Subventionen für neue Atomkraftwerke: God save BP
London verpflichtet einen früheren Öl- und Gas-Manager trotz mehrerer Katastrophen. Nun soll er die Atomkraft voranbringen – zum Missfallen der EU.
BERLIN taz | Der britischen Regierung ist ein großer Coup gelungen. Sie hat John Manzoni unter Vertrag genommen, zuvor 30 Jahre lang Manager im Öl- und Gasgeschäft. Unter seiner Ägide als Leiter des Raffineriegeschäfts bei BP explodierte 2005 die drittgrößte Raffinerie der USA in Texas; dabei starben 15 Arbeiter.
Zuletzt war Manzoni Chef der kanadischen Talisman Energy, die in den USA Erdgas mittels der umstrittenen Fracking-Methode gewinnt. Allein die Umweltbehörde im US-Bundesstaat Pennsylvania hat Dutzende Verstöße der Firma gegen Umweltauflagen festgestellt – unter anderem, weil giftige Flüssigkeiten das Grundwasser verschmutzen. 2012 flog Manzoni bei Talisman raus, laut Analysten wegen nachhaltigen Misserfolgs.
Der für die Personalie zuständige britische Minister Francis Maude freut sich trotzdem: „John hat Beeindruckendes geleistet im Bereich globaler, komplexer und herausfordernder Aufgaben“, teilte er mit. „Seine Erfahrung ist von unschätzbarem Wert für die Steuerzahler und die Verwaltung.“
Manzoni wird Chef der 2013 ins Leben gerufenen „Major Projects Authority“, einer Behörde, die Großprojekte der Regierung besser managen soll. Unter anderem soll Manzoni das Atomprogramm der Insel retten, außerdem zeigt er sich für den Ausbau der Bahn im Bereich der Hochgeschwindigkeitszüge verantwortlich.
Britische Regierung kann gut mit BP
Ein Grund für seine Berufung ist die hervorragende Beziehung der britischen Regierung zum früheren Staatskonzern British Petroleum, heute nur noch BP. Der in Deutschland geborene Exchef des Konzerns, Edmund John Philip Browne, ist heute von der Regierung beauftragt, ehemalige Manager als Behördenchefs zu rekrutieren. Gleichzeitig ist Browne Chef von Cuadrilla – die Firma will in Großbritannien Schiefergas in großem Maßstab fracken.
Die britische Regierung setzt sich auch politisch für BP ein. So intervenierte sie im vergangenem Jahr vor US-Gerichten, um nach der Ölkatastrophe der BP-Plattform „Deepwater Horizon“ im April 2010 wieder neue Förderlizenzen für das Unternehmen zu erwirken.
Eine der ersten Aufgaben Manzonis wird es nun sein, die EU-Kommission davon zu überzeugen, Subventionen für neue Atomkraftwerke zu genehmigen. Momentan geht es um einen Reaktorneubau in Hinkley Point. Der französische Staatskonzern EDF will bis Juli eine endgültige Zusage für die Errichtung geben; als Gegenleistung winkt ein staatlich garantierter Festpreis für den erzeugten Strom. Das Prinzip ist ähnlich wie bei der erneuerbaren Energie in Deutschland; allerdings werden hierzulande feste Sätze über 20 Jahre garantiert, während die Briten den Zuschuss über 35 Jahre und mit Inflationsausgleich gewähren wollen. Die Subventionen würden sich auf 17,6 Milliarden Pfund belaufen.
Dagegen will nun die EU-Kommission vorgehen. Bereits im Dezember legte sie einen kritischen Bericht dazu vor, jetzt zitiert der britische Telegraph aus einem Brief von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia an die britische Regierung: Die Kommission erwäge, die Subventionen als unerlaubte staatliche Hilfe anzusehen. „Für die Kommission ist nicht einleuchtend, dass Kerntechnik so unreif ist, dass Staatshilfen legitim wären“, heißt es darin. Die britische Regierung hofft, die Kommission noch überzeugen zu können – jetzt mit Manzonis Hilfe.
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