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TV-Show Queen of DragsShantay, you stay

Heidi Klum war erfreulich wenig in ihrem neuen Pro7-Format präsent. Sie scheint sich die Kritik aus der LGBT-Community zu Herzen zu nehmen.

Vorne Olivia Jones, im Hintergrund Heidi Klum. Gut so Foto: dpa

Als am Donnerstag die queere Talentshow „Queen of Drags“ auf ProSieben startete, war Heidi Klum erfreulich wenig präsent. Nachdem im Sommer bekannt wurde, dass Klum in einer Show Dragqueens gegeneinander antreten lassen würde, gab es aus der LGBT-Community Kritik an der Personalie. Der Tenor war meist: Schön, dass es nach mehr als zehn Staffeln von „RuPaul’s Drag Race“ in den USA nun endlich auch in Deutschland ein vergleichbares Format gibt, aber warum ausgerechnet mit Heidi Klum?

Das deutsche Model ist mittlerweile mehr als Moderatorin und Jurorin bekannt. Seit 13 Jahren ist sie der Kopf von „Germany’s next Top­model“. Dort fällt sie nicht unbedingt als größte Menschenfreundin auf und schreibt mit ihrer Sendung veraltete Frauenstereotype fort.

Nun kam Klum durchaus in der ersten Folge vor, doch zeitweise wirkte es gar, als sei sie der Sidekick der Jurorin Conchita Wurst und Bill Kaulitz, der in seinen Musikvideos von Tokio Hotel auch schon in Drag zu sehen war.

Zuweilen wirkte Klum, wenn sie dann doch mal gezeigt wurde, sogar unsicher. So fragte sie etwa einige der Teilnehmerinnen, ob es okay sei, wenn auch sie sich etwas doller schminken würde. „Ich will ja nicht, dass ich hinterher Ärger bekomme mit eurer Community.“

Eine kleinere Katastrophe

In der gleichen Szene beklagte sie sich über die kritische Berichterstattung, die es im Vorfeld gegeben hatte. Dem hielt Klum entgegen, sie sei offen und „tolerant für alle Menschen“. Zudem sei es „total gemein“, sie zu kritisieren, „weil ich hetero bin, weiß bin und ’ne Frau bin“.

Dass der Kern der Kritik nicht diese Identitätsmerkmale waren, beweist nicht zuletzt die in der Community vergötterte Michelle Visage – ebenfalls eine weiße Heterofrau und seit Ewigkeiten in der Jury von „RuPaul’s Drag Race“.

Doch Klum scheint sich die Kritik aus den Medien der Szene durch ihr Zurücknehmen tatsächlich ein wenig zu Herzen zu nehmen. Vielleicht ahnt sie: Ganz ohne den Rückhalt der Szene wird diese Show kein dauerhafter Erfolg werden können. Und so wirkt es so, als gäbe Klum ihre Reichweite an die Community weiter. Good job, Cutter!

Wenn Klum es nun noch schafft, mit alten Mustern zu brechen und die Künstlerinnen wertzuschätzen, statt bis zur Zerstörung zu drillen, könnte die Show tatsächlich eine kleinere Katastrophe werden, als erwartet. Weiter so, Heidi. Shantay, you stay.

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15 Kommentare

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  • Sorry, aber da war der Artikel auf ZEIT-Online wirklich besser geschrieben. Nicht nur setzt er sich ausführlicher mit der ersten Sendung auseinander, er bindet die vielfältigen Probleme auch besser an die Community und die Funktionsweise der Medien zurück. Im Vergleich dazu ist dieser Artikel wirklich nur oberflächlich affirmativ.

    Link zum selbst nachlesen: www.zeit.de/kultur...n-show-erste-folge

  • Bin nicht homophob. Die Sexualität anderer Menschen geht mich nichts an und ist mir auch egal. Dennoch stehe ich dieser Dragverherrlichung irgendwie missmutig gegenüber:

    www.pinknews.co.uk...rag-shows-illegal/

    • @Tobias Schmidt:

      Sexualisierung ist homophob, ganz gleich, ob sie den Urlaub mit dem Partner, von dem der Kollege erzählt, oder aber Drag zu etwas "Sexuellem" umfabuliert.

  • Leider geht weder aus diesem Artikel noch aus dem verlinkten Kommentar der Siegessäule wirklich hervor, was denn nun angeblich "die LGBT-Community" an Frau Klum auszusetzen hat.

    Wie wahrscheinlich für die meisten Schwulen hat meine Sexualität für mich nichts mit Verkleiden und Drag zu tun, auch schaue ich kein Fernsehen, mir als Teil der "LGBT-Community" ist Frau Klum insofern sehr egal, aber mich würde jetzt einfach interessieren, worauf sich die Kritik derer bezieht, die meinen hier für alle zu sprechen. Kann mir jemand weiterhelfen?

    • @Ruediger:

      Also, sicher gibt es einige Punkte. Wie zum Beispiel...

      Drags sind immer noch innerhalb der "Community" einer Minderheit und leiden unter Diskriminierung und Anfeindungen. Also eine Minderheit innerhalb der Minderheit, die immer noch mit Ablehnung, Ausgrenzung und Vorurteile noch lange kämpfen wird. Conchita Wurst ist da zum Beispiel jemand, der trotz Drag es einigermaßen nach oben geschafft hat. Wenn Conchita zum Beispiel eine andere Drag lobt oder kritisiert, würde sie aus der eigenen Erfahrung mit ihren Tiefen und Höhen schöpfen, und nicht von außen. Sie hat die Autorität, um auf Augenhöhe zu sprechen. Es ist nichts an Heidi Klum auszusetzen, wenn sie diesen Drags mit dem entsprechenden Respekt behandeln würde, von jemanden der keine Ahnung von Drag hat und eine dementsprechende Nebenrolle in der Sendung hat.

      Andererseits, wie viele ältere erfahrene Drags gibt, die den Job übernehmen könnten statt jemand, der im "heterofernsehen" ohnehin tausend Jobs bekommen kann. Wenn es schon einmal ein passender Job für einen Drag auftaucht, muss es wirklich von einem nicht-Drag weggeschnappt werden?

      Die Drags wollen sich in Ihrer Professionalität zeigen und Spaß dabei haben. Und sie möchten einen qualifizierten Urteil, nicht eine Beschneidung in ihrer Individualität von oben herab von jemanden der einfach eher Zuschauer als Betroffene ist.

      Ich hoffe, das hilft. Es ist sicher nicht alles.

      • @Doktor No:

        Was heißt denn "heterofernsehen"? Ich denke, es wird mehr Schwule geben, die Fußball schauen, als sowas und wahrscheinlich wird die Sendung von mehr Heten als von Schwulen geschaut. Bitte mal die Klischeekiste zumachen.

        Soll sich nicht einfach jeder nach Lust und Laune als Mann oder Frau verkleiden können, egal ob man nun auf Männer oder Frauen steht? Soll nicht jeder sagen können, ob ihm das gefällt oder nicht, egal ob er jetzt selbst dieses Hobby hat oder nicht? Ist doch beim Sport auch so.

        Innerhalb der "Community" wird extrem viel ausgegrenzt, übrigens gerade auch von denen, die der Ansicht sind, man müsse, wenn man schwul ist, dies und das machen, zum Beispiel drag. Aber wenn da jemand nichts für kann, ist das doch Frau Klum. Macht nicht jemand wie sie Drag eher massentauglicher? Oder will man das womöglich gar nicht?

        • @Ruediger:

          Naja, sagen wir mal, die Fussballsendung würde mal von einem Drag, die keine Ahnung von Fussball hat, kommentiert. Es wäre lustig, und würde den Fussball auch weitere Schichten der Bevölkerung einschließen. Aber das passiert nicht und wahrscheinlich würde es keinen Spaß machen.

          Eine Sendung von Queers für Queers ist doch was Schönes und es fehlt gewissermaßen. Deswegen wäre es hier schön gewesen, die Chance aufzugreifen und die Sendung von Queers gestalten lassen. Aber hey, warum nicht, heten die Drags lustig finden, lassen diese antanzen und ihre Kommentare aufstülpen. Es ist ja auch okay. Ich schaue derweil weiter RuPaul, weil es eben sehr authentisch und bunt ist.

          • @Doktor No:

            Ich hab mir das jetzt gestern mal angeschaut. Ich hatte nicht den Eindruck, dass die Kommentare von Frau Klum von weniger Ahnung zeugten, als die von Herrn Klum, Herrn Wurst oder Herrn Jones. Allerdings braucht man auch nicht viel Ahnung - letztlich sind das Geschmacksurteile.

            Die Sendung ist ganz unterhaltsam, sehr seicht natürlich, aber das darf sie auch. Auch wenn das immer wieder behauptet wurde, sie ist in keinster Weise politisch und das ganze Theater hat nichts mit Homosexualität zu tun und repräsentiert nicht irgendwie die LGBT-Szene.

  • Wir leisten uns jede Menge Doof-TV, aber unsere Schulen lassen wir verrotten und Lehrer sind Mangelware.

    • @APO Pluto:

      .. . haschkeks whataboutism.

      was privatfernsehen jetzt mit der finanzierung im öffentlichen dienst zu tun haben soll, erschlieszt sich mir leider nicht. wird prosieben neuerdings staatlich subventioniert? oder schlagen Sie vor, schulen und lehrer:innen ab sofort via crowdfunding oder abo zu fördern?

      • @kindischekaiserin:

        Warum fragen sie mich nicht, sondern stecken mich gleich in eine Schublade (haschkeks whataboutism)? Kommentieren sie gerne Meinung anderer verächtlich? Fühlen sie sich gut so?



        Wenn ich schreibe, dass Wir uns jede Menge Doof-TV leisten, dann meine ich damit die Gesellschaft.



        Das Geld für das werbefinanzierte Free-TV wird dem Bürger über seinen Konsum aus der Tasche gezogen und damit finanziert. Da bin ich der Meinung, das eine Gesellschaft ( Sie, Ich und andere) sich in Zeiten von Klima- und Umweltproblemen en masse ruhig einmal Gedanken darüber machen können, ob das noch zeitgemäß ist. A: Geld investieren in Werbung, welche nur den Konsumrausch am Leben halten soll und B: Geld für Trash auszugeben, statt es in Bildung und Ausbildung unserer Kinder zu stecken. Diesen meinen Ansatz finde ich gut und vorausschauend. Nix whataboutism. Können sie das jetzt nachvollziehen?

        • @APO Pluto:

          Also ehrlich gesagt war mein erster Impuls, als ich Ihren ersten Post las, what about schools and teachers...

          "Wenn ich schreibe, dass Wir uns jede Menge Doof-TV leisten, dann meine ich damit die Gesellschaft."

          Das ist irgendwie obskur. Da Sie ja auch Teil der Gesellschaft sind, können Sie das bitte erklären, wie wir das machen: uns Doof-TV leisten, uns Geld aus der Tasche ziehen lassen für Free-TV, nicht darüber nachdenken, ob das angesichts der anstehenden Umweltprobleme noch zeitgemäß ist?

          • @mats:

            Das Geld für das Free-TV kommt von den Unternehmen, es ist ein Teil des Geldes was der Verbraucher vorher für seinen Konsum ausgegeben hat. Wenn die Unternehmen von dem Geld Panzer kaufen und an Diktatoren verschenken würden, wäre ihnen das auch egal?



            Ich beschreibe mit meinem Spruch nur einen gesellschaftlichen Zustand, den ich für fatal halte. Und diesen Zustand will ich ändern. Dafür betreibe ich eine eigene Internetseite und habe auf Change.org eine Petition eingestellt:



            chng.it/Pcv8z92gBM



            Das kann man auch politisches Engagement nennen von einem Bürger, der die Dinge hinterfragt. Obskur ist daher für mich eine unpassende Beschreibung meines Anliegens.Und erklärt habe ich das auch ganz gut im Kommentar von 15.36 Uhr. Was sie da nicht verstehen bleibt mir ein Rätsel.

            • @APO Pluto:

              Also, Ihr generelles Anliegen, es zu verhindern, dass weiterhin mit Werbung Nachfragen produziert werden nach einlullenden Medien, die von den drohenden Katastrophen ablenken, das unterschreibe ich sofort. Das Ganze, was Sie da fordern, wäre aber mindestens ein europäisches Projekt. Was mit all jenen Menschen geschehen soll, die gegenwärtig in der Werbewirtschaft tätig sind, lass ich auch mal dahingestellt.

              Ich verstehe aber trotzdem nicht, was es ändern sollte, wenn jede Fernsehminute bezahlt würde (in den USA ist das ja bereits mit vielen Sendern so), Fernsehen würde ja Konsumprodukt bleiben, und ich sehe nicht, dass deshalb TV-Blüten wie "Germany's next top hartzer" nicht produziert würden.

              Auch seh ich immer noch nicht den Zusammenhang zur Frage, ob die Klum geeignet ist, Drag-Performance zu begutachten.

              Ich finde auf jeden Fall gut, dass Sie was tun. Das zählt.

              • @mats:

                Das TV-Blüten weiterhin produziert würden, lässt sich wohl nicht vermeiden. Das ist auch nicht meine Intention. Wie heißt es doch so schön: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Ich möchte auch nur, das alles einen Wert bekommt, den wir auch bezahlen müssen und damit Verantwortung übernehmen für das was wir tun. Daraus ergibt sich, das mir die Eignung von Heidi Klum für irgendetwas am A..ch vorbeigeht. Wer sie sehen will, bezahlt dann dafür. Ich werde jedenfalls weder H. Klum noch solchen Formaten meine Zeit widmen.



                Den Werbefuzzis wird es dann so gehen wie den Bergleuten, den Stahlkochern und den Autobauern. Sie müssen sich umorientieren. Da sie sich für sehr kreativ halten, werden sie schon was finden.