piwik no script img

Stuttgart kontert Werder ausMario Gomez Superstar

Beim 6:3 gegen Bremen trifft Mario Gomez dreimal und sorgt für eine Zeitenwende. Er möchte "irgendwann" in Spanien spielen: Irgendwann ist demnächst vielleicht schon sehr bald.

Genauso viel Tore wie Luca Toni - und die Gesten ähneln sich auch: Mario Gomez. Bild: reuters

So lange wollten nicht mal die treuesten Fans mit ihren Autogrammbüchlein warten. Das Spiel war schon vor anderthalb Stunden abgepfiffen worden, aber Mario Gomez stand immer noch frisch geduscht und gegelt in den Katakomben und versuchte sich an Erklärungen für ein ziemlich abgedrehtes 6:3 seines VfB Stuttgart über Werder Bremen und über seine augenblickliche Zauberform. Die Fans vor den großen Glastüren des Daimlerstadions drehten dann schließlich Richtung Ausgang ab, aber enttäuscht waren sie nicht. Sechs Tore in einem Spiel - das gab es zuletzt 2001 (6:1 gegen Kaiserslautern) und in dieser für den Meister verkorksten Saison noch nicht mal im Ansatz.

Kurz zuvor hatte VfB-Trainer Armin Veh Gomez zum "derzeit besten deutschen Stürmer" geadelt, der so Hochgelobte selbst meinte lapidar, dass er sich "sicher fühlt vor dem Tor des Gegners." 14-mal traf der in Oberschwaben groß gewordene Deutschspanier in dieser Saison in der Bundesliga, zusammen mit Bayerns Luca Toni steht er ganz oben in der Torschützenliste, und ohne Gomez würde der Meister ganz tief im Schlamassel stecken. "Wir haben einen Außerirdischen mit der Nummer 33", flötete Verteidiger Ludovic Magnin entzückt. Gomez konterte lächelnd. "Ludo sieht doch eher wie ein Alien aus als ich, aber vielleicht bin ich ja sein Bruder."

VfB Stuttgart - Werder Bremen

Ergebnis: 6:3 (2:1)

VfB Stuttgart: Ulreich - Osorio, Tasci, Delpierre, Boka (65. Magnin) - Pardo - Bastürk, Hitzlsperger - da Silva (28. Hilbert) - Gomez, Marica (61. Cacau)

Werder Bremen: Wiese - Owomoyela (58. Fritz), Mertesacker, Naldo, Boenisch - Baumann (58. Hunt) - Jensen, Borowski - Özil - Rosenberg, Hugo Almeida

Schiedsrichter: Fandel (Kyllburg)

Zuschauer: 55.000

Tore: 0:1 Hugo Almeida (9.), 1:1 Gomez (20.), 2:1 Gomez (43.), 2:2 Boenisch (60.), 3:2 Gomez (65.), 4:2 Cacau (66.), 4:3 Rosenberg (77.), 5:3 Mertesacker (84./Eigentor), 6:3 Cacau (87.)

Gelbe Karten: Cacau (5), Bastürk (2) / Hunt (4), Jensen (7)

Rote Karten: - / Mertesacker (89./Notbremse)

Beste Spieler: Delpierre, Gomez / Naldo, Özil

Mario Gomez ist jedenfalls einer der wenigen Stuttgarter, der die Meisterschaft unbeschadet überstanden hat. Der 22-Jährige hat seine Form behalten und sich auch nicht durch eine langwierige Rippenfellentzündung im November und Dezember aus der Spur bringen lassen. Der Nationalspieler trifft zurzeit mit einer frappierenden Sicherheit, 23 Tore in 24 Pflichtspielen in dieser Saison sind eine eindrucksvolle Marke, und gegen Bremen versenkte er gleich dreimal den Ball in Tim Wieses Tor.

Wenn Gomez so weiterspielt, werden sie ihn in Stuttgart festbinden müssen. Angeblich bevölkern bereits die Späher internationaler Topclubs die Tribüne des Daimlerstadions. Der VfB muss sportlich wieder zulegen und international spielen, wenn er sein größtes Talent halten will. Obwohl Gomez vertraglich noch bis 2012 an Stuttgart gebunden ist, hat schon mal Juventus Turin vor einiger Zeit angeklopft. Gomez selbst gibt sich schwäbisch bodenständig, er sei ja noch jung, sagt er. Gomez sagt aber auch, dass er irgendwann mal gerne in Spanien spielen würde. So wie er jetzt drauf ist, könnte irgendwann auch ganz bald sein.

Im Moment muss er aber seinem Verein helfen, wieder in die Spur zu kommen. Der VfB kraucht im Mittelfeld der Liga, spielt allerdings immer dann stark, wenn es gegen die Großen geht, die sich nicht hinten reinstellen. Die Bayern haben ihr einziges Ligaspiel in dieser Saison im Daimlerstadion verloren (1:3), am Samstag wurde Bremen mit Kontern filetiert, "die man nicht viel besser machen kann" (Trainer Veh). War auch so - wer nur neunmal aufs Tor schießt und dabei sechsmal trifft, hat alles richtig gemacht. Zumindest nach vorne, denn die Schwaben hätten dieses Spiel auch verlieren können, denn hinten ging es teilweise abenteuerlich zu. Die Innenverteidigung mit Serdar Tascvi und dem sonst so sicheren Franzosen Matthieu Delpierre war langsam und unkonzentriert, der junge Torwart Sven Ulreich schwankte zwischen tollen Paraden und Anfängerklöpsen. "Bremen hätte auch 6:3 gewinnen können", befand Gomez.

Da aber doch der Meister die drei Punkte gutgeschrieben bekam, kehrt beim VfB wieder etwas Ruhe ein. Nach dem Pokal-Aus gegen Jena war es etwas ungemütlich geworden, aber nach drei Siegen in der Liga nacheinander ist das Volk mit seinem Verein wieder versöhnt. Morgen geht es nach Cottbus. Wird auch das Nachholspiel gewonnen, wäre die Krise des Meisters erst einmal beendet. Mit einem Sieg in der Lausitz wären die Schwaben nämlich am Erzrivalen aus Karlsruhe vorbei. Und das zählt was am Neckar.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!