Suche nach Ex-RAFlern geht weiter: Verschwunden aus dem Bauwagen
Die Polizei sucht weiter nach den Ex-RAFlern Garweg und Staub. Die Polizei will Gesichtserkennungssoftware – und bekommt Unterstützung.
Koray Freudenberg von der ermittelnden Staatsanwaltschaft Verden appellierte am Montag an Garweg, sich zu stellen. Dieser habe offenbar keine Unterkunft und Logistik mehr, seine Legende sei aufgeflogen. „Er sollte sich der Polizei stellen. Wir wollen keine Konfrontation“, sagte Freudenberg der taz.
Laut dem Sprecher sind sich die Ermittler sicher, dass Garweg bis vor Kurzem auf dem Wagenplatz in Friedrichshain lebte, unter dem Namen „Martin“. Sein Wohnwagen wurde bereits am Sonntag abtransportiert, um Spuren zu sichern. Von zehn Personen des Wagenplatzes wurde die Identität aufgenommen. Ob sie wussten, wer „Martin“ wirklich war, werde noch geklärt, so Freudenberg.
Bisher ist Garweg jedoch nicht zu fassen, ebenso wenig wie der weitere RAF-Beschuldigte Ernst-Volker Staub. Auch die Durchsuchung einer Wohnung im Friedrichshain am Sonntagabend und einer zweiten Wohnung nahe dem Wagenplatz am Montagmorgen führte zu keinen Festnahmen.
Fotos von Garweg bei Klette gefunden
Vor einer Woche war, nach 30 Jahren Fahndung, die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette in Berlin-Kreuzberg gefasst worden, die mit Staub und Garweg auf der Flucht war. Dem Trio werden drei RAF-Sprengstoffanschläge Anfang der 90er vorgeworfen und sechs Raubüberfälle 1999 bis 2016.
Ein Hinweis aus der Bevölkerung hatte die Ermittler im November 2023 auf Klettes Spur gebracht. In ihrer Wohnung wiederum waren die Ermittler auf Fotos von Garweg gestoßen – die das LKA veröffentlichte und zum Bauwagenplatz führte.
Derweil fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bessere Gesichtserkennungssoftware, um Fahndungen wie die gegen Klette zu erleichtern. Ein Journalist des Recherchenetzwerks Bellingcat hatte Fotos von Klette über die private Software PimEyes bereits Ende 2023 online aufgespürt, auf der Webseite eines Kreuzberger Capoeira-Vereins. GdP-Chef Jochen Kopelke kritisierte zu hohe rechtliche Hürden für die Polizei: Dass diese in Zeiten der Digitalisierung „solche hilfreiche Software nicht nutzen darf, ist uns Polizistinnen und Polizisten nicht mehr vermittelbar“.
Laut einer Sprecherin des Bundesinnenministeriums wird PimEyes jedenfalls vom Bundeskriminalamt nicht genutzt. In begründeten Einzelfällen sei der Polizei eine Nutzung von Software wie PimEyes aber rechtlich durchaus möglich. Es müsse aber ausgeschlossen werden, dass die Bilder für andere Zwecke verwendet werden. Datenschützer hatten an PimEyes wiederholt rechtliche Kritik geübt, in der Vergangenheit auch Polizeigewerkschafter. Pläne, eine eigene entsprechende Software zu entwickeln, gebe es beim BKA nicht, so die Sprecherin des Innenministeriums.
Polizei hat eigene Fotodatenbank
Die Polizei nutzt aber bereits seit Jahren ein eigenes Gesichtserkennungssystem. Dieses greift auf Daten des eigenen Informationssystems der Polizei (Inpol) zurück, in dem 5,8 Millionen Fotos von 3,6 Millionen erfassten Straftaten erfasst sind.
In der Ampel wird der Polizei aber durchaus beigesprungen. Der SPD-Innenexperte Sebastian Fiedler, einst selbst Polizist, sagte der taz, der Polizei müsse es generell möglich sein, mit Gesichtserkennungssoftware im Internet nach Terroristen oder Mördern zu fahnden. Die Polizei dürfe nicht wieder einmal gezwungen sein, über die Nutzung kritikwürdiger Anbieter nachdenken zu müssen. „Daher sollte die Polizei selbst eine Software deutscher Hersteller zur Verfügung gestellt bekommen, die unseren datenschutzrechtlichen Anforderungen genügt“, so Fiedler. „Als Politik sind wir gefordert, sie mit einer klaren Befugnisnorm auszustatten. Terroristen und Mörder dürfen sich auch im Internet nicht sicher fühlen.
Auch der Grünen-Innenexperte Kontantin von Notz sagte, die Polizei müsse auch in sozialen Netzwerken nach Terroristen fahnden können, auch mit Hilfe künstlicher Intelligenz – aber nach klaren rechtsstaatlichen Vorgaben. Beim Einsatz von privater Software wie PimEyes stellten sich jedoch „ernstzunehmende, rechtsstaatliche Fragen“. Statt „blindlings in oftmals noch sehr fehleranfällig Technik zu investieren“, sollte man lieber für „glasklare Rechtsgrundlagen“ sorgen und „gute, händische Polizeiarbeit“ ermöglichen, die oft am erfolgversprechendsten sei und auch im Fall Klette letztlich zur Festnahme führte.
Artikel wurde geändert am 05.03.2024 um 08:50 Uhr d. Red.
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