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Synagogen-Neubau in HamburgMut zur Lücke

Die Machbarkeitsstudie zum Synagogen-Neubau in Hamburger Grindelviertel liegt vor. Nun soll ein Wettbewerb klären, wie das Gebäude aussehen wird.

Mahnwache auf dem heutigen Joseph-Carlebach-Platz in Hamburg am 9. November 2018 Foto: Axel Heimken/dpa

Hamburg taz | Solche Termine nimmt Peter Tschentscher derzeit wohl besonders gerne wahr: Als Hamburgs Erster Bürgermeister am Dienstag vor die Presse trat, waren weder die Lasten heizender oder Strom verbrauchender Landeskinder zu mildern, noch wollte ihn irgendwer nach den lästigen Cum-Ex-Steuermilliarden befragen.

Trotzdem ging es um Geld, unter anderem wenigstens: Kosten wird es die Stadt ja schon etwas, wenn gleich neben dem Universitätscampus wieder eine Synagoge errichtet wird. Auf dem Weg dorthin war die nun vorgestellte Machbarkeitsstudie eine wichtige Etappe. Ihre Quintessenz: Die Synagoge soll kommen und das dorthin, wo von 1906 bis 1939 Norddeutschlands größte stand; gestalterisch soll sie sich an der damaligen orientieren – aber keine Rekonstruktion werden.

Gerade um diese gestalterische Frage hatte es durchaus Dissens gegeben: Zu viel Nostalgie sahen manche Kri­ti­ke­r*in­nen als untauglichen Versuch, eine Kontinuität gerade da zu behaupten, wo das Menschheitsverbrechen Schoah sie verunmögliche. Die Jüdische Gemeinde verbat sich wiederholt, in der Sache reingeredet zu bekommen – teils auch noch von Außenstehenden. Umstritten sei da gar nichts innerhalb der Gemeinde, das zu betonen war ihrem Ersten Vorsitzenden, Philipp Stricharz, nun erkennbar wichtig. So zu tun, als wäre nichts gewesen, das wäre das falsche Signal, sagte wiederum der Architekt Wolfgang Lorch, dessen Büro die Studie erstellt hat.

Ganz gleich, wie es am Ende aussehen könnte: Bis dieses erklärte Zeichen lebendigen Judentums wirklich steht, wird es noch dauern: Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing sprach am Dienstag davon, dass ein nun anzuschiebender Architekturwettbewerb im Herbst kommenden Jahres zum Abschluss gebracht werden könnte – ein reichlich optimistisches Szenario.

Breites politisches Bündnis

Zur Rückkehr jüdischen Lebens ins Hamburger Grindelviertel bekannt hatte sich ein ungewöhnlich breites politisches Bündnis schon Anfang 2020: Damals beauftragten alle Bürgerschaftsfraktionen – außer jener der AfD – den Senat damit, die Jüdische Gemeinde „nach Kräften zu unterstützen“. Die wiederum hatte wiederholt den Wunsch geäußert, die alte Wunde am früheren Bornplatz zu schließen.

Wichtige Etappe: Der Gemeindevorsitzende (l.), der Bürgermeister und die Studie am 6. September 2022 Foto: Markus Scholz/dpa

Dass die Unterstützung durch die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft sich nicht in Lippenbekenntnissen erschöpfte, war wiederum auch eine Reaktion auf den antisemitischen Terroranschlag in Halle im Oktober 2019. Inzwischen gibt es seitens des Bundes eine Zusage über 65 Millionen Euro für den Bau; dass die Stadt ebenso viel beisteuern werde, galt immer als ausgemacht. Jetzt sagte Tschentscher, mit der neuen Studie im Rücken könnten die tatsächlich erforderlichen Mittel ja überhaupt erst ermittelt werden: Wie teuer das Projekt am Ende werden könnte, ist also nicht klar.

Gleichwohl konnte der Gemeindevorsitzende jetzt von einem „realistischen, zeitnah umzusetzenden Vorhaben“ sprechen. In der Anmutung also angelehnt an die alte Synagoge, soll die neue nicht wieder deren bis zu 1.400 Gläubigen Platz bieten; die Rede ist von rund 600 Plätzen, was den heutigen Bedarf übersteigt: Stricharz äußerte sachten Optimismus, dass so „ein attraktives Gebäude am attraktiven Ort“ dazu führen könnte, dass mehr jüdische Menschen in der Gemeinde aktiv werden.

Genau genommen sollen sogar zwei Synagogen entstehen: neben der prominenten orthodoxen auch eine für den liberalen beziehungsweise Reformflügel der Hamburger Einheitsgemeinde; zu unterscheiden ist der von der ebenfalls existierenden Liberalen Jüdischen Gemeinde. Die war nun auch nicht zum Pressetermin geladen.

Öffnung und Offenheit

Am heutigen Joseph-Carlebach-Platz, wo bereits eine jüdische Schule und Kita stehen, sollen auch eine Bibliothek und Tagungsräume eine Heimat finden, zudem einige Wohnungen, etwa für den heutigen Rabbiner Shlomo Bistritzky. Ein Café werde sich zur Stadt hin öffnen.

Stricharz versprach eine Offenheit, wie sie für jüdische Gemeinden hierzulande nicht selbstverständlich ist. Anders als derzeit um die erwähnte Schule herum – oder die bestehende, geradezu diskret gelegene Synagoge aus den 1960er-Jahren –, sollen auf dem Bornplatz keine Zäune oder Mauern zu sehen sein, dafür ein modernes Sicherheitskonzept zur Anwendung kommen. Aber auch bis dahin wird es noch dauern.

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