Demo gegen Erdoğans Angriff in Berlin: Gemeinsam für Rojava

Am Donnerstag demonstrierten Tausende in Berlin-Kreuzberg gegen den türkischen Angriff auf die kurdischen Gebiete in Nordsyrien.

Demonstrationszug mit krudischen Fahnen

Demonstration gegen türkischen Angriff auf Syrien in Kreuzberg Foto: Christian Mang

BERLIN taz | „Jin, Jiyan, Azadi“ – „Frauen, Leben, Freiheit!“, rufen die Frauen, die in der ersten Reihe die Demo anführen. Hinter ihnen laufen mehrere tausend Menschen, schwenken Fahnen Kurdistans und Flaggen der kurdischen Milizen YPG und YPJ. Große Teile der kurdischen Community sowie der linken Szene sind am Donnerstag durch Kreuzberg und Neukölln gezogen, um gegen den Angriff der Türkei auf die selbstverwalteten kurdischen Gebiete in Nordsyrien zu protestieren.

Schon zu Beginn um 18 Uhr sammeln sich Hunderte Menschen am Startpunkt am Kreuzberger Oranienplatz. Nicht wenige der Teilnehmer*innen sind selbst betroffen von Erdoğans Angriff.

„Erdoğan greift unsere Familien an“, berichtet Rezo Yu­suf. Er kommt selbst aus der Region, der Stadt Hasaka in Nordsyrien, seine Verwandtschaft lebt dort. „Während wir gerade reden, werden meine Brüder und Schwerstern bombardiert.“

Neben den zahlreichen kurdischen Teilnehmer*innen, die Er­doğans Angriff als ein weiteres Kapitel der türkischen Unterdrückung der Kurden sehen, sind auch viele Aktivist*innen aus der linken Szene anwesend. Für das politischen Projekt Rojava, so der kurdische Name der Gebiete, gibt es besonders in der linken Szene starke Sympathien. Erst im vergangenen Juni ging der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg eine Partnerschaft mit der nordsyrischen Stadt Dêrik ein.

Insel der Utopie

„Für mich ist Rojava eine kleine Insel der Utopie“, erklärt Peter Arndt. Dort werde versucht, emanzipatorische Prinzipien wie Basisdemokratie, Feminismus und Ökologie in die Tat umzusetzen, so der Aktivist. Arndt erinnert an die Rolle der Kurden im Kampf gegen die IS. „Die YPG war die gefeierte Armee, die den IS besiegt hat.“

Die Interventionistische Linke Berlin hatte im Rahmen der Kampagne „Rise up for Rojava“ zur Teilnahme an der Demo aufgerufen. Sie fordert die Bundesregierung dazu auf, sofort alle Rüstungsexporte in die Türkei zu stoppen, den Flüchtlingsdeal aufzukündigen und Wirtschaftssanktionen zu verhängen.

Gegen 19 Uhr setzt sich die Demo in Bewegung. Die Stimmung ist kämpferisch, aber friedlich. Auf verbotene Flaggen der in Deutschland als Terrororganisation eingestuften kurdischen Arbeiterpartei PKK wurde verzichtet. Die De­mons­tran­t*in­nen rufen Parolen wie „Erdoğan, Terrorist!“ oder „Lang lebe der Widerstand in Rojava!“

Als die Demonstration den Kottbusser Damm erreicht, gibt es vereinzelt Handgreiflichkeiten mit Erdoğan-Anhängern. Ein Passant zeigt das Zeichen der Grauen Wölfe, der rechts­ex­tre­men türkischen Bewegung. De­mons­trant*innen bedrängen ihn, schließlich greift die Polizei ein.

Extinction Rebellion zeigt sich solidarisch

Freundlichere Szenen gibt es auf der Kottbusser Brücke. Klimaaktivist*innen von Extinction Rebellion hatte diese zuvor blockiert, sie aber für die Demo wieder frei gemacht. Während einer Kundgebung auf der Brücke skandieren beide Gruppen gemeinsam „Alle zusammen gegen den Faschismus“.

Schließlich erreicht die Demo gegen 21 Uhr ihren Endpunkt am Kottbusser Tor. Solange Er­doğan den Angriff fortsetzt, dürften weitere Aktionen folgen. In der Nacht zu Freitag wurde das Fahrzeug eines tür­kischen Diplomaten angezündet.

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