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Super Tuesday in den USAChancenlos gegen Trump

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Trump wurde gewählt, weil Clinton fürs Establishment stand – genau wie Biden. Sanders verspricht „Revolution“ – das Letzte, was viele Wähler wollen.

Bernie Sanders und Joe Biden während einer TV-Debatte im Februar Foto: Matt Rourke/ap/dpa

E in 77-jähriger weißer Mann oder ein 78-jähriger weißer Mann werden im November in den USA versuchen, statt eines dann 74-jährigen weißen Mannes ins Weiße Haus einzuziehen. Das ist das Ergebnis des „Super Tuesday“, an dem in 14 US-Bundesstaaten gleichzeitig die Vorwahlen der Demokrat*innen stattfanden.

Aus dem einst diversesten Kandidat*innenfeld der US-Geschichte von rund zwei Dutzend Anwärter*innen auf die demokratische Nominierung sind de facto nur Bernie Sanders und Joe Biden übriggeblieben. Und das wichtigste Argument, das eine Mehrheit der Wähler*innen den Demoskopen bei den Nachwahlbefragungen diktierte: Wir wollen jemanden haben, der Donald Trump im November schlagen kann. Das war weit wichtiger als die inhaltliche Übereinstimmung mit den Positionen des Kandidaten.

Es fällt nicht schwer, das vernünftig zu finden, einerseits. Wenn dabei dann aber letztlich ein Kandidat Joe Biden herauskommt, bedeutet das auch: Nicht einmal die Demokrat*innen selbst glauben daran, dass der noch nach den letzten Kongresswahlen im November 2018 konstatierte Linksruck gesellschaftlich mehrheitsfähig wäre. Gegen den Hasardeur Trump wollen sie auf „sicher“ spielen.

Damit stellt sich ein Dilemma: Jemand wie Trump konnte nur deswegen gewählt werden, weil das demokratische Establishment, angeführt von Kandidatin Hillary Clinton, für ein angestaubtes „weiter so“ stand. Nichts anderes aber ist Joe Biden: langjähriger Senator, Ex-Vizepräsident, Irakkriegsbefürworter. Besser als Trump ist er ganz sicher, wie eigentlich jeder. Aber Aufbruch, Vision, Enthusiasmus? Fehlanzeige. Der soll Trump schlagen?

2016 hätte Sanders Trump geschlagen

Fast die Hälfte der Wähler*innen, so die Nachwahlumfragen, haben sich erst in den letzten zwei bis drei Tagen entschieden. Das kann bedeuten: Diese Leute suchten nach dem wichtigsten Anti-Sanders-Kandidaten, um ihre Stimme nicht zu verschenken, glaubten nicht an Bloomberg, sahen Biden in South Carolina gewinnen, Pete Buttigieg und Amy Klobuchar zu seinen Gunsten ausscheiden, weitere demokratische Schwergewichte für Biden sprechen und hatten daher ihren Platz gefunden.

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Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch: Obwohl – oder weil? – Biden seit über drei Jahrzehnten ein wichtiger Name der US-Politik ist, bringt ihm nur das unmittelbare Momentum Stimmenzuwächse – und letztlich die Angst vor weiteren vier Jahren Trump.

Womöglich liegt genau da das eigentliche Problem: Noch 2016 hätte Sanders – wenigstens den Umfragen zufolge – Trump deutlich geschlagen. Wer dringend Veränderung wollte, fand den Willen dazu bei Sanders und bei Trump, nicht aber bei Clinton.

Seither hat Trump einerseits ein grandioses Zerstörungswerk angerichtet, was bei einer großen Anzahl demokratischer Anhänger*innen offensichtlich die Sehnsucht nach geordneten Verhältnissen wie vorher weckt. Dafür steht Biden. Keine große Sache, aber nicht so ein peinliches Chaos. Sanders verspricht eine „Revolution“ – das ist das Letzte, was diese Wähler*innen wollen. Konservatismus soll Trump schlagen.

Auf der anderen Seite aber hat Trump seine Basis deutlich ausgebaut: Nicht nur die republikanischen Führungskräfte stehen fest hinter ihm, auch in der Anhänger*innenschaft kommt er auf Popularitätswerte wie nie zuvor. Dass von diesen Wähler*innen jemand zu den Demokrat*innen zurückwechselt, ist unwahrscheinlich. Nicht mehr zu Sanders, aber erst recht nicht zu Biden.

Wenn sich die Demokrat*innen jetzt noch in einem womöglich monatelangen Vorwahlkampf gegenseitig zerfleischen, haben sie eigentlich keine Chance.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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21 Kommentare

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  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    Soweit mir bekannt, sind wirklich repräsentative Umfragen in den USA sehr schwer durchzuführen - wg. der diversen unterschiedlichen Wahlmodi. Also lassen wir die Bürger der USA erst mal wählen.

    Es besteht aber die große Gefahr, daß Trump, auch wenn er verloren haben sollte, seinen Posten nicht räumen wird.

    Und diese Gefahr besteht auch nach einer zweiten Amtszeit - er wird nicht gehen und lieber einen Bürgerkrieg provozieren.

    Ich erinner an seine Worte 2016, als er schon damals als Kandidat geäußert hatte, eine verlore Wahl auf keinen Fall anzuerkennen.

    Da kommt noch was auf die USA zu.

  • Herrn Pickerts Analysen sind in der Regel lesenswert - schade nur, daß auch er sich nicht dem Sog der identitätspolitischen 'Theorie' und ihren 'double standards' entziehen kann.

    Schon die ersten Zeilen sind altendiskriminierend und arbeiten mit einer (Rassen-)Kategorie: der Hautfarbe.

    Die Hautfarbe eines Menschen soll un-bedeutend sein - dafür hatten noch Bürgerrechtler wie M.L.King gekämpft. Die heutige Identitätspolitik steht gerade n i c h t in deren Tradition, denn sie fetischisiert und perpetuiert (vermeintlich homogene Gruppen-) Identitäten. Und sie normalisiert das Reden und Denken in Rassenkategorien. Ein - sicher ungewolltes - Geschenk an die extreme Rechte.

    Politische 'Diversität' hat eher wenig mit dem Alter, der Hautfarbe oder dem Geschlecht zu tun, sondern mit den Ansichten und Haltungen der Personen. Sie können eine junge, schwarze, behinderte Frau sein, und trotzdem reaktionär.

  • "Wenn sich die Demokrat*innen jetzt noch in einem womöglich monatelangen Vorwahlkampf gegenseitig zerfleischen, haben sie eigentlich keine Chance."

    ja ,aber sie haben auch keine verdient

    sanders war die einzige hoffnung für ein weniger schlechtes amerika.das establishment der demokratischen partei hat den fehler gemacht sich noch einmal gegen ihn zu verbünden und wird seine kandidatur damit wahrscheinlich mit erfolg verhindern. .

    die wahrscheinliche folge wird die wiederwahl von Donald Trump sein

    der mag für die usa das grössere übel sein,aber für die welt wäre es Joe Biden

    mit Donald Trump kommt der nächste krieg vielleicht nicht-mit Joe Biden kommt er ziemlich sicher denn er hat ja auch in der vergangenheit bei jeder gelegenheit gezeigt dass er ein militarist ist.

    • @satgurupseudologos:

      interessant:Branko Marcevic vom jacobin magazine argumentiert dass Donald Trump gegen Joe Biden im falle von dessen sieg bei den vorwahlen die wahlen sehr leicht gewinnen könnte in dem er im wahlkampf opportunistisch etwas weniger rechte positionen als dieser vertritt



      wenn Joe Biden in vielen wichtigen fragen sogar rechts von Donald Trump steht oder stand kann er kein akzetabler



      kandidat sein.



      www.democracynow.o...history_of_selling

  • "...der noch nach den letzten Kongresswahlen im November 2018 konstatierte Linksruck..."



    Welcher "Linksruck"?

    Die Wahlen 2018 hat Trump so gut abgeschlossen, wie nur 2 (in Worten: zwei) Präsidenten vor ihm!



    Dieser sogenannte "Linksruck" war eine gigantische Klatsche für die Demokraten.



    Zu Sanders ... der bekommt zZt. weniger stimmen als er 2016 bekommen hat. Wo ist da der "Linksruck"?

    Meine Meinung: In dem Moment, als die Demokraten und insb. die Medien Andrew Yang rausgemobt haben, haben sie auch die Wahl verloren. Er war der einzige Kandidat (inkl. Trump), der von weniger als der Hälfte der Amerikaner abgelehnt wurde (ich rede nicht über nur keine Zustimmung sondern über Abneigung!!)



    Schade, auf weitere 4 Jahre Trump hätte ich verzichten können ... und wahrscheinlich wird in 4 Jahren auch nicht gehen :-(

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Der Ausgang der gestrigen Vorwahlen kann nicht sonderlich überraschen. Der Kommentar von Herrn Pickert ebensowenig.

    Jetzt wird langsam klar, worum es schon von Anfang an ging: Dem-Establishment gegen Außenseiter.

    Sanders Wahlkampfteam sei nahegelegt, sich die Strategie des Trump-Lagers von 2015 anzuschauen.

    Ob Herr Pickert mit seinem Alter Probleme hat? Ich wünsche den Yankees mehr Weitblick.

  • "Creepy Joe" hat am Wochenende in einer Wahlkampfveranstaltung in Iowa wiedereinmal seine Enkeln auf den Mund geküsst und wieder einmal fragt sich halb Amerika, was in dieser Familie vor sich geht.

    • @Dan Rostenkowski:

      Laut Fox News habe Joe Biden seine Enkel mit seiner Ehefrau verwechselt. Kann mal passieren oder?

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Das cleverste für die Beiden wäre, vor den letzten Wahlen einander zuzusichern das der Vize-Präsidenten-Posten im Falle des Sieges in der US-Wahl an den Anderen geht. Das wäre für eine Zusammenführung der beiden Lager bei den Demokraten genau die symbolische Zusammenarbeit, die sie brauchen um Enttäuschungen und Frustration der unterliegenden Fraktion vorzubeugen und in der eigentlichen US-Wahl zusammen zuarbeiten.

    Und in den Medien schafft man dann den Eindruck mit diesem Spitzen-Duo gleichzeitig Stabilität und Fortschritt (bzw. Reorganisation des Establishments) zu vertreten. Halt in Kleineren Schritten als Bernie Sanders alleine, aber wenigstens in die "richtige" Richtung.

    Hach. Schöner Tagtraum :-)

    • @83191 (Profil gelöscht):

      "Das cleverste für die Beiden wäre, vor den letzten Wahlen einander zuzusichern das der Vize-Präsidenten-Posten im Falle des Sieges in der US-Wahl an den Anderen geht."

      Erstens ist Biden alles andere als clever und zweitens geht es bei seiner Kandidatur in erster Linie darum, Sanders und sein Programm zu verhindern; ihn von der Macht fern zu halten.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        genau so ist es wie Sie es sagen. Die Elite-Demokraten wollen weiter ungestört an den Futtertrögen abkassieren.



        Deswegen kommt für das Partei-Establishment der Demokraten, neu Biden oder Trump in Frage. Mini Mike wäre auch noch gegangen.

  • "Noch 2016 hätte Sanders – wenigstens den Umfragen zufolge – Trump deutlich geschlagen."

    Noch 2016 wurde dieser Fakt auch von der taz unterschlagen, so wie hier nun wieder unterschlagen wird, das Sanders auch 2020 Trump in den Umfragen schlägt. Was soll das?

    • @Sandor Krasna:

      Sagen Sie: Ihnen ist schon klar, dass Sie erst aus dem Artikel zitieren und anschliessend sinnfreie Behauptungen aufstellen, die Sie selbst vorher widerlegt haben? Darauf folgen dann weitere sinnfreie Behauptungen, die man mit wenigen Sekunden "Recherche" mit einer Suchmaschine widerlegen kann.



      Was mich zu meine Frage führt: Sie posten sonst meist in den Foren von "Bunte" und "Gala"?

    • @Sandor Krasna:

      die taz ist keine linke zeitung,sondern primär eine zeitung der "grünen" und unter diesen gibt es viele neoliberale die mit dem neoliberalen establishment der "demokratischen "partei sympatisieren.diese leute schwärmten für Barack Obama und jetzt sind sie für Joe Biden-seinen vizepräsidenten- .



      darum wird einseitig berichtet und unterschlagen was nicht ins weltbild passt.



      das macht jede zeitung so.auf diese weise werden meinungen gemacht.

  • Das Zauberwort ist "eigentlich". Es lässt Platz für Hoffnung.

    Anderseits spielen die Kandidaten wahrscheinlich weniger eine Rolle, wie der DowJones Index. Steigt er, ist es Trumps Trumph. Fällt er, wird er versuchen zu bluffen und den Fall den Demokraten anzuhängen (Anfänge gibt es bereits).

    Jedenfalls wird der Altersrekord gebrochen.

  • Hillary hat knapp verloren. Sie mag für das Establishment stehen - wie Biden möglicherweise auch. Aber Hillary war/wirkte auch unnahbar und kalt. Dies soll Biden nicht sein. Noch bin daher ich optimistisch...

    • @Strolch:

      Biden ist linkisch und ungeschickt...

      Und nicht zu vergessen, der Job für Söhnchen. Wie will er da Trumps "Familiensinn" thematisieren?

    • @Strolch:

      Biden verwechselt seine Frau mit seiner Schwester, weiß nicht an welchem Wochentag Supertuesday ist, in welchem Bundesstaat er kandidiert, dass er sich als Präsident bewirbt, nicht als Senator, dass es "all man are created equal" heißt, mit welchem Reporter er gerade spricht und schwafelt irgendwas von Plattenspielern laufen lassen, Corn pop oder Kindern die ihm im Pool über seine Beinhaare gestreichelt haben.



      Er hat ziemlich offensichtlich zumindest erste Anzeichen von Demenz, deswegen hat ihn seine Kampagne auch ziemlich aus der Öffentlichkeit herausgehalten. Er hatte kaum Auftritte und in den Debatten hatte er Schwierigkeiten kohärente Antworten zu formulieren und abgebrochen, da "seine Zeit leider vorbei ist". Er wird in Debatten mit Trump untergehen!

      • @Member0815:

        NIEMAND geht in Debatten mit Trump unter. Der Mannn kann weder argumentieren noch zuhören, noch ist er in der Lage frei zu reden. Trump ist eine Wurst.



        Und wenn wir über Demenz reden. dann sollten wir den Mann nicht vergessen, der vor ein paar Wochen behauptete, die USA hätten keine Truppen in Syrien. Und das war Trump.

      • @Member0815:

        "Er wird in Debatten mit Trump untergehen!"

        Ja. Aber hoffentlich schon, wenn ihn Sanders und Warren in die Zange nehmen...

    • @Strolch:

      ... aber Trump ist diesmal auch kein Stümper der einfach so dilettantisch ohne echten Wahlkampf mitmacht... sondern amtierender Präsident mit einem Team und Millionen in der Kasse. SO unglaublich leicht zu besiegen wie 2016 ist er diesmal nicht ... insbesondere nach der Imagekampagne, die die Demokraten für ihn gemacht haben (Impeachment) :-(



      Zudem wird die Ukraine-Korruption der Bidens Biden im Wahlkampf vernichten :-(