Tarifstreit im Flugverkehr: Fluglotsen reden weiter von Streik
Nach der vorläufigen Streikabsage läuft der deutsche Luftverkehr normal. Die Gewerkschaft kündigt einen neuen Anlauf an. Die Lufthansa prüft Schadenersatzforderungen.
BERLIN taz | Der befürchtete Streik der deutschen Fluglotsen ist am Donnerstag ausgeblieben. Der Verkehr an den deutschen Flughäfen lief normal. Weil die Gewerkschaft deutscher Fluglotsen (GdF) für die nächste Woche einen neuen Streikanlauf angekündigt hat, wird das Ringen um die Arbeitsniederlegung aber weitergehen.
Auf Antrag der Deutschen Flugsicherung (DFS) hatte das Frankfurter Arbeitsgericht am Mittwochabend den geplanten Streik per einstweilige Verfügung gestoppt. Als Begründung führten die Richter an, dass einzelne Forderungen der GdF in den laufenden Tarifverhandlungen rechtswidrig seien.
Gegen diese Entscheidung legte die GdF Berufung ein. Die DFS zog in der Berufungsverhandlung vor dem Frankfurter Landesarbeitsgericht dann ihren Antrag auf einstweilige Verfügung überraschend zurück. Zuvor hatte die GdF ihren für Donnerstagvormittag geplanten Streik abgesagt.
Die GdF begründete ihren Verzicht mit der Rücksichtnahme auf Passagiere und Airlines sowie der Sicherheit im Flugverkehr. Derweil prüft die Lufthansa mögliche Schadensersatzforderungen gegenüber der Gewerkschaft.
Über einen neuen Streik möchte die GdF noch in dieser Woche entscheiden. "Der Arbeitskampf wird weitergehen", sagte GdF-Bundesvorstandsmitglied Markus Siebers. Eine Arbeitsniederlegung werde es aber nicht vor der kommenden Woche geben.
Siebers bedauert, dass das Gericht nicht alle Punkte juristisch geprüft habe. Die Fluglotsen hätten gern Klarheit über die Rechtmäßigkeit all ihrer Forderungen, sagte er. Gleichzeitig hob er hervor, dass die Gewerkschaft bereits zwei der drei vom Gericht kritisierten Forderungen aufgegeben habe.
Die DFS betont ihre Gesprächsbereitschaft mit der GdF. Ein neues Angebot, wie von der Gewerkschaft gefordert, werde es aber nicht geben, sagte DFS-Sprecher Axel Raab. Notfalls werde man gegen neue rechtswidrige Forderungen erneut juristisch vorgehen.
Der Luftfahrtexperte Andreas Spaeth glaubt nicht daran, dass es letztendlich zu einem Streik kommt, und hält eine baldige Einigung für möglich. "Ich denke, dass das gestern eine Ermahnung für beide Seiten war." GdF und DFS gingen sehr gesittet miteinander um, sagte er der taz. "Das ist kein Klassenkampf."
Leser*innenkommentare
nachdenklich
Gast
Ganz genau so sehe ich das auch. Entweder in staatlicher Hand behalten (mit den Vorzügen eines sicheren Arbeitsplatzes) oder aber "outsourcen" mit all seinen Konsequenzen.
Und noch etwas, was man leider in vielen Kommentarseiten lesen muss. Es wird häufig geschimpft, die Lotsen "bekämen den Hals nicht voll genug", und die Firma könen Gewinne scheffeln wie sie wolle.
Dem kann ich nur entgegen halten, dass Lotsen händeringend gesucht werden. Jeder mag sich bitte an die eigene Nase fassen, warum er/sie nicht Fluglotse geworden ist. Es steht jedem Menschen, der die Bedingungen erfüllt frei, sich zu berwerben.
Ferner ist es aus meiner Sicht extrem schäbig, einen Streik per einstweiliger Verfügung stoppen zu wollen.
Zum einen war der Zeitpunkt seitens der Arbeitgeber sehr kanpp gewählt, was erst zu den massiven Verunsicherungen auf Seiten der Arbeitnehmer (dürfen wir streiken?) und auf Seiten der Kunden (geht mein Flieger morgen?) geführt hat.
Halten wir uns vor Augen: Am Tag des Streikaufrufes hätte die DFS die Schlichtung ausrufen können. Haben sie aber nicht. Sie haben alle sich schon auf den Streik vorbereiten lassen. Statt der Schlichtung wählte man lieber ein Gerichtsverfahren (ist das ein Ausdruck von Vertrauen der eigenen Belegschaft gegenüber?). Die Frage an die Geschäftsführung der DFS wäre: Warum haben Sie so "Angst" vor einer Schlichtung?
Rah Ering
Gast
Ramsauer warnt Fluglotzen vor Streik
Dass die Fluglotzen heutzutage – nach der (Teil)Privatisierung der Deutschen Flugsicherung – ein gesetzliches Streikrecht besitzen steht außer Frage. Zur Zeit gewinnt man aber den Eindruck, dass der Arbeitgeber (unterstützt durch die Politik) alles versucht um Streiks in diesem Bereich unmöglich zu machen.
Vor einigen Jahren wurde in Spanien ein Streik der Fluglotzen unterbunden, indem sich die Regierung auf die gesetzlich verankerte Notwendigkeit einer funktionierenden Flugsicherung für das Spanische Militär berief; in Spanien ist die Flugsicherung ebenfalls privatisiert.
Ich bin der Meinung: Ein Land, dass keine Arbeitskämpfe bzw. Streiks in einem so wichtigen Bereich haben will, darf hier auch nicht privatisieren! Dies sollte Herr Ramsauer bei seiner Kritik an den Fluglotzen bedenken.