Studie zur Erderwärmung: Mieses Klima für Frauen

Der Klimawandel verschlechtert die Lage der Frauen weltweit. Der Grund: Mangelnde Ressourcen verstärken geschlechtsspezifische Gewalt.

Ein Mädchen läuft durch uberflutetes Gelände und zieht einen Plastikkanister hinter sich her.

Ein Mädchen auf dem Weg zur Trinkwasserausgabe im Südsudan im November 2019 Foto: Andreea Campeanu/reuters

Berlin taz | Eine von drei Frauen weltweit erfährt Gewalt, weil sie eine Frau ist. ExpertInnen nennen das geschlechtsbezogene Gewalt. Diese Gewalt wird zunehmen, das zeigt eine Studie, die die Weltnaturschutzorganisation am Mittwoch veröffentlicht hat. Grund: der Klimawandel.

Geschlechtsbezogene Gewalt bezeichnet neben sexuellem und emotionalem Missbrauch auch Stalking, häusliche Gewalt, Kinderheirat, Menschenhandel und Genitalverstümmlung, also alle Handlungen, die gegen den Willen der Frau sind und auf ungleichen Geschlechternormen und Machtdynamiken beruhen. Zwei Jahre lang hat die IUCN mehr als 1.000 Quellen zusammengetragen und analysiert.

Weltweit bedeutet die Kontrolle über Wälder, Landwirtschaft, Wasser und Fischerei Nahrung, Obdach, Einkommen und gesellschaftliche Identität. Der Klimawandel verringert diese Ressourcen. Hinzu kommt, dass es in vielen Ländern Gesetze gibt, die Frauen daran hindern, Land zu besitzen, zu verwalten oder zu erben. Sie seien also vielerorts abhängig von Landbesitzern, die die Situation ausnutzten, um sie zu sexuellen Handlungen zu zwingen.

Ein Beispiel dafür sei das „Fisch gegen Sex“-Prinzip. In Teilen Ost- und Südafrikas kommt es vor, dass Frauen Meeresprodukte auf dem Fischmarkt nur gegen Geschlechtsverkehr erhalten.Von Extremwettern oder dem Klimawandel verursachte schlechte Ernten zwängen viele Familien, ihre Töchter früh zu verheiraten, schreiben die AutorInnen. Im Tausch erhielten sie meist Vieh, mit dem der Rest der Familie besser ernährt werden könne.

Naturkatastrophen führen zu Gewalt

Bereits 2015 nannte der südostafrikanische Staat Malawi Kinderehen als besonderes Risiko für Mädchen nach Katastrophen wie Überschwemmungen. Durch die Erderwärmung steigt das Hochwasserrisiko weltweit dramatisch. Auch in anderen Regionen führten Naturkatastrophen zu Gewalt gegen Frauen. Grund sind posttraumatische Belastungsstörungen, der Verlust von Lebensräumen und eine angespannte gesellschaftliche Lage.

Die Studie listet einige Beispiele auf. Nachdem der Taifun „Haiyan“ 2013 Thailand traf, stieg der Menschenhandel dort um bis zu 30 Prozent an. Im westafrikanischen Sierra Leone berichteten Betroffene, dass Mitarbeiter humanitärer Einrichtungen Hilfsgüter nur gegen sexuelle Handlungen ausgeben würden.

Auch lokale Verantwortliche würden Frauen nur gegen Geld oder Sex auf Lebensmittellisten setzen. Im pazifischen Inselstaat Vanuata stieg die Anzahl der gemeldeten Fälle von häuslicher Gewalt um 300 Prozent an, nachdem dort zwei tropische Wirbelstürme gewütet hatten.

Die ökologischen und sozialen Folgen der globalen Erhitzung treiben unzählige Frauen in die Flucht. Doch auch unterwegs und in Lagern sind sie nicht sicher, so die WissenschaftlerInnen. In Notunterkünften sei es Aufgabe der Mädchen und Frauen, Feuerholz in nahe gelegenen Wäldern zu sammeln. Dabei würden sie immer wieder bedroht oder gar missbraucht. Einem Bericht aus Tschad zufolge fanden 91 Prozent der dort gemeldeten Vergewaltigungen in unmittelbarer Nähe zu Notunterkünften statt.

Auch wenn Frauen gegen die globale Erhitzung kämpften, können sie geschlechtsbezogener Gewalt ausgesetzt sein, so die Studie. Das Ziel: Aktivistinnen einzuschüchtern und zu hindern, für ihre eigenen Rechte einzustehen und sich für umweltpolitische Belange einzusetzen.

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