorgelegt, historisch das höchste Angebot in der Geschichte der Deutschen Bahn“, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler. „Und dennoch hat die EVG das als nicht verhandlungsfähig bezeichnet und ist nicht bereit, auf dieser Grundlage überhaupt in Verhandlungen einzusteigen.“ Er forderte die EVG auf, ihre Verweigerungshaltung aufzugeben und „die Tarifrunde nicht weiter in die Länge zu ziehen“.
EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch drehte den Spieß um: „Dass die Bahn die Verhandlungen nun für beendet erklärt, zeigt uns, dass sie kein echtes Interesse daran hat, eine Einigung mit der EVG zu erzielen“, sagte er und stellte weitere Warnstreiks in Aussicht. „Statt gemeinsam nach Wegen zu suchen, wie wir ins Verhandeln kommen, packt der Verhandlungsführer der DB AG seine Koffer und verlässt den Verhandlungsort“, zeigte sich Loroch enttäuscht. „Das ist für uns völlig unverständlich.“
Das am Dienstag vom Bahnvorstand vorgelegte Angebot sieht für dieses Jahr ausschließlich die Zahlung einer steuer- und abgabefreien Inflationsausgleichsprämie von 2.850 Euro vor. Für untere und mittlere Einkommen soll es dann ab März 2024 eine Lohnsteigerung um 5 Prozent geben, weitere 5 Prozent stünden im August 2024 an. Obere Einkommen sollen jeweils 4 Prozent mehr erhalten. Außerdem soll es einen bahnspezifischen Mindestlohn von 13 Euro geben. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll 27 Monate betragen.
EVG: „Inakzeptabel“ und „nicht verhandlungsfähig“
Personalvorstand Seiler bezeichnete das als „ein Riesenpaket, das sich am Volumen des öffentlichen Dienstes orientiert“. Damit habe sich die Bahn „einen riesigen Schritt auf die Gewerkschaft zubewegt“. Und Seiler fragte spitz: „Was denn noch?“ Tarifverhandlungen seien „doch kein Wünsch-Dir-Was“.
EVG-Mann Loroch bezeichnete das Angebot dagegen als „inakzeptabel“. Er sagte: „Wer erklärt, die Tarifsituation befrieden zu wollen, darf keine Laufzeit von 27 Monaten anbieten, wenn zwölf gefordert sind, nur um mit einer vermeintlich hohen Prozentzahl protzen zu können.“ So sei es nicht hinnehmbar, dass für dieses Jahr keine Lohnerhöhung, sondern nur eine nicht tabellenwirksame Einmalzahlung angeboten werde.
Auch fehle eine „Mindestkomponente“ zur Entlastung der unteren Lohngruppen, monierte Loroch. Das ist tatsächlich ein auffälliger Unterschied zum Abschluss im öffenlichen Dienst am vergangenen Wochenende, an dem sich der Bahnvorstand vermeintlich orientiert. Denn der enthält einen Grundbetrag von 340 Euro, um den ab März 2024 mindestens die Löhne im öffentlichen Dienst steigen werden.
Die EVG-Forderung liegt allerdings deutlich höher. Die Gewerkschaft fordert mindestens 650 Euro mehr im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen – und das noch für dieses Jahr, nicht erst im nächsten. Die Deutsche Bahn sei „gut beraten, noch einmal in sich zu gehen und ernsthaft zu prüfen, wie sie ein Angebot unterbreiten kann, das auf die Forderungen der EVG eingeht“, sagte Loroch. „Weitere Warnstreiks, um unserer Forderung Nachdruck zu verleihen, können wir nicht ausschließen.“
Der Tarifkonflikt könnte sich noch einige Zeit hinziehen. Der nächste Verhandlungstermin ist für Ende Mai angesetzt. Außerdem hat die EVG bereits weitere Termine für Juli und September angefragt. Dass die Gewerkschaft bis zu einer Verständigung durch Ausstände den Druck auf den Bahnvorstand erhöhen wird, gilt als wahrscheinlich. Bereits Ende März und am vergangenen Freitag hatte sie mit bundesweiten Warnstreiks den Fern- und Regionalverkehr temporär lahmgelegt.
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