TV-Kritik „Hart aber fair“: Genderwahn recycelt
Gegen Plasbergs Talkshow zu Ampelmännchen und Unisextoiletten im März gab es Proteste. Jetzt wurde die gesamte Diskussion wiederholt.
Das war also ein „Fernsehexperiment“: Der umstrittene „Hart aber fair“-Talk zu Ampelmännchen und Unisextoiletten wurde einfach nochmal aufgelegt. Weil es nach der Sendung im März massenhaft Kritik an der Sendung, an der Moderation und teilweise an den Gästen gab und der WDR-Rundfunkrat das Ganze auch noch rügte, spielte man am Montagabend „Zurück auf Los“: gleiche Sendung mit denselben Gästen. Diesmal sollte alles fundierter, politisch korrekter und nicht so feindlich gegenüber dem „Genderwahn“ sein.
Und da saßen dann FDP-Krawalltüte Wolfgang Kubicki, Antifeministin Birgit Kelle, Schauspielerin Sophia Thomalla, Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter und Bloggerin Anne Wizorek wieder nebeneinander – so wie einst im März. Damals stritten sich die Fünf heftig über Mädchen- und Jungsspielzeug, röhrende Hirsche, Unterstriche in der Sprache, Lohnungleichheit, Frauenquote und Komplimente.
Sie warfen sich „Gendergaga“, „Machogehabe“ und Unwissen vor. Wizorek kritisierte, dass keine Gender-Expertin eingeladen war. Das ließ das Team um Moderator Frank Plasberg nicht auf sich sitzen und lud für den Montag flugs Sybille Mattfeldt-Kloth vom Landesfrauenrat Niedersachsen aufs Podium. Das ist jener Verein, der sich beim WDR über die März-Sendung beschwert hatte.
Nun hätte es volle Kanne losgehen können mit der ernsthaften Debatte und den sachlichen Argumenten zu Genderforschung und Gender Mainstreaming. Aber das geht eben nicht so einfach bei einem „Fernsehexperiment“. Denn das muss ja zunächst erklärt werden. Und so beschäftigte sich „Hart aber fair“ eine lähmende Langeweile lang mit sich selbst und dem Vorwurf der Zensur.
WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn, der sich anfangs auch noch aufs Podium quetschte, erklärte, wieso die März-Sendung nach der heftigen Kritik zunächst aus der Mediathek gelöscht und später wieder reingestellt wurde. Mattfeld-Roth musste mehrfach versichern, dass der Landesfrauenrat keinen Druck auf den WDR ausgeübt, sondern lediglich ein Recht genutzt hat, das jeder und jedem zusteht: Unmut zu äußern.
Kein Mehrwert, aber Unterhaltungswert
Mal ehrlich: Eine Person, die sich über Gender Incorrectness aufregt und das auch noch öffentlich anmahnt, die stellen sich viele vermutlich als eine dauerhaft beleidigte Spaßbremse vor, die mit heruntergezogenen Mundwinkeln und Professorenprosa die Trolle dieser Welt zurechtweist. Manche Klischees halten sich hartnäckig, Feministinnenklischees im Besonderen. Nur: Mattfeldt-Roth entsprach dem so gar nicht. Im Gegenteil: In der, nun ja, Schlichtheit einer Sophia Thomalla beispielsweise erkannte die Juristin wenn schon keinen Mehrwert für „Hart aber fair“, dann wenigstens einen Unterhaltungswert.
Für Kubicki blieb das trotzdem alles „Absurdistan“, und Kelle ließ sich neben stilistisch ausgefeilten Aussagen wie „dieser ganze Schwachsinn“ – sie meinte dieses Genderzeugs – zu populistischen Thesen hinreißen wie: „Was wird als nächstes aus der Mediathek genommen, wenn die nächste Lobbygruppe kommt?“ Später wird sie weiter zuspitzen und von „ständig neuen gekränkten Minderheiten“ faseln. Worauf Wizorek dazwischen geht: „Was für eine Gesellschaft sind wir, wenn uns Minderheiten egal sind?“
Und ansonsten? Musste Hofreiter nochmal erzählen, warum es Knieprothesen extra für Frauen geben muss und was das mit Gender zu tun hat. Kelle durfte ihre Erkenntnis wiederholen, dass Frauen und Männer unterschiedlich sind, und Sophia Thomalla mit ihren Haaren spielen. Es gab ein bisschen Selbstkritik (positive Gender-Beispiele sind Frauentaxis und Helme für Frauen auf dem Bau) und zum Schluss eine Straßenumfrage: Wie häufig putzen Männer zu Hause? Einer antwortete auf die Frage, was er im Haushalt nicht mache: „Fragen Sie lieber, was ich mache: viel Dreck.“
Lohnt sich eben, so ein „Fernsehexperiment“.
Leser*innenkommentare
Helmut Janschke
DIE RECHTSKISTE
Die Rechten hocken in Ihrer Kisten und wollen jede Änderung am Status quo verhindern. Wann geht es in eure Köpfe hinein, dass Gerechtigkeit nicht weh tut, außer euch rechten Geldsäcken.
23879 (Profil gelöscht)
Gast
@Helmut Janschke Eindimensionaler Driss und völlig am Thema vorbei.
Helmut Janschke
@23879 (Profil gelöscht) Na und?
robert2112
Es war und ist absurd, dass das einzige Mittel des Zuschauers, die fast völlig unbekannte Programmbeschwerde, zu einer angeblichen "Zensur" erklärt wurde und wird, weil der WDR selbstherrlich die Beschwerden ablehnte, aber die Sendung ungefragt aus der Mediathek nahm. Es war und bleibt absurd, eine Sendung zum "Gleichheitswahn" ohne die angepragerte Genderwissenschaft durchzuführen, sogar zweimal. Gleichheit ist kein Wahn wie Rinderwahn. Die Franzosen nannten "Liberté, Égalité, Fraternité" als Ziele der Revolution. Die unterirdische Plasberg- Krawallsendung hätte einfach einmal ein paar Einspieler ihrer eigenen reinen Männerrunden zeigen können, die Plasberg regelmässig veranstaltet. Der Feminismus gehört zu Deutschland, die Hetze gegen ihn ist übel.
Seifenblase
"Der Feminismus gehört zu Deutschland, die Hetze gegen ihn ist übel."
Wer bei jedem Widerspruch von Hetze redet, drückt sich vor Auseinandersetzung und Weiterentwicklung.
Eine ehemals emanzipatorische Bewegung die Zensur begrüßt, Feindbilder fertigt, sich akademisiert und somit die Basis entpolitisiert und entmündigt, jedliche Kritik als Hetze abtut, Netzwerke zur eigenen Karrierebeförderung betreibt,....
ist tot = reaktionär.
Wenn der elitäre Frauenrat "who cares" diskutiert, ist das als würden Upperclassladys sich den Belangen ihrer eigenen Nannys annehmen.
23879 (Profil gelöscht)
Gast
Apropos üble Hetze:
Wie schreibt Frau Wizorek in ihrem Buch: "Solche Attacken sollen die Betreffenden zum Schweigen bringen. Ziel ist, sie mit so viel Hass zu überschütten, dass sie es am Ende bereuen, sich öffentlich geäußert zu haben."
Nö, mit so viel Hass und Hetze möchte ich nichts zu tun haben. Da wende ich mich lieber den schönen Dingen des Lebens zu.
Seifenblase
ich habe gerade ihr Zitat von Frau Wizorek nachgelesen.
Es wurde entstellt. Frau Wizorek meinte damit Haß-Attacken gegen sie als Person.
Sie beschreibt wie sehr sie an Angiffen leide.
Was wiederum erklärt, warum sie nichts gegen Zensur hat und sich nicht kritisch hinterfragt.
Und hier beißt sich die Katze in den eigenen Schwanz.
23879 (Profil gelöscht)
Gast
Sie haben Recht. Ich hab's jetzt auch erst im Zusammenenhang gelesen.
Gleichwohl ist es aufschlußreich und zeigt, in welchen Kategorien Frau W. denkt und wie sie Kritik einordnet.
DR. ALFRED SCHWEINSTEIN
Ich hab´s verpaßt. Gott sei Dank.
23879 (Profil gelöscht)
Gast
"Massenhafte Kritik"? Tatsächlich? Wenn Kritik von Lobbyverbänden wie dem Deutschen Frauenrat kommt, kann sie möglicherweise "massiv" sein. Aber "massenhaft"? Das ist eine Behauptung, die erst noch zu beweisen wäre.
Baldur Jahn
Zurecht wurde bei Plasberg das Thema “Zensur” durch die Lobby der Frauenbeauftragten an den Anfang und in den Mittelpunkt der Sendung gestellt, denn Zensur war der Auslöser für die Wiederholung. Frau Schmollack von der Taz und die Grundrechtejuristin und Frauenbeauftragte im TV, Frau Mattfeldt-Kloth, waschen darüber ihre Hände in unbefleckter Unschuld. Das riecht nach Lobby-Gruppen-Solidarität.
24636 (Profil gelöscht)
Gast
Also, wenn man an Metaphern zugrundegehen könnte...
Ich beantrage hiermit als unbefleckter Genderwahnbeauftragter die komplette Sendung umzubenennen: Hart aber queer!
DR. ALFRED SCHWEINSTEIN
@24636 (Profil gelöscht) Sie haben den Dackel auf den Kopf getroffen.
Baldur Jahn
@24636 (Profil gelöscht) Nein, ich hab`überhaupt nicht zensiert, an den WDR geschrieben... (oder in den Steigerungen: denunziert, aufgeschrien, “Scharia-Polizei” gespielt), dafür und für Rede, Mimik und Gestik der unschuldigen “Petze” im Fernsehen und dem "Inhalt verfehlt" von der Taz-Kritikerin erschien mir die befleckt-unbefleckte Metapher zulässig. Aber, nix gegen ihre Pointen.
24636 (Profil gelöscht)
Gast
@Baldur Jahn Ich verstehe wirklich nicht, was an der Zensur dieser Sendung auszusetzen ist. Man sollte als Lehre aus dem Debakel den Plasberg durch die Scharia-Polizei ersetzen und künftig nur noch Feministen (und Tiere wären auch toll) einladen.
AlexA
Ganz abgesehen davon, dass dieses "Rückspiel" ein Witz war und "der Sache" einen Bärendienst erwiesen hat, war die wohltuend sachliche Frau Mattfeld-Roth wirklich eine Bereicherung. Aber Frau Wizorek und Frau Thomalla sind kaum zu ertragen. Beide haben keine Ausbildung, polemisieren nur und fallen der "Gegenseite" permanent ins Wort. Aus welchem Grund werden sie ständig eingeladen?
Ben Benaza
@AlexA Frau Mattfeld-Roth war eine Bereicherung? Da merkt man aus welcher Ecke Sie kommen. Die hat doch die ganze Zeit beleidigt, sogar der Kubicki sah neben ihr wie ein zivilisierter Mensch aus.
mowgli
@AlexA Aus welchem Grund Leute wie Frau Wizorek und Frau Thomalla ständig eingeladen werden, obwohl sie nichts vernünftiges zu sagen haben? Vermutlich, weil die Leute, die die Einladungen verteilen dürfen, in „ihrer Schlichtheit“ den selben „Mehrwert“ erkennen, den auch Frau Mattfeldt-Kloth (nicht Roth) erkannt haben will. Es ist der sogenannte "Unterhaltungswert", von dem man sich sogar für eine Sendung wie Hart aber Fair eine gewisse Einschaltquote verspricht. Die Leute lieben Schlammcatchen, glauben die Verantwortlichen. Und was ist mit den negativen Folgen? Welche negativen Folgen? Verantwortung für die negativen Seiten ihres Tuns müssen öffentlich-rechtliche Sender genau so wenig übernehmen wie private, seit sie in einer ernsthaften Konkurrenz zueinander stehen. "Survival of the fittest" werden sie in der ARD vermutlich dazu sagen, wenn sie jemand fragt. Und dass den Mist ein anderer machen wird, wenn sie es nicht mehr selber tun.
KarlM
Schade, dabei lassen sich weltanschauliche Befindlichkeiten dor klar von wissenschaftlich falsifizierbaren Inhalten trennen.
So ist es nur eine Krawallsendung.
24636 (Profil gelöscht)
Gast
Für alle, die es verpasst haben, gibts schon eine Zusammenfassung (der ersten und der zweiten Sendung): https://www.youtube.com/watch?v=i2nfdJBJI6w