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Studie zur ExportwirtschaftLadenhüter Solarmodul

Warum wird manche Technik rund um erneuerbare Energien zum Exportschlager und andere nicht? Das könnte wichtig für die zukünftige Finanzpolitik sein.

Die Konkurrenz ist groß im Bereich Solartechnik Foto: Rainer Weisflog

Berlin taz | Ihre Klimaschutzprogramme bewerben EU-Präsidentin Ursula von der Leyen oder die bundesdeutschen Grünen gerne auch mit Wachstums- und Arbeitsplatzargumenten. Ökonomische Erfolge seien aber keine Selbstläufer, warnt nun das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln in einer neuen Studie. „Der Exporterfolg von Gütern zur Herstellung erneuerbarer Energie enttäuscht“, lautet die Überschrift.

Die IW-Ökonomen Jürgen Matthes und Thilo Schaefer vergleichen den deutschen Export mit der Ausfuhr Chinas auf den Weltmarkt. Ergebnis: Während „China seine Exportmarktanteile beständig ausbaut“, steigen die deutschen Verkäufe ins Ausland nur leicht und sind teilweise sogar rückläufig. Daraus leiten die Forscher den Rat ab, staatliches Geld vor allem dort zu investieren, wo deutsche Firmen technologische Vorteile behaupten könnten.

Die Studie trifft auf die aktuelle Debatte über die Klima- und Finanzpolitik der kommenden Jahre. Besonders die Grünen fordern ein umfangreiches, staatliches Modernisierungsprogramm im Umfang von 50 Milliarden Euro jährlich. IW-Chef Michael Hüther und andere Öko­no­m:in­nen unterstützen diesen Ansatz. Zu den Kri­ti­ke­r:in­nen gehört etwa Veronika Grimm, Wirtschaftsprofessorin der Uni Erlangen-Nürnberg und Beraterin der Bundesregierung. Sie empfiehlt, der Staat solche sich nur um den gesetzgeberischen Rahmen kümmern, Technologieentscheidungen und Investitionen seien dagegen Sache der Unternehmen.

Ein gemischtes, kein durchweg negatives Bild zeichnet die IW-Studie. Der deutsche Export von Solarmodulen ist demnach von 2010 bis 2019 von 8,5 Milliarden Dollar auf 2,5 Milliarden eingebrochen. Auch die chinesischen Ausfuhren sanken, jedoch nur leicht von 25 auf 24 Milliarden Dollar. Bei Windanlagen legten die deutschen Verkäufe ins Ausland dagegen von 1,9 auf 2,1 Milliarden zu. Die chinesischen Exporte in diesem Bereich wuchsen stark – von 57 Millionen auf fast 1 Milliarde. Trotzdem liegen die bundesdeutschen Firmen noch weit vor der Konkurrenz aus China.

Bei Wechselrichtern, elektronischen Steuerelementen für die Stromproduktion, nahmen die bundesdeutschen Exporte um etwa 15 Prozent auf 6 Milliarden zu, die chinesischen aber um ein Drittel auf 18,5 Milliarden. Bei Elektrolyseuren für die Gewinnung von Wasserstoff ist die Lage unklar, weil die Entwicklung gerade in ein neues Stadium tritt.

Die aus bundesdeutscher Sicht miese Entwicklung der Solarproduktion war auf die Kürzung der staatlichen Förderung hierzulande, steigende Subventionen in China, vornehmlich jedoch auf die leichte Kopierbarkeit der Modulherstellung zurückzuführen, schreiben Matthes und Schaefer.

Ihr Fazit: Auf dem Weltmarkt können hiesige Firmen nur dann erfolgreich sein, wenn sie in ihren Produkten einen technischen Vorsprung vor der Konkurrenz bewahren. Bei der Fertigung von Windanlagen sei das teilweise noch der Fall – fraglich aber, wie lange. Je größer die Anlagen würden, desto mehr machten sich außerdem die Transportkosten bemerkbar – was für die teilweise Verlagerung der Produktion ins Ausland in die Nähe der Windparks spreche.

Nun zeigen Exporterfolge nur einen Teil des ökonomischen Potenzials. Ebenso wichtig sind der Binnenmarkt und die Zahl der Arbeitsplätze. Da sieht es nicht schlecht aus. Laut dem Umweltbundesamt waren 2019 hierzulande 300.000 Beschäftigte in der Branche der erneuerbaren Energien beschäftigt – 100.000 weniger als 2011, aber die dreifache Zahl des Jahres 2000. Zum Vergleich: 300.000 Stellen entsprechen knapp einem Drittel der Arbeitsplätze der hiesigen Autoindustrie.

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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Über Jahrzehnte habe ich kopfschüttelnd den gedanken- und bedenkenlosen Ausverkauf unserer technischen Innovationen zu Schleuderpreisen mitverfolgt. Heute bekommen wir die Quittung.

  • Jetzt spüren wir auch einmal am eigenen Leib, was es heisst: Einer macht die Arbeit und ein anderer profitiert lachend davon.

    Wärmsten Dank auch an die Herren Minister Gabriel und Altmeier für ihre Bärendienste!

    Vor einiger Zeit sah ich übrigens auf NHK einen Beitrag über Energie erzeugende Windtürme, die sowohl off- als auch On-shore betrieben werden können und zudem als nützlichen Nebeneffekt Vögel schützen. Sollte man sich einmal ansehen.

  • Um technologische Vorteile zu bewahren, braucht es eine ausreichend starke lokale Basis.

    Die wurde mit der Einstellung der Förderrung abgeschossen und sich dann gewundert, dass der technologische Vorsprung nicht zu halten ist.

    Darauf die Forderung nach Einstellung von Förderung abzuleiten ist im besten Fall ein logischer Fehlschluss.

  • "Der deutsche Export von Solarmodulen ist demnach von 2010 bis 2019 von 8,5 Milliarden Dollar auf 2,5 Milliarden eingebrochen", wegen der gleichzeitigen Preissenkung dürfte das aber dennoch einem leichten Zuwachs des mengenmäßigen Absatzes entsprechen.

    Nachdem der Marktanteil Deutschlands am Solarmarkt von 27% (2010) auf 3% (2019, laut Zeitschrift Photon) gefallen war, und ein starker Heimatmarkt für eine exportstarke Industrie hilfreich ist, ist das von der Industrie eigentlich noch ganz ordentlich gewesen. Politisch war der Förderrückgang in der Solarenergieinstallation um mehr als 90% natürlich eine Katastrophe; der Atomausstieg wurde überhaupt nicht durch Ersatzanlagen vorbereitet.

    • @meerwind7:

      Zum letzten Satz Ihres Kommentars:

      Möglicherweise war das auch gar nicht geplant, um später das Tor für den Atomstrom wieder zu öffnen.

      Bereits jetzt werden die Stimmen wieder lauter, die vom CO2-freien Atomstrom schwärmen und die Erblast für künftige Generationen totschweigen wollen.

      Der kurzsichtige, bequeme Weg ist der verlockendste und dennoch langfristig der falsche Weg.

  • "Zum Vergleich: 300.000 Stellen entsprechen knapp einem Drittel der Arbeitsplätze der hiesigen Autoindustrie."

    Wie wäre es denn mal mit einem Vergleich der Einkommen ?

    • @OldFrank:

      und warum werden bei den erneuerbaren auch die Monteure gezählt aber bei der Automobilindustrie die Autohäuser/Werkstätten/Tankstellen nicht ?



      Würde bei beiden bloss die Fertigung zählen würde der Vergleich wohl anders aussehen….