Syrienoffensive der Türkei: Kurden leisten Widerstand

Die türkische Armee stößt in Nordsyrien auf Gegenwehr, doch einige arabische Stämme unterstützen die Invasion. 70.000 Menschen sind auf der Flucht.

Eine Familie überquert eine Straße.

Das Nötigste in Plastiktüten: Eine Familie flieht aus der nordsyrischen Stadt Ras al-Ain Foto: ap

BERLIN taz | Mehr als 70.000 Menschen in den kurdisch kontrollierten Gebieten Syriens haben seit Beginn der türkischen Militärinvasion die Flucht ergriffen. Das teilte das UN-Welternährungsprogramm am Freitag mit. Besonders aus den unmittelbar an der türkischen Grenze gelegenen Dörfern und Städten sind die Menschen geflohen.

In Ras al-Ain und al-Darbasiyah befänden sich kaum noch Zivilisten, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag. In der weiter südlich gelegenen Stadt Rakka, die sich außerhalb des umkämpften Gebiets befindet, haben die kurdischen Behörden mehrere Auffanglager eingerichtet.

Die Türkei setzte am Freitag ihre Offensive fort. Ein Sprecher des kurdisch geführten Militärbündnisses berichtete von Artillerieangriffen auf die mehrheitlich von Kurden bewohnte Stadt Kobane. Zuvor hatte die Türkei einige kleine Dörfer eingenommen, war aber auf heftigen Widerstand der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gestoßen.

Unterdessen zeigten sich erste Risse zwischen prokurdischen Kämpfern und einigen der in der Region beheimateten arabischen Stämme. Nach Angaben des Pressezentrums der kurdischen Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien haben sich mehrere arabische Stämme hinter die türkische Armee gestellt.

In dem kurdisch kontrollierten Teil Syriens leben neben syrischen Kurden auch Araber und andere ethnische Gruppen. Die Selbstverwaltung verfolgt eine Rhetorik des friedlichen Zusammenlebens, doch ist die Kurdenpartei PYD tonangebend in allen wichtigen Entscheidungen. Inwieweit es der Führung gelingt, den Rückhalt wichtiger arabischer Stämme für die kurdisch dominierte Selbstverwaltung zu sichern, dürfte eine wichtige Rolle spielen für die Zukunft der Region.

Spannungen unter Nato-Staaten

Nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums tötete die türkische Armee bis Freitag 277 prokurdische Kämpfer. Auch aufseiten der Angreifer kam demnach ein türkischer Soldat ums Leben. Zudem wurden laut Syrischer Beobachtungsstelle 17 Kämpfer der mit der Türkei verbündeten Rebellen getötet.

Die Militäroffensive führt zu Spannungen zwischen den Nato-Staaten. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg traf am Freitag den türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu sowie Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Stoltenberg sagte, er habe seine „ernsten Bedenken hinsichtlich einer Destabilisierung der Region“ geteilt und habe die türkische Regierung gebeten, „zurückhaltend zu agieren“.

Çavuşoğlu forderte dagegen Solidarität und Unterstützung im Kampf gegen die kurdischen Kämpfer in Syrien, die von der türkischen Regierung wegen ihrer Nähe zur türkisch-kurdischen PKK als Terroristen betrachtet wird. „Ihr habt diese Terrororganisation mit Waffen ausgestattet und sie ausgebildet. Das ist nicht mein Problem. Das ist in Wahrheit deine Doppelmoral“, sagte er.

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